Tatort Folge 617: Schneetreiben

Kurz und knapp – darum geht’s

In einer eisigen Winternacht bei München wird eine fast nackte junge Frau von einem Geländewagen einen verschneiten Waldweg entlanggetrieben, wo sie schließlich erfriert. Die Kommissare Batic und Leitmayr haben kaum Hinweise – nur eine Scherbe eines Scheinwerfers gibt erste Anhaltspunkte und führt die Ermittler schließlich zur Welt zweier wohlhabender, ehemaliger Unternehmensberater. Als der verzweifelte Vater des Opfers den Fall selbst in die Hand nimmt, geraten alle Beteiligten in eine gefährliche Konfrontation im nächtlichen Schneetreiben…

Inhalt der Tatort-Folge „Schneetreiben“

Schlaflos wandert der Blick der Kamera durch die eisige Winternacht. Dicke Schneeflocken fallen lautlos zur Erde, während das Scheinwerferlicht eines Geländewagens durch den dunklen Waldweg schneidet. Der Wagen stoppt. Im grellen Lichtkegel kriecht eine fast nackte junge Frau durch den Schnee, ihre Haut bläulich vor Kälte. Ein Schatten nähert sich ihr, stößt sie mit dem Fuß an den Wegrand. Dann wartet er regungslos im warmen Wagen, bis jedes Leben aus ihrem Körper gewichen ist.

Am nächsten Morgen zeigt sich das winterliche München von seiner malerischen Seite. Doch für die Kommissare Ivo Batic und Franz Leitmayr beginnt ein Tag, der ihren Glauben an die Menschheit erneut auf die Probe stellen wird. Zwischen vereisten Zweigen entdeckt ein Förster den Leichnam der jungen Frau. Batic und Leitmayr stehen ratlos vor dem Rätsel – weder gibt es Spuren eines Kampfes noch ein erkennbares Motiv. Nur eine kleine Scherbe eines Scheinwerfers ragt aus dem Schnee wie eine winzige Botschaft des Schicksals.

Während Oberkommissar Carlo Menzinger mit einer falschen Beschuldigung durch eine Punkerin kämpft und von der internen Ermittlung unter Druck gesetzt wird, identifiziert eine Studienkollegin die Tote als Stefanie Thaller. Sie habe in einer Diskothek am nördlichen Stadtrand Münchens gearbeitet. Im Zimmer der Studentin entdecken die Ermittler auf dem Anrufbeantworter die Nachricht eines gewissen Kris, der sie um Verzeihung bittet.

„Sie wollte keine Beziehung mit mir“, erklärt der Diskothekenbetreiber Kris den Kommissaren später. „Deshalb kam es zum Streit.“ Doch seine Aussage wirkt so kalt und leblos wie die Schneelandschaft, in der Stefanie ihr Leben verlor. Die Suche nach dem Täter gleicht einem Tanz auf dünnem Eis – mit jedem Schritt drohen die Ermittler einzubrechen.

Als Leitmayr bei einem Ortstermin am Tatort einen silbernen Porsche Cayenne bemerkt, nimmt der Fall eine entscheidende Wendung. Die gefundene Scherbe könnte zu diesem Fahrzeugtyp passen. Die Spur führt zu dem scheinbar vermögenden Jung-Spekulanten Oliver Hufland, dessen kaltes Lächeln seinen wahren Charakter wie eine Maske verbirgt.

In der aufwändigen Villa Huflands treffen die Kommissare auch auf dessen Freund Jasper Bruckner. Die beiden ehemals erfolgreichen Unternehmensberater leben ein Leben in Luxus, obwohl sie wegen Insidergeschäften entlassen wurden. Als Huflands Freundin ihr Alibi für ihn plötzlich ändert, beginnt die sorgsam konstruierte Fassade zu bröckeln. Was als harmloser Abend begann, verwandelte sich in einen Albtraum, dessen wahres Ausmaß selbst die erfahrenen Ermittler erschüttert.

Währenddessen verfolgt der Vater des Opfers, Ludwig Thaller, mit wachsender Verzweiflung die Ermittlungen. Seine Trauer schlägt in brennende Wut um, als die Verdächtigen trotz erdrückender Indizien auf freiem Fuß bleiben. In einer frostigen Vollmondnacht folgt er ihnen in denselben Wald, in dem seine Tochter starb. Was er nicht weiß: Auch Batic und Leitmayr sind ihnen dicht auf den Fersen…

Hinter den Kulissen

Der Tatort „Schneetreiben“ ist der 42. Fall des Münchner Ermittlerduos Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl), der vom Bayerischen Rundfunk produziert und am 18. Dezember 2005 im Ersten Programm der ARD erstausgestrahlt wurde. Mit 9,06 Millionen Zuschauern erreichte der Film einen Marktanteil von 24,3 Prozent.

Regisseur Tobias Ineichen inszenierte den Film nach einem Drehbuch von Claus Cornelius Fischer, der sich von einem realen Fall inspirieren ließ: In Rom hatten zwei Jurastudenten eine Kommilitonin ermordet, ohne jemals dafür verurteilt zu werden. Diese Geschichte wurde später auch in Hollywood für den Film „Mord nach Plan“ mit Sandra Bullock adaptiert.

Besonders beeindruckend ist die von Kameramann Thomas Hardmeier in Szene gesetzte Eröffnungssequenz, für die Stuntfrau Katja Jerabek bei minus 16 Grad Celsius weitgehend unbekleidet durch den Schnee taumeln musste. Diese intensiv verstörende Szene wurde von Kritikern besonders hervorgehoben.

Für seine eindringliche Filmmusik erhielt Komponist Fabian Römer den Deutschen Fernsehpreis 2006 in der Kategorie „Beste Musik“. Darsteller Michael Brandner wurde für seine Rolle als trauernder Vater für den Bayerischen Fernsehpreis 2006 als bester Schauspieler nominiert, während Kameramann Thomas Hardmeier für den Deutschen Kamerapreis in der Kategorie „Bester Fernsehfilm“ nominiert wurde.

In der Kritik wurde der Film für seine atmosphärische Dichte und die hervorragenden Darstellerleistungen gelobt. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung beschrieb ihn als „nicht einfach nur cool, nicht kühl, sondern frostig – ein Krimi, dessen Kälte schmerzt“, und hob die „beeindruckenden, angsterzeugenden Bilder“ besonders hervor.

Videos zur Produktion

RBB Trailer 2024

ARD Trailer

ARD Plus Trailer

Besetzung

Kriminalhauptkommissar Ivo Batic – Miroslav Nemec
Kriminaloberkommissar Carlo Menzinger – Michael Fitz
Kriminalhauptkommissar Franz Leitmayr – Udo Wachtveitl
Ludwig Thaller – Michael Brandner
Oliver Hufland – Wanja Mues
Jasper Bruckner – Jan Henrik Stahlberg
Stefanie Thaller – Katja Jerabek
Hanna Senft – Nina-Friederike Gnädig
Katja Weiss – Edita Malovcic
Kris Stanislas – Roeland Wiesnekker
Max Kanther – Johannes Herrschmann
Sophie Berger – Nicole Belstler-Boettcher
Angelika Zabert – Jenny-Marie Muck
Arzt – Klaus Haderer
Forstwirt – Aloisius Landgraf
Pathologe – Wolfgang Czeczor
u.a.

Stab

Drehbuch – Claus Cornelius Fischer
Regie – Tobias Ineichen
Musik – Fabian Römer
Kamera – Thomas Hardmeier

Bilder: BR/Bavaria Film/Hauri

12 Kommentare

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  1. vor 10 Jahren

    Der Tatort Nummer 617 mit den beiden Kommissaren Batic und Leitmayr sowie den Kollegen „Abbitte“. Kalt ist es, nicht so wie heute. Hier schlagen mittlerweile die Bäume wieder aus und die Tiger-Mücke macht sich breit. Die Münchener Mordkommission ermittelt in einem eiskalten und brutalen und unverständlichen Mordfall und wenn man nicht müßte, daß es solche fiesen Charaktere auch noch gibt, würde man sagen, der Phantasie der Autoren sind keine Grenzen gesetzt. Den Pathologen spielte in diesem sehenswerten Tatort – Spielfilm der Wolfgang Czeczar.

  2. vor 9 Jahren

    Absolut Top…sehenswert…ganz klar 5 Sterne

  3. vor 9 Jahren

    Kein Rätseltatort, die Täter sind recht früh klar und auch gegenüber der Kamera (nicht gegenüber den Kommissaren) geständig. Stattdessen rückt die Frage, ob sie ihrer gerechten Strafe zugeführt werden können, in den Mittelpunkt. Und das ist weitaus spannender als so mancher um Verwirrspiele bemühte Whodunnit. Man spürt, wie in einem selbst mit jeder Sekunde die Wut auf diese Zyniker wächst. Atmosphärisch dicht, ohne überflüssige Schlenker inszeniert. 5 Sterne.

  4. vor 5 Jahren

    Ja ein klasse TO von Ivo und Leiti…absolut sehenswert…ich freu mich drauf!

  5. vor 5 Jahren

    wie heist das techno Stück was in diesem club gespielt wurde

  6. vor 5 Jahren

    Zu einem normalen Krimi gehört, daß für die Täter zum Schluß eine angemessene Strafe zumindest in Aussicht steht. Bei Edgar Wallace seligen Andenkens war es einmal so, daß der Kriminalbeamte schon früh seine Ziel bekannt gab, nämlich zwei Menschen auf dieser Erde zusammenzubringen: den Verbrecher und den Henker von London. Noch heute finden amerikanische Drehbuchschreiber stets einen Weg, das Bedürfnis nach Vergeltung, das der Film weckt, auch zu befriedigen. Nur in Deutschland hindert man beispielsweise einen Vater daran, den Tod seiner Tochter am Mörder zu rächen. Und doch wäre eine solche Wendung in diesem Film leicht zu bewerkstelligen gewesen. Da fehlt nur noch der ungemein tröstende Hinweis, daß eine gerechte Bestrafung des Mörders das Opfer auch nicht wieder lebendig mache. Gewiß nicht, aber dem normalen menschlichen Bedürfnis nach einem gerechten Ausgleich würde in etwa entsprochen. Aber was ist in diesem Land schon noch normal? Übrigens hat obigen Trost noch vor ein paar Tagen ein Staatsanwalt einem Elternpaar,dessen Tochter ermordet worden war, mit auf den Weg gegeben. Für mich ist das pervers.

  7. vor 5 Jahren

    Als Schlußszene hatte ich die ganze Zeit erwartet und finde, man sollte sie folgendermaßen abändern:
    Thaller bringt als Rache den alleine und wehrlos im Polizeifahrzeug sitzenden Oliver Hufland auch noch um.
    Damit sind beide Bösewichte ausgeschaltet!
    Bravo!
    Und die deutsche Filmlandschaft ist wieder sauber.

  8. vor 4 Jahren

    Ja so a scheene Leich … Und München im Schnee. (Lange ist’s her.)
    Durchaus spannende Geschichte, Ermittler vorbildlich. Dann wird einem ein echt fieser Typ als Täter präsentiert, zugleich verliert sich auch die Handlung in klein-kleinem Getüddel, leider. Das Kreuz-Verhör mit Finnte etwas zu sehr nach Drehbuch F. Dann das Bild im Winterwald mit vertauschten Rollen, echt fein.
    Insgesamt: Guter Tatort!

  9. vor 2 Jahren

    ****
    Spannender Krimi, gute Story.

  10. vor 2 Jahren

    Batic und Leitmayr in einem wunderbaren Winter-Krimi mit vielen bekannten Gesichtern. Ein Tatort für einen kalten Sonntag Nachmittag. Besonders Michael Brandner spielt mal wieder in Höchstform. Ein großer deutscher Darsteller. Ich bin Fan von ihm. 4 Sterne

  11. vor 2 Jahren

    Sehenswert, spannend und kurzweilig. Das ganze eingehüllt in das winterliche Lokalcolorit Münchens mit Möchtegern-Schickeria, Psychopathen voller sadistischer Züge, aber auch Bodenständigkeit, bayerische Mundart und viel Menschlichkeit.

  12. vor 2 Jahren

    Der Tatort aus München mit der Nummer 617 und fast vor zwanzig Jahren abgedreht. Sie sind bis heute immer noch dabei und dieses ist gut so….
    Die Meinung vom 20.11.2015 halte ich.

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