Kurz und knapp – darum geht’s
Der international erfolgreiche Physiker Dr. Raimund Jakobi wird am helllichten Tag beim Rudern auf der Donau erschossen – kurz vor der Präsentation eines revolutionären Werkstoffs, der die Zukunft seiner Firma sichern sollte. Zunächst deutet alles auf Wirtschaftsspionage hin, doch Chefinspektor Moritz Eisner stößt bei seinen Ermittlungen auf immer mehr Menschen, die den brillanten, aber rücksichtslosen Wissenschaftler hassten: seine verschuldete Ex-Frau, seine gedemütigte Geliebte Christine und seinen Geschäftsführer Kubek, dessen Vertrauen Jakobi missbraucht hat. Als Eisner erfährt, dass der Ermordete auch eine Beziehung zu Kubeks minderjähriger Tochter hatte, nimmt der Fall eine unerwartete Wendung…
Inhalt der Tatort-Folge „Tödliches Vertrauen“
Schlaflos starrt Moritz Eisner auf die glitzernde Oberfläche der Donau, während die Morgensonne das Wasser in ein goldenes Lichtermeer verwandelt. Vor ihm liegt die Leiche des erschossenen Physikers Raimund Jakobi, der aus der Ferne mit einem präzisen Schuss getroffen wurde – mitten in der idyllischen Ruhe des Wiener Morgens. Ein perfekter Mord, denkt Eisner und spürt, wie ihm die Müdigkeit in den Knochen sitzt. Seit seine fast erwachsene Tochter Claudia überraschend bei ihm eingezogen ist, sind seine Nächte kurz und seine Geduld noch kürzer.
In der Firmenzentrale von „Ultra Light Car“ empfängt ihn eine Atmosphäre, die so kühl und steril wirkt wie die futuristischen Materialien, an denen hier geforscht wird. Geschäftsführer Hannes Kubek, sichtlich unter Druck und mit Augenringen, die denen Eisners Konkurrenz machen, besteht darauf, dass ausländische Konkurrenten hinter dem Mord stecken. Doch die Ehefrau des Opfers bricht in Wut statt in Tränen aus, als Eisner ihr die Todesnachricht überbringt: „Er hat uns mit nichts als Schulden zurückgelassen“, zischt sie.
Die Spur führt Eisner immer tiefer in das Labyrinth persönlicher Beziehungen. Da ist Dr. Christine Schwarz, Jakobis brillante Kollegin und Geliebte, die er regelmäßig vor der versammelten Belegschaft bloßstellte. „Er war ein Genie“, sagt sie, während ihr Blick ins Leere geht, „aber er wusste es zu gut.“ Ihre Worte hängen im Raum wie Nebelschwaden. Dann ist da noch die attraktive Unternehmensberaterin Carina Relf, deren durchdringende Augen mehr zu sehen scheinen, als sie preisgibt. Die Ermittlungen gleichen dem Versuch, ein Puzzle zusammenzusetzen, dessen wichtigste Teile jemand absichtlich versteckt hat.
Als Kubeks 16-jährige Tochter Bianka auf dem Dach eines Hochhauses steht, bereit zu springen, ändert sich alles. Eisners eigene Tochter Claudia schafft es mit ihrer unverblümten Art, zu ihr durchzudringen. „Du bist schwanger“, stellt sie fest, und Biankas Schweigen ist Antwort genug. Der Vater des Kindes: Raimund Jakobi. Die kalte Frühlingsluft auf dem Dach scheint plötzlich noch schneidender zu werden, als Eisner begreift, in welch zerstörerisches Netz aus Vertrauen und Verrat er geraten ist.
Während im Firmensystem mysteriöse Zugriffe auf geheime Projektdaten entdeckt werden und Dr. Schwarz überfallen wird, verdichten sich die Hinweise: Hat Kubek seine Tochter gerächt? Doch dann rückt eine Figur ins Bild, die bisher im Schatten stand – Heinrich Beier, der loyale Chauffeur der Familie Kubek, der für Bianka wie ein zweiter Vater ist. „Jemand musste dem ein Ende setzen“, sagt er mit einer Ruhe, die Eisners Nackenhaare aufstellen lässt.
Hinter den Kulissen
Die Tatort-Folge „Tödliches Vertrauen“ ist der 14. Fall des Wiener Chefinspektors Moritz Eisner, gespielt vom Publikumsliebling Harald Krassnitzer. Gedreht wurde der Film im Frühjahr 2005 in Wien und Umgebung sowie in Linz von der Wiener Produktionsfirma Cult Movies in Zusammenarbeit mit Degeto Film. Regie führte der Romy-Preisträger Holger Barthel nach einem Drehbuch des oberösterreichischen Autors Thomas Baum.
In den Hauptrollen glänzen neben Krassnitzer der Charakterdarsteller Jan-Gregor Kremp als unter Druck stehender Geschäftsführer Kubek, Julia Stemberger als gedemütigte Physikerin Christine Schwarz und Maria Köstlinger als raffinierte Unternehmensberaterin. In weiteren Rollen sind Hary Prinz als das Mordopfer Dr. Jakobi, Petra Morzé als Kubeks Frau und Philippa Galli als dessen Tochter zu sehen. Sarah Tkotsch spielt Eisners Tochter Claudia, während Rainer Frieb, Olivia Silhavy, Hubsi Kramar und „Soko Kitzbühel“-Inspektor Ferry Öllinger das Ensemble abrunden.
Bei der Erstausstrahlung am 14. Mai 2006 im Ersten sahen beachtliche 6,60 Millionen Zuschauer den Krimi, was einem Marktanteil von 20,0 Prozent entsprach. Trotz dieser guten Quote erreichte der Fall beim Tatortblog nur Platz 594 von 906 möglichen. Kritiker lobten besonders die stimmungsvolle, von Saxophonsoli dominierte Filmmusik von Yullwin Mak, die an Soundtracks der 1980er Jahre erinnert und dem vermeintlich spröden Thema der Wirtschaftskriminalität eine emotionale Tiefe verleiht. Nach der Ausstrahlung diskutierten Zuschauer vor allem über die unerwartete Auflösung des Falls – denn statt der naheliegenden Verdächtigen erwies sich eine Randfigur als Täter, was einige als überraschende Wendung, andere hingegen als zu konstruiert empfanden.
Besetzung
Moritz Eisner – Harald Krassnitzer
Claudia Eisner – Sarah Tkotsch
Agnes Jacobi – Pia Baresch
Raimund Jacobi – Hary Prinz
Dr. Christine Schwarz – Julia Stemberger
Karin Hartl – Patricia Hirschbichler
Carina Relf – Maria Köstlinger
Ingrid Kubek – Petra Morzé
Hannes Kubek – Jan-Gregor Kremp
Bianca Kubek – Pippa Galli
u.a.
Stab
Drehbuch – Thomas Baum
Regie – Holger Barthel
Kamera – Peter von Haller
Der Tatort mit der Nummer 631 aus Wien. Vorneweg, nein, es war nicht der Gärtner, den Inspektor Eisner in diesem quirligen Tatort-Spielfilm über einen Hormon gesteuerten Wissenschaftler und knallharter Wirtschaftsspionage, am Ende dingfest macht. Eine interessante Tatort-Geschichte, wie ich meine, wenn sie nicht völlig zugepackt gewesen wäre, mit unnötigen Klischees und Intimgeschichten. Einer der Höhepunkte: Eisners Tochter fungiert offiziell als Retterin eines suizidgefährdeten Teenagers, welcher vom Freund der Mutter, dem natürlich verheirateten Wissenschaftler, gleich mit ins Bett geholt wurde. Aus Spaß wurde Ernst und Ernst ist jetzt 10 Jahre alt. Etwas mehr Zurückhaltung bei der Sache und es hätte ein spannender und sehenswerter Tatort-Spionagethriller werden können. Hätte!
Soviele bewußte gelegte Irrwege, daß es schon wieder fad war. Und ohne Bibi ist es nicht halb so gut….
Der Tatort hat mir sehr gut gefallen. Eine spannende, misteriöse und doch gut nachvollziehbare Hanldung. Eine gesellschaftspolitisch bedeutsame Nebenhandlung (Wirtschaftsspionage), die auch noch durch sachliche Ermittlung gelöst wurde (Die Aktienbewegungen aller Aktionäre führten zur Lösung), so was gefällt mir, oft ist zu wenig davon in den Filmen. Dann stellt sich heraus, dass das Opfer ein echtes Schwein war, dessen Treiben logischerweise beendet werden musste. Sympathie für den Täter, der das eigentlich Unmoralische und Unethische bestraft. Das gefällt mir. Und das alles in einer Geschwindigkeit erzählt, wo man noch mitkommt und alles nicht so aufgesetzt kaputt und schnell ist, wie in den heutigen Filmen.