Kurz und knapp – darum geht’s
Auf raffinierte Weise raubt ein Gangster-Trio die Tageseinnahmen eines Essener Großmarkts – eine halbe Million Mark. Als ihr Komplize Brehm, der ihnen die Gebäudepläne beschafft hat, plötzlich einen höheren Anteil fordert, wird er vom Anführer Michalke kaltblütig erschossen. Kommissar Haferkamp verfolgt die Spur des Toten in ein Hotel im Bergischen Land, wo gerade das Firmenjubiläum von „Röder’s Mühle“ gefeiert wird. Schnell wird klar, dass der Juniorchef Theo Röder und die attraktive Hotelmanagerin Doris Zils mehr wissen, als sie zugeben wollen. Als Haferkamp die Verbindung zum Großmarkt-Überfall entdeckt, gerät sein geplantes „schönes Wochenende“ mit Ex-Frau Ingrid zur gefährlichen Ermittlungsjagd…
Inhalt der Tatort-Folge „Schönes Wochenende“
Freitagabend in Essen. Die Neonlichter des Großmarkts werfen fahle Schatten, während Michalke und seine Komplizen Nelles und Oebel letzte Vorbereitungen für ihren Coup treffen. Ein Überfall, der akribisch geplant ist – doch dann taucht unerwartet Brehm auf, ein ehemaliger Zellengenosse von Michalke. Die Spannung knistert wie Statik in der Luft, als Brehm plötzlich mehr Geld fordert. Ein dumpfer Schuss zerreißt die Stille – Michalke duldet keine Komplikationen.
Kommissar Heinz Haferkamp wollte eigentlich ein entspanntes Wochenende mit seiner Ex-Frau Ingrid verbringen. Stattdessen steht er nun auf dem staubigen Gelände einer stillgelegten Zeche vor einer Leiche. Haferkamp, stets elegant im Anzug und mit distanzierter Höflichkeit, verbirgt seinen Ärger hinter sarkastischen Bemerkungen. „Ich hab‘ da so ein Gefühl“, murmelt er, während er die Tatortspuren inspiziert. Sein treuer Assistent Kreutzer nimmt es pragmatischer: „Das war’s dann wohl mit unserem freien Wochenende, Chef.“
Die Ermittlungen führen Haferkamp in ein malerisches Hotel im Sauerland, wo Brehm ein Zimmer gebucht hatte. Kurzerhand quartiert sich der Kommissar dort ein und lädt sogar Ingrid nach – vielleicht lässt sich Arbeit und Privatleben ja doch verbinden. Die ländliche Idylle mit ihren nebelverhangenen Wäldern und dem beschaulichen Hotelambiente steht in krassem Kontrast zur Brutalität des Verbrechens. Im Hotel findet gerade die Jubiläumsfeier von „Röder’s Mühle“ statt – ein Familienunternehmen, das mit Cornflakes ein kleines Imperium aufgebaut hat.
Der alte Röder, ein Patriarch vom alten Schlag, prahlt lautstark mit seinem Lebenswerk: „Mit diesen zwei Händen habe ich angefangen, und heute essen sie meine Cornflakes in der halben Welt!“ Sein Sohn Theo hingegen wirkt nervös, fast fiebrig, sobald Haferkamp in seiner Nähe auftaucht. „Was führt die Polizei in unser beschauliches Dorf?“, fragt er mit gespielter Lässigkeit. Auch die Hotelmanagerin Doris Zils, eine attraktive Frau mit kühlem Charme, scheint etwas zu verbergen. Ihre Hände zittern leicht, als Haferkamp sie nach ihren Verbindungen zu einem gewissen Michalke befragt.
Die Feierlichkeiten im Hotel gleichen einem Tanz auf dem Vulkan. Haferkamp bewegt sich wie ein Raubtier zwischen den ahnungslosen Gästen, während sein scharfer Blick jedes Detail erfasst. „Wie viel zahlt Röder’s Mühle eigentlich für Sicherheit?“, fragt er beiläufig einen Angestellten und erntet verständnislose Blicke. Ingrid, die als seine Begleitung gilt, wird von den anderen Gästen misstrauisch beäugt – ist sie etwa auch von der Polizei?
Die Fahndung nach den Verbindungen zwischen dem Mord und dem Großmarktüberfall gleicht der Suche nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen. Doch Haferkamp setzt die Puzzleteile mit ruhiger Hand zusammen: Michalke und Theo Röder kennen sich von der Bundeswehr. Die Beute des Überfalls – eine halbe Million Mark – ist nirgends zu finden. Und warum besucht die elegante Hotelmanagerin einen Ex-Häftling im Gefängnis?
„Das ist kein Zufall mehr“, erklärt Haferkamp seinem Assistenten am Telefon, während der Regen gegen die Fensterscheiben prasselt. „Die Beute muss noch im Großmarkt sein. Und ich wette, sie liegt in einem von Röder’s Cornflakes-Kartons.“
Hinter den Kulissen
Der Essener „Tatort: Schönes Wochenende“ wurde vom 22. Januar bis zum 18. Februar 1980 gedreht. Als Kulisse dienten das Bavaria-Atelier München-Geiselgasteig sowie Außenaufnahmen in Essen und Umgebung. Regisseur war kein Geringerer als Wolfgang Staudte, einer der bedeutendsten deutschen Filmemacher, der mit „Die Mörder sind unter uns“ (1946) den ersten deutschen Nachkriegsfilm gedreht hatte. „Schönes Wochenende“ war eine seiner letzten Arbeiten vor seinem Tod im Jahr 1984 – von insgesamt zwanzig Haferkamp-Fällen inszenierte Staudte fünf.
Die Besetzung bot ein Ensemble aus etablierten Schauspielern und aufstrebenden Talenten: Hansjörg Felmy verkörperte zum letzten Mal den Kommissar Heinz Haferkamp, der auch Jahre nach seinem Ausstieg in Umfragen noch zu den beliebtesten „Tatort“-Ermittlern zählte. An seiner Seite spielte Willy Semmelrogge als sein treuer Assistent Kreutzer, während Karin Eickelbaum als Ex-Frau Ingrid zu sehen war.
Besonders bemerkenswert ist der Auftritt des damals noch weitgehend unbekannten Uwe Ochsenknecht, für den die Rolle eines der Gangster eine seiner ersten größeren Arbeiten war, bevor er später durch Filme wie „Das Boot“ (1981) und „Männer“ (1985) zum Star wurde. Dieter Prochnow überzeugte als grimmiger Bandenchef Michalke, während Peter Millowitsch, Sohn des berühmten Kölner Volksschauspielers Willy Millowitsch, als dubioser Juniorchef Theo Röder zu sehen war.
Statt einer eigens komponierten Filmmusik setzte Staudte auf bekannte Stücke: Die Instrumentalversion von Pink Floyds „Shine On You Crazy Diamond“ untermalt atmosphärische Szenen, während dynamische Kompositionen von Eumir Deodato für Tempo und Spannung sorgen.
Die Erstausstrahlung erfolgte am 16. November 1980 in der ARD. Es war die 118. Folge der „Tatort“-Reihe und markierte nach sechs Jahren das Ende der Ära Haferkamp. Nach einem kurzen Zwischenspiel mit Jörg Hube als Kommissar Enders und einem Solo-Fall für Haferkamps Assistenten Kreutzer wagte der WDR mit Horst Schimanski eine völlig neue „Tatort“-Figur, die das Ruhrgebiet und die gesamte Krimireihe nachhaltig prägen sollte.
Für mich, ganz klar,
einer der allerbesten Filme der Reihe,
ein hochspannender Krimi, mit einem originellen,
sehr stimmigen Drehbuch,
in Hans-Jörg Felmy, Karin Eickelbaum mein Lieblings-
Kriminalisten-Duo, Heinz Haferkamp & seine Ex! am Werk.
Da stimmt jeder Augenaufschlag, jede Geste,
da ist Lokalkolorit drin, „Aktenzeichen-XY“ – Gefühl,
man hat immer seine Symphatieträger im Blick,
wird gut geführt, kann alles nachvollziehen . .
So logisch und klar strukturiert gibt es keinen
„Tatort“ mehr, leider . .
Wenn ich an die Laffen, die Münster-Komiker denke,
zum davonrennen . . die Witzfigur J.J. Liefers „Börne“ . .
Die Atmosphäre tut ein übriges, dieses Kaufhaus-Feeling
der 70’er, ein origineller Drehort, Klasse-Bilder . .,
Birke Bruck, der Dieter Prochnow, auch Peter Millowitsch,
ein feines Zusammenspiel, die Kamera unter
Leitung vom Vilsmaier ist da schon meisterhaft !!
WANN ENDLICH WIRD DAS DING WIEDERHOLT,
einfach alle Haferkamps, Trimmels, Finke’s . . .
TIP: Neustart der Tatort-Reihe!, alle Folgen hintereinander,
vom 1. an, „Taxi nach Leipzig“, Trimmel, 1970
und wir haben 20 bis 25/30 Jahre die besten Krimi’s . .
Natürlich brauchts einen Premium-Sendeplatz,
am besten, Sonntag, 20.15 Uhr, die Kult-Zeit . .
Oder Donnerstag, Freitag . . .
Man braucht ja die Neuproduktion nicht einzustellen.
Die Münchner, Berliner, Bremer waren immer noch gut,
auch Hamburg, Stuttgart . .
Die aus Münster? Von mir aus diese Slapstick-Serie,
diese Karikatur des Genre Kriminalfilm, ersatzlos
streichen . . oder den Privaten anbieten . .
Die haben den Ruf der Serie genug beschädigt und
zum Gaudi gemacht . .
Ein Krimi ist keine Komödie . .,
und ist trotzdem kurzweilig und nicht langweilig,
Spannung ist wichtiger !! Das Salz in der Krimi-Suppe . .
LG Peter, Berlin
Kennt vielleicht jemand den Namen des Titels (oder der Gruppe) der Musik, die beim Überfall und auch bei der Verfolgung von Röder Junior im Hintergrund läuft? (Ich meine nicht die Musik von Pink Floyd am Anfang) Es handelt sich um ein rein instrumentales Stück.
Spannend wie ein Film mit Doris Day.
@Joachim: Die Musik ist von der Gruppe Deodato un das Stück heißt Shazam.
Jetzt ist er zu Ende, der Tatort 118, Hauptkommissar Haferkamps letzter Fall. Damals schade und heute schade. Ich hätte diesen spannenden Kriminalfilm durchaus noch in Überlänge weiter sehen können. Der Schauspieler wegen, der Geschichte wegen, der Unterhaltung wegen und auch der Nostalgie wegen. Wenn man die Gegend und die Straßen von damals kennt und wie es im Zuge der Umgestaltung Ruhrgebiet heute in Essen aussieht. Wie gehabt. Lieber nur zu den Weltkulturerben gehen, zu diesen plattgefegten Zielen gesellschaftlicher Monokultur. Ansonsten kann man glatt noch einen 1980ziger Tatort dort drehen. Ich war aber in dieser Zeit nur Gast im Revier, hatte es mich doch schon vor Jahren an die Küste getrieben, des Reizklimas wegen. Neben Finke aus Kiel war Haferkamp aus Essen der zweite große Quoten-Bringer in der Tatort Serie und das auch zu Recht. Beide waren Kombinierer und keine Krakeler, Vertreter der leisen Töne und mit gesellschaftlichen Benimm. Gestandene Männer, die meist ihre Fälle mit Köpfchen lösten. Aber gerade und/oder deshalb, wird man sie im Fernsehen wahrscheinlich sehr selten sehen und wenn, in der Nachtschicht-Nischenecke. C`èst ca la vie.
Ja, ich finde diesen Film auch ganz toll – WER weiß, WO gedreht worden ist ? Insbesondere die Gaststätte Korff in „Enke“ interessiert mich, der WDR konnte mir bisher keine Antwort zukommen lassen ….
1000 Dank für eine Nachricht .
Die Drehorte dürften ziemlich weit auseinander liegen. „Enke“ gibt es nicht. Die Auffahrt zum „Hotel Korff“ (das damals übrigens wirklich so hieß), sowie das Hotel selbst sind in Stadt Blankenberg, einem mittelalterlichen Städtchen und Stadtteil von Hennef/Sieg.
Das Hotel wurde später das „Galerie Hotel“, inzwischen ist es verkauft und in Eigentumswohnungen umgewandelt.
Gegenüber diesem Gebäude ist übrigens das „Haus Sonnenschein“, welches in dem Durbridge Klassiker „Melissa“ als Tankstelle verwendet wurde.
Neben „Blasslila Briefe“ und „Rechnung Mit Einer Unbekannten“ mein Lieblingstatort, sehe ich immer wieder an. Wie schön, daß er auch viele andere Fans zu haben scheint! Leider leider laufen seit Monaten überhaupt keine Tatorte aus den 70er/80er Jahren mehr im TV. Meine Sammlung stagniert. Ein absoluter Tiefpunkt.
Hallo Matthias, mir geht´s genauso. Ein wirklich sehr schöner Tatort. Er findet auch das richtige Mittelmaß zwischen lustigen und düsteren Szenen. Zu viele lustige Szenen darf ein Tatort nach meinem Geschmack nicht haben, da er sonst zur Krimikomödie verkommt.
Die Sender machen immer wieder Pausen mit den alten Tatorten. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass immer wieder mal einige wiederholt werden. Zum Glück gibt es auch einige Tatort DVD-Boxen. Ich warte allerdings immer noch sehnsüchtig auf DVD-Boxen von den Kommissaren Lutz, Lenz und Wiegand. Geben wir also die Hoffnung nicht auf.
Vielen Dank an alle, die Hinweise zu Orten geben. Das ist immer sehr interessant.
Grüße an alle!
Und der Staudte kann doch Tatort! Wirklich sehr sehenswert, da kommt ‚was rüber. Haferkamp, der Ruhrpott, die ausgehenden 70er. Erste Sahne.
Schade, dass ich einen der scheinbar grade wiederholten Tatorte mit Felmy alias Haferkamp versäumt habe, im Jubiläumsjahr habe ich irgendwann im Sommer nur einen erwischt. Und schade, dass die Sender so unkoordiniert die 70er/80er Tatorte wiederholen. Für mich war dieser Kommissar einer der besten in all seiner knorrigen Korrektheit. Kürzlich bin ich zufällig in einen Schimanski-Tatort geraten – nach einer Minute abgestellt – nicht zum Aushalten …
Joost, nicht ganz, das Stück ist “ Space Dust/Sherlock“ von Eumir Deodato (80, Rio de Janeiro) vom gleichen „Knights of fantasy“-Album (1979) ! ;-)
@Nico Haupt, beide Lieder werden in dem Tatort verwendet.
Am 03. Januar 2023 wurde der Tatort Nummer 118 aus Essen im WDR III wiederholt und der ist immer wieder sehenswert.
Meine Meinung vom 15.04.2015 halte ich.