Kurz und knapp – darum geht’s

Tödliche Schüsse am helllichten Tag in Berlin-Mitte: Zuerst trifft es den Ex-Politiker und Lobbyisten Jürgen Weghorst, nur wenig später die PR-Agentin Elisabeta Alvarez. Beide waren für einen mächtigen Interessenverband der Lebensmittelindustrie tätig. Mussten sie deshalb sterben? Während die Kommissare Robert Karow und Susanne Bonard unter Hochdruck ermitteln, stoßen sie auf eine brisante gemeinsame Vergangenheit der beiden Toten, die mit dem überstürzten Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan im August 2021 zu tun hat. Liegt hier das eigentliche Mordmotiv? Karow und Bonard dürfen keine Zeit verlieren, denn es drohen weitere Opfer … Zu sehen am 16.02.2025 um 20:15 Uhr im Ersten.

Inhalt der Tatort-Folge „Vier Leben“

Morgens 7:10 Uhr in Berlin: Rushhour in der Hauptstadt, wie jeden Morgen ist Jürgen Weghorst mit der S-Bahn auf dem Weg zur Arbeit. Am Bahnhof Friedrichstraße steigt er aus, das Handy klingelt, er hat es eilig, doch dann, mitten im Gespräch, wie aus dem Nichts – ein Schuss. Weghorst ist sofort tot. Ein prominenter Ex-Politiker, der auf offener Straße erschossen wird: Das ist genau das, was Staatsanwältin Sarah Taghavi am allerwenigsten gebrauchen kann – ausgerechnet an dem Tag, da sich King Charles III. zum Besuch angekündigt hat.

Von Anfang an stehen die Ermittlungen der Hauptkommissare Susanne Bonard und Robert Karow im Tatort „Vier Leben“ also unter enormem Druck „von oben“: War es ein politisches Attentat, gar ein terroristischer Akt? Sind weitere Personen in Gefahr? Und: Wie konnte das überhaupt passieren, mitten im Stadtzentrum, am Tag eines wichtigen Staatsbesuchs?

Auch das Ermittlerteam Karow und Bonard stellt sich diese Fragen, doch die beiden sind Profis genug, um routiniert ihre Arbeit zu machen und sich von den Interventionen der Innensenatorin und der Staatsanwältin nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Natürlich ist das Mordopfer auch für sie kein Unbekannter: Jürgen Weghorst war ein großes politisches Talent, hätte eine steile Karriere bei den Sozialdemokraten vor sich gehabt – wenn er nicht vor ein paar Jahren über eine Korruptionsaffäre gestolpert wäre. Seitdem hatte er sich aus der Politik zurückgezogen und war als Lobbyist für den ALV, den Allgemeinen Lebensmittelverband, tätig. Dessen Chefin Ulrike Menzel gibt sich zwar oberflächlich betroffen ob des gewaltsamen Todes ihres geschätzten Mitarbeiters, aber auffällig zugeknöpft, als die Fahnder sie im TV-Krimi „Vier Leben“ nach Details zu seiner Arbeit fragen. Offenbar wollte Weghorst ausgerechnet heute, an seinem Todestag, einer großen Zeitung ein Exklusivinterview geben, er wollte „in die Offensive gehen“. Was hat er damit gemeint?

Während Karow das arrogante Gebaren der Cheflobbyistin mächtig auf den Geist geht, versucht Bonard Ruhe zu bewahren und die Dinge zu ordnen, denn Weghorst hat sich durch seine Lobbyarbeit nicht nur in der Politik Feinde gemacht. Im Internet kursiert ein Video der Aktivistin Soraya Barakzay, die ihn darin wüst beschimpft und mit dem Tod bedroht. Barakzay arbeitet für die NGO „Rescue Plan“ und unterstützt Menschen in Afghanistan, die einst als „Ortskräfte“ für die Deutschen gearbeitet haben und sich nun von den Taliban bedroht sehen, aber bis heute nicht ausreisen können. Die resolute Frau, die einst als Richterin in dem Land am Hindukusch tätig war, macht Weghorst persönlich für die missglückte Flucht und den Tod vieler Ortskräfte verantwortlich. Denn ausgerechnet im August 2021, kurz vor der Machtübernahme der Radikalislamisten, war der Lobbyist noch mit einer kleinen Delegation zu Besuch in Afghanistan.

Was genau ist damals in Kabul passiert? Warum ist Barakzay so wütend auf Weghorst? Und wie hängt das alles mit dessen Ermordung zusammen? Immerhin muss der Täter sein Opfer und dessen Tagesroutine ziemlich genau gekannt haben, anders ist der sehr gezielte Schuss aus großer Entfernung nicht zu erklären. Und Weghorst ist womöglich nicht der einzige Kandidat auf der Todesliste des Mörders: Elisabeta Alvarez, die Organisatorin der Afghanistan-Reise, ist ebenfalls in seinem Visier. Gerade als Karow sie am Rande eines offiziellen Termins treffen und befragen will, fällt erneut ein Schuss – und trifft Alvarez tödlich.

Zwei Tote an einem Tag im rbb-Tatort „Vier Leben“, und die Gefahr ist noch nicht gebannt. Längst ist die Visite des englischen Königs abgesagt, ein ungeheurer Erfolgsdruck lastet auf dem Ermittlerteam. Werden Bonard und Karow den Killer zur Strecke bringen, bevor er sich ein weiteres Opfer suchen kann? Alle Fragen sind offen, vor allem die größte: Warum?

Hinter den Kulissen

Vom 15. November bis zum 14. Dezember 2023 fielen die Drehklappen für den dritten gemeinsamen Fall der Spree-Ermittler Robert Karow (Mark Waschke) und Susanne Bonard (Corinna Harfouch), u. a. am ehemaligen Flughafen Tegel, der als Kulisse für das Polizeipräsidium diente.

Mit der Episode „Vier Leben“, zu sehen am Sonntag, den 16. Februar 2025 um 20:15 Uhr im Ersten, will der rbb seinen Sonntagskrimi aus der Hauptstadt deutlich politischer ausrichten. Für Drehbuchautor Thomas Szabó war „schnell klar, dass das politische Berlin, die große Bühne nationaler und internationaler Verstrickungen, der Ort des Geschehens sein würde. Denn auf dem politischen Parkett geht es um etwas, das man mit Geld nicht kaufen kann: Macht. Das weckt Begehrlichkeiten und bietet damit einen fruchtbaren Nährboden für einen Krimi. Sofort drängen sich Fragen auf: Wie halten wir es eigentlich mit unseren Werten? Was ist mit den Menschen, die von diesen Machtspielen direkt betroffen sind?“ Die erzählte Geschichte ist zwar inspiriert von realen Geschehnissen, aber natürlich komplett fiktional.

Tatort-Kritik

Die Redaktion von Tatort-Fans meint:
Endlich mal ein Hauptstadt-Tatort, der diesem Ehrentitel gerecht wird: ein rasanter Politthriller, der an einem einzigen Tag spielt und dabei die Spannung konstant hochhält, dazu souveräne Ermittler, die auch unter höchstem Druck die Nerven bewahren. Die politische Backstory zum Afghanistan-Abzug ist ein erfrischend unverbrauchtes Krimisujet, allerdings auch sehr komplex: Wem die damaligen Ereignisse nicht (mehr) präsent sind, wird stellenweise Mühe haben, der Handlung zu folgen. Wer wiederum bis zum Ende dranbleibt, dem wird das Finale merkwürdig langatmig vorkommen, nicht wirklich passend zum hohen Tempo der vorherigen Handlung. Dennoch: ein anspruchsvoller und mutiger Krimi, der Lust auf mehr weckt.

Besetzung

Kriminalhauptkommissar Robert Karow – Mark Waschke
Kriminalhauptkommissarin Susanne Bonard – Corinna Harfouch
Kriminalassistent Malik Aslan – Tan Çağlar
Staatsanwältin Sarah Taghavi – Jasmin Tabatabai
Jürgen Weghorst – Philipp Lind
Soraya Barakzay – Pegah Ferydoni
Ulrike Menzel – Tara Marie Linke
Elisabeta Alvarez – Clelia Sarto
Avid Vittek – Rainer Werner
Stephan Unge – Robin Sondermann
Vincent Volkmer – Stefan Düe
u. v. a.

Stab

Drehbuch – Thomas André Szabó (nach einer Idee von Thomas André Szabó, Josephine Scheffler und Dagmar Gabler)
Regie – Mark Monheim
Kamera – Jan-Marcello Kahl
Szenenbild – Thomas Pfau
Kostümbild – Maria Dimler
Schnitt – Patrick Wilfert
Ton – Michael Junge
Musik – Heiko Maile
Casting – Karimah El-Giamal
Produzent – Jens C. Susa
Produktionsleitung – Catharina Bürger (PROVOBIS Film GmbH), Jörgen Radach (rbb)
Herstellungsleitung – Finn Freund (PROVOBIS Film GmbH), Torsten Klein (rbb)
Redaktion – Verena Veihl (rbb)