Kurz und knapp – darum geht’s
In Stuttgart wird die 43-jährige Lisa Kern ermordet aufgefunden – ausgerechnet eine Frau, mit der Hauptkommissar Eugen Lutz vor Jahren eine Affäre hatte. Als ein Zeuge behauptet, Lutz zur Tatzeit am Tatort gesehen zu haben, gerät der Kommissar selbst unter Verdacht. Die Situation spitzt sich dramatisch zu, als auch der Zeuge tot aufgefunden wird – erschossen mit Lutz‘ eigener Dienstwaffe. Als die Schlinge sich zuzieht, taucht der suspendierte Kommissar unter und ermittelt auf eigene Faust. Was er dabei aufdeckt, bringt nicht nur ihn selbst in höchste Gefahr…
Inhalt der Tatort-Folge „Einer sah den Mörder“
Ein grauer Morgen in Stuttgart. Hauptkommissar Lutz erscheint ungewöhnlich spät im Büro, als ihn die Nachricht vom Mord an Lisa Kern erreicht. Seine merkliche Nervosität beim Betreten des Tatorts bleibt seinen Kollegen nicht verborgen. Das staubige Treppenhaus wird zur Bühne einer folgenschweren Begegnung: Der Nachbar Kalmus behauptet, Lutz bereits am Vormittag hier gesehen zu haben – zur Tatzeit.
Die Ermittlungen werden zum Spießrutenlauf für den erfahrenen Kommissar. Wie ein Kartenhaus bricht seine mühsam aufgebaute professionelle Fassade zusammen, als er zugeben muss, das Opfer zu kennen. Die Stuttgarter Herbstsonne wirft lange Schatten durch die Fenster des Präsidiums, während Lutz‘ Kollegen ihren eigenen Chef verhören müssen. Seine Erklärungen klingen wie brüchiges Glas – zerbrechlich und durchsichtig zugleich.
Der Fall gleicht einem Labyrinth aus Verdächtigungen und Verstrickungen, durch das sich Lutz wie ein gehetztes Tier bewegt. Als auch noch der wichtigste Zeuge Kalmus erschossen aufgefunden wird, verwandelt sich das Labyrinth in eine Falle. Die Tatwaffe – Lutz‘ eigene Pistole – wird zum erdrückenden Beweisstück gegen ihn. In den verwinkelten Gassen Stuttgarts sucht der nun vom Dienst suspendierte Kommissar Zuflucht, während seine ehemaligen Kollegen nach ihm fahnden.
Wie ein roter Faden zieht sich durch die Ermittlungen die Frage nach den wahren Beziehungen zwischen den Beteiligten. Während Lutz von seinem Versteck aus ermittelt, kristallisiert sich heraus, dass im Hause Kern nicht alles so harmonisch war, wie es nach außen schien. Eine Sekretärin, die mehr weiß als sie zugibt, ein Ehemann mit wasserdichtem Alibi und eine mysteriöse Tonbandaufnahme werden zu Puzzleteilen in einem perfiden Spiel.
Hinter den Kulissen
Der Tatort „Einer sah den Mörder“ wurde zwischen dem 23. September und dem 25. Oktober 1985 in Stuttgart und Lichtenstein/Honau gedreht. Die Regie führte Theo Mezger, der Werner Schumacher in seiner letzten Rolle als Kommissar Lutz gekonnt in Szene setzte. Nach 16 Fällen verabschiedete sich mit dieser Folge der letzte Tatort-Kommissar der „Gründerzeit“.
Bemerkenswert ist die Besetzung: Der ehemalige Saarbrücker Tatort-Kommissar Dieter Eppler übernimmt die Rolle des Eduard Kern, während der spätere Kommissar Bienzle, Dietz-Werner Steck, als Pathologe zu sehen ist. Diese Verflechtung verschiedener Tatort-Generationen verleiht dem Film eine besondere Note.
Die Erstausstrahlung am 23. Februar 1986 im Ersten wurde zu einem großen Publikumserfolg: Mit einer Einschaltquote von 52% und 20,7 Millionen Zuschauern erwies sich dieser letzte Fall von Kommissar Lutz als würdiger Abschied einer Ära. Die Produktion des Süddeutschen Rundfunks zeigt eindrucksvoll, wie aus einem routinierten Mordfall eine persönliche Geschichte über Verdacht, Vertrauen und Verrat werden kann.
Besetzung
Frank Strecker (Assistent Richard Wagner) · Horst Michael Neutze (Kommissar Georg Thomas Schreitle) · Dieter Eppler (Kern) · Daphne Wagner (Dolly) · Friedrich G. Beckhaus (Hausmeister Kalmus) · Regine Vergeen (Helga) · Hans Beerhenke · Joachim Wichmann · Birke Bruck · Sigrid Rautenberg · Dora Traub · Annetraut Lutz · Renate Oelrich · Michael Holz · Dietz Werner Steck · Ernst Specht · Helmut Dauner · Matthias Jaumann · Hans Heinz Franckh · Albin Braig · Elert Bode · Dirk Hässler · Alexander Gittinger · Tobias Lelle
Stab
Regie – Theo Mezger
Drehbuch – Fritz Eckhardt
Kamera – Justus Pankau
Schnitt – Hans Trollst
Musik – Jonas C. Haefeli
Produktion – SDR
Schade, dass ich erst jetzt in den Tatort reingezappt habe. Ich habe 25 Jahre in dem Haus gewoh, an dem teilweise gedreht wurde.
Nettes, sehenswertes Kommissare-Quartett zur Abschiedsvorstellung von Lutz:
– Schumacher
– Neutze, als Kommissar Schreitle Nachfolger von Lutz
– Eppler, früher Kommissar Liersdahl in Saarbrücken (leider nur zwei Folgen)
– Steck, später Kommissar Bienzle in Stuttgart
Leider hält der Livestream wieder mal nicht, was er verspricht… :(
Würdiger Abgang für Eugen Lutz alias Werner Schumacher nach 15 Jahren und insgesamt 16 Folgen.
Im Vergleich mit dem Tatort ‚Das Muli‘ aus Berlin um 20:15 fallen die deutlich ruhigeren Schnitte und der ausgewogenere Ton (laut/leise, Dialoge/Nebengeräusche) auf. Sie ermöglichen bessere, entspanntere Konzentration auf das eigentliche Geschehen, die Abläufe und Zusammenhänge. Auffallend aber auch die teilweise unnatürlicheren, hölzernen Dialoge (Texte, Sprechweise). Man merkt da noch, dass man einem Schauspiel zusieht, und hat weniger den Eindruck, man sei im wirklichen Leben ‚live dabei‘. Den Genuss für Auge, Ohr und Hirn schmälert das aber nicht. Auch nicht der erfreulich sparsamere Umgang mit Filmblut, brutalen Szenen und freizügiger Darstellung von sich körperlich ‚liebenden‘ Menschen.
@Redaktion:
Schreitle alias Horst-Michael Neutze hat in insgesamt vier Folgen gespielt, nicht drei: Wie man sieht, war sein erster Fall nicht ‚Eine Million Mäuse‘ im Februar 1987, sondern dieser hier.
Ein gut konstruiertert, glaubwürdiger und bis zum Schluss spannender Tatort. Ohne Schiesserei, ohne Verfolgungsjagden, eher gemächliches Tempo. Ein guter alter Krimi. Würdiger Abschluss für Kommissar Lutz.
Ich habe diesen Tatort erst jetzt in Youtube gesehen.
Natürlich war diese Story sehr konstruiert. Die Situationskomik ergibt sich vor allem daraus, dass ein Kommissar selbst Mordverdächtigter ist. Ich vermute, man hat Werner Schumacher rausschreiben wollen/müssen, weil er aufhören wollte. Dabei nahm er seinen maulenden Assistenten Wagner alias Frank Strecker gleich mit. Beide Schauspieler sind bereits verstorben.
Interessant war natürlich der Stuttgarter Dialekt. Am attraktivsten fand ich die dunkle Bürokraft im Kommissariat namens Fr. Stenzel („Jetz´ isch de Härr Luuz belaidigt…“). Ich konnte bisher nicht herausfinden, wie die Schauspielerin heißt. Vielleicht weiß das hier jemand.
Die Tatorte von 1970 bis etwa zum Ende von Haferkamp ca. 1981 waren am besten. Die heutigen tu ich mir nicht mehr an.
Der Tatort Nummer 178 aus Stuttgart. Mit einer der besten Schauspieler dieser Krimi-Serie, neben Hauptkommissar Finke und Hauptkommissar Haferkamp, verabschiedet sich. Kommissar Lutz meldet sich ab. Leider etwas bühnenhaft, ohne richtigen Drall, weniger glaubhaft als Damentröster. Zuviel hin und her und drum herum. Dieses war auch nie so richtig seine Art. Aber trotzdem sehenswert, schon aufgrund der weiteren Mitspieler, alle zu der gehobenen Klasse der Tatort-Kommissare zählend. Und…die Postboten waren damals noch Beamte, mit Lehrgang über korrekte Zustellung von Briefsendungen.
Der beste „Tatort“, den ich je gesehen habe! Im Vergleich dazu sind die „Tatorte“ der letzten Zeit nur stümperhafte Machwerke.
Es werden so viele Tatorte wiederholt: warum dieser nicht auch mal, und wenn ja, könnte man dann die Sendezeiten erfahren?
Lutz was always a rather bad tempered, impatient and even cynical loner. He had to share his office with Wagner, younger, also cynical and even more impatient than his boss. Oddly enough these two had some kind of synergy: it worked. In this episode however the bad moods are even worse. Lutz is on the run for his own colleagues and both Wagner and Lutz quit at the end when they smile at each other and finally start to “duzen”. A pity this was the last one with Lutz.
With “Einer sah den Mörder” Fritz Eckhardt wrote his best Tatort episode. And for Lutz, not for his own character Marek. Eckhardt gave Lutz some kind of social life: Lutz turns out to be a man with an ex-girlfriend, an old friend and an upstairs neighbour who fancies him.
In this episode there is another new thing: Wagner makes his own coffee while the female secretary stays sitting at her desk sorting papers. They used to boss her around, not anymore: it’s 1986.