Kurz und knapp – darum geht’s
Ein mysteriöses Päckchen, eine erpresste DDR-Physikerin und ein Hobby-Astrologe, der einem Kriegsverbrecher auf der Spur ist – der frisch ernannte Münchner Kriminalhauptkommissar Scherrer steht vor einem verworrenen Fall. Als die Pensionswirtin Adelina Löwenstern einem Mordanschlag nur knapp entgeht, beginnt Scherrer in der rätselhaften Welt der „Pension Tosca“ zu ermitteln. Während er noch versucht, die Verbindung zwischen rechtsradikalen Schlägern und einem Spionagefall zu entschlüsseln, führt ausgerechnet die Deutung der Sterne zu einer erschreckenden Erkenntnis. Als die wahre Identität eines Pensionsgastes ans Licht kommt, beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit …
Inhalt der Tatort-Folge „Pension Tosca oder Die Sterne lügen nicht“
Bleiche Neonröhren werfen ihr kaltes Licht auf ein Münchner Amateurfußballspiel, als plötzlich uniformierte Schläger den Platz stürmen. Kriminalhauptkommissar Scherrer, der dem Spiel auf Einladung seines Kollegen Wislitschek beiwohnt, beobachtet fassungslos, wie die Rocker brutal auf die türkische Gastmannschaft einprügeln. Nur das überraschende Eingreifen des Kantinenwarts Haubenwald beendet die Gewalt – eine Autorität, die Scherrer misstrauisch macht.
In der „Pension Tosca“, einem altehrwürdigen Haus in der Münchner Innenstadt, scheint die Welt noch in Ordnung. Zwischen schweren Samtvorhängen und gedämpftem Klavierspiel bewegt sich Gustav Löwenstern, der neben der Pension auch eine Leidenschaft für Astrologie pflegt. Seine Stammgäste bilden ein seltsames Ensemble: Die mysteriöse Sängerin Sissi de Sandro, deren melancholische Lieder abends durch die Gänge wehen, der undurchsichtige rumänische Sardinenhändler Ivanceanu und Dr. Christa Nolte, eine Physikerin aus der DDR, die regelmäßig hier absteigt.
Doch die beschauliche Atmosphäre ist trügerisch. Ein Bombenanschlag erschüttert die Pension, bei dem Adelina Löwenstern nur knapp dem Tod entgeht. War der Anschlag ein Racheakt gegen ihren Mann Gustav, der in den Sternen beunruhigende Zeichen gelesen hat? Oder galt er Dr. Nolte, die sich von düsteren Gestalten verfolgt fühlt? Die Physikerin trägt ein gefährliches Geheimnis mit sich: Von der Staatssicherheit unter Druck gesetzt, soll sie ein mysteriöses Päckchen an einen sowjetischen Kontaktmann übergeben.
Scherrers Ermittlungen führen ihn in ein Labyrinth aus alter und neuer Schuld. Wie Sternbilder am Nachthimmel ergeben die einzelnen Hinweise erst allmählich ein Muster. Während der Staatsschutz Dr. Nolte observiert, stößt Löwenstern bei der Erstellung eines Horoskops auf eine erschreckende Entdeckung: Einer seiner Gäste scheint eine ganz andere Identität zu haben als angenommen.
Hinter den Kulissen
Mit einer Länge von 114 Minuten ist „Pension Tosca oder Die Sterne lügen nicht“ eine der längsten Tatort-Folgen ihrer Zeit. Die Dreharbeiten fanden in zwei Phasen statt: von September bis Oktober 1986 und von März bis April 1987. Das winterliche München mit seinen verwinkelten Gassen und historischen Häuserfassaden bildet die atmosphärische Kulisse für diesen außergewöhnlichen Fall.
Hans Brenner verkörpert den nachdenklichen, gegen Ausländerfeindlichkeit engagierten Kriminalhauptkommissar Karl Scherrer. Es sollte Brenners einziger Auftritt als Tatort-Ermittler bleiben – nach dem Weggang von Siegfried Riedmüller (Günther Maria Halmer) ins Rauschgiftdezernat wurde er zur zweiten „Eintagsfliege“ in der Geschichte des Bayerischen Rundfunks.
Die Erstausstrahlung am 12. Juli 1987 erreichte mit 13,45 Millionen Zuschauern und einem Marktanteil von 38 Prozent ein beeindruckendes Publikum. Die ungewöhnliche Mischung aus Polit-Thriller und metaphysischen Elementen macht diese Folge zu einem einzigartigen Zeitdokument. Bemerkenswert ist auch, dass der Film bereits 1987 das Thema Rechtsextremismus aufgriff – lange bevor es in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit rückte.
Die Besonderheit dieser Folge liegt nicht nur in ihrer komplexen Verschränkung von DDR-Spionage, Nazi-Vergangenheit und astrologischen Motiven, sondern auch darin, dass es keinen klassischen Mordfall aufzuklären gibt. Stattdessen entwickelt sich eine vielschichtige Geschichte über Schuld, Sühne und die langen Schatten der deutschen Geschichte, die in der nächtlichen Pension Tosca zusammenlaufen wie die Linien eines kosmischen Sternenbilds.
Besetzung
Kommissar Scherrer – Hans Brenner
Kriminalhauptmeister Wislitschek – Gustl Weishappel
Kriminalmeister Augenthaler – Michael Lerchenberg
Kriminalrat Schubert – Rolf Castell
Haubenwald – Walter Buschhoff
Obenwald Emilie – Barbara Kutzer
Obenwald Adolf – Philipp Seiser
Christa Nolte – Dagmar Mettler
Löwenstern – Joachim Wichmann
Adelina – Grete Heger
Stab
Regie – Michael Kehlmann
Buch – Michael Kehlmann
Kamera – Hermann Reichmann
Produktion – BR
Laaaaaaaaaaaaangweilig: Null Sterne
Eine echte Rarität. Ein wunderbarer Hans Brenner – ein großer Volksschauspieler, der auch als Kommissar völlig überzeugen konnte. Der Spannungsbogen konnte gehalten werden, auch ohne die rasanten Filmschnitttechniken!
Die Folge Pension Tosca ist eine der besten und spannendsten Tatort-Folgen überhaupt !!!
Prickelnde Spannung bis zum Schluß !! Großartig !!
Fünf Sterne !!!
Großartig!
Eine Korrektur zur Stellungnahme vom 19.10.14. Ist sind selbstverständlich 5 Sterne zu vergeben!!!
Der Tatort mit der Nummer 195 aus München. Ein Hauptkommissar Scherrer ermittelt in diesem klassischen und schön zu sehenden Tatort-Märchen, in welchem verschiedene Handlungsstränge der Phantasie des Buchautors in interessant zu schauender filmischer Darstellung in Szene gesetzt worden sind. Scherer ermittelt nicht nur im Bereich eines ehemaligen Mitarbeiter des Reichssicherheitshauptamtes, welcher mit Hilfe von Neo-Nazis seine Vergangenheit weg bomben möchte, nein, auch ein aktiver Agent des Ministeriums für Staatssicherheit treibt in einer kleinen und auch feinen Pension sein Unwesen, will gewaltsam ein mysteriöses Päckchen an sich reißen. Beruflich noch immer nicht genug ausgelastet, interessiert sich der Hauptkommissar, als Fußballfan, auch noch privat für das Thema Rassismus, hilft einer in Bedrängnis geratenen türkischen Fußballelf, welche von einer Gegenmannschaft aufgemischt werden soll. Es war der einzige Fernseh-Einsatz von Tatort-Kommissar Scherrer und ich habe diesen Streifen schon bei der Erstsendung abgehakt und werde meine Meinung hierüber niederlicher Weise auch nichtig ändern. Eine Mordaufklärung sucht man in dieser sogenannten filmischen Eintagsfliege übrigens vergebens, nah Gott sei’s gedankt. Ach, heute spielt die Türkei gegen Tschechien. Ist ja EM. Da heißt es: Aufpassen.
Ein spannender Tatort, der zwischendurch mit ungeheuer lustigen Dialogen begeistert. Ich habe jede Minute genossen, auch weil er extrem unvorhersehbar ist.
@Richard
Besten Dank für den Tip!
Ich darf hinzufügen: Und nicht nur diese!
Es finden sich dort auch fast alle der ominösen 13 Folgen aus österreichischer Produktion von 1985-1989, die in D nie gelaufen sind (fehlt nur 186a Der Schnee vom vergangenen Jahr/1986).
Und es ist auch die Nr. 181 Riedmüller, Vorname Sigi dort zu finden – habe diese Bonanza gleich mal ausgebeutet, bevor sie dem Verschwinden anheimfällt.