Kurz und knapp – darum geht’s

In Ludwigshafen werden kurz hintereinander zwei wohlhabende Männer in ihren eigenen vier Wänden brutal ermordet und ausgeraubt. Kommissarin Lena Odenthal steht vor einem Rätsel, doch eine Gemeinsamkeit fällt auf: Beide Opfer hatten in der Mordnacht ein Rendezvous mit einer unbekannten Frau. Die Ermittlungen führen zur unscheinbaren 18-jährigen Vicky, die tagsüber in der Tankstelle ihres Vaters arbeitet, sich nachts aber in eine verführerische Femme fatale verwandelt. Als Odenthal der jungen Frau trotz fehlender Beweise und gegen den Widerstand ihrer Kollegen hartnäckig auf der Spur bleibt, gerät sie selbst ins Visier der Mordverdächtigen…

Inhalt der Tatort-Folge „Rendezvous“

Mit verkaterten Augen steht Kommissarin Lena Odenthal im Morgengrauen in der luxuriösen Villa eines Ludwigshafener Geschäftsmannes. Das kalte Neonlicht der Spurensicherung wirft harte Schatten auf die Leiche des Opfers, während draußen ein trüber Nieselregen auf die Straßen prasselt. „Das ist bereits der zweite Raubmord dieser Art innerhalb weniger Wochen“, bemerkt ein Kollege trocken. Odenthal nickt stumm – ihre Gedanken kreisen um die auffälligen Parallelen zwischen den Fällen.

Zurück im Präsidium wird sie von ihrem wortkargen Assistenten Seidel und dem argwöhnischen Vorgesetzten Friedrichs empfangen. „Wir brauchen schnell Ergebnisse, Odenthal“, drängt Friedrichs mit verschränkten Armen. Die Kommissarin spürt den Druck, der auf ihr lastet. Noch ist sie neu im Dienst, hat sich noch nicht vollständig bewiesen. In ihrer Wohnung sitzt sie abends allein mit ihrer schwarzen Katze – nur der klobige Anrufbeantworter, so groß wie eine Stereoanlage, unterbricht die Stille mit seiner mechanischen Stimme.

Die Ermittlungen führen Odenthal in die pulsierenden Nachtclubs der Stadt, die wie Inseln des schrillen Lebens im grauen Ludwigshafen wirken. Dort fällt ihr eine junge Frau auf: Vicky, tagsüber unscheinbar und in Mechaniker-Kleidung an der Tankstelle ihres Vaters anzutreffen, verwandelt sich nachts in eine Verführerin mit blondem Haar und geschicktem Make-up. Die Verwandlung ist so vollkommen, dass zunächst Zweifel an ihrer Identität bestehen. Odenthal beobachtet, wie Vicky mit einer fast hypnotischen Anziehungskraft auf Männer wirkt – genau wie auf die beiden Mordopfer kurz vor ihrem Tod.

„Ich kannte diese Männer nicht“, behauptet Vicky mit unschuldiger Miene, als Odenthal sie konfrontiert. Doch die Kommissarin lässt nicht locker. Ihre Ermittlungsarbeit gleicht einem Katz-und-Maus-Spiel, bei dem sie kaum weiß, wer wen jagt. Die Fahndung nach Beweisen wird zur zermürbenden Suche nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen, während Vicky stets einen Schritt voraus zu sein scheint.

Als ein möglicher Zeuge auftaucht, der Vicky am Tatort gesehen haben will, scheint der Fall kurz vor der Lösung zu stehen. Doch mit einem geschickt eingefädelten Gegenangriff stellt die 18-Jährige die Glaubwürdigkeit des Zeugen in Frage. „Sie verfolgen die Falsche“, warnt Odenthals Vorgesetzter. „Wo sind Ihre Beweise?“ Doch ihr Instinkt lässt die Kommissarin nicht los. Bei einer nächtlichen Observierung folgt sie Vicky zu einer abgelegenen Hütte und macht eine Entdeckung, die ihre Verdachtsmomente bestätigt – aber auch sie selbst in große Gefahr bringt…

Hinter den Kulissen

„Rendezvous“ ist der zweite Fall für die Ludwigshafener Kommissarin Lena Odenthal, dargestellt von Ulrike Folkerts, die mit dieser Rolle zur dienstältesten Tatort-Ermittlerin werden sollte. Nach ihrem überzeugenden Debüt in „Die Neue“ (1989) zeigt dieser vom Südwestfunk produzierte Film Odenthal als Einzelkämpferin – noch ohne ihren späteren langjährigen Kollegen Mario Kopper.

Unter der Regie von Martin Gies, der auch das Drehbuch verfasste, wurde der Film im Raum Ludwigshafen gedreht. Die Erstausstrahlung erfolgte am 4. Juni 1990 im Ersten Programm der ARD als 231. Folge der Krimireihe. Mit damals 8,06 Millionen Zuschauern und einem Marktanteil von 26,5 Prozent erzielte der Film solide Quoten.

Die Besetzung wartete mit einigen später sehr bekannten Schauspielern auf: Nele Mueller-Stöfen brillierte in der Rolle der Vicky, während der damals noch wenig bekannte Jürgen Vogel als ihr Komplize Daniel zu sehen war. In weiteren Rollen wirkten Heinz Hoenig als Mordopfer Jörg Palz, Michael Schreiner als Assistent Seidel und Hans-Günter Martens als Odenthals Chef Friedrichs mit.

Zeitgeschichtlich interessant ist die Darstellung des Alltags Ende der 1980er Jahre – von den wuchtigen Anrufbeantwortern bis hin zu den typischen Nachtclub-Szenen. Der Film fängt damit ein Stück Zeitkolorit ein, das heute wie ein Fenster in eine vergangene Ära wirkt. Nach der Ausstrahlung wurde besonders die schauspielerische Leistung von Ulrike Folkerts gelobt, die ihre Figur mit Hartnäckigkeit und unterschwelliger Verletzlichkeit ausstattet und damit den Grundstein für eine der langlebigsten Ermittlerfiguren der Tatort-Geschichte legte.

Musik

La Traviata: Vorspiel zum 1.Akt – Guiseppe Verdi
1999 (Nineteen hundred ninety-nine) – Prince
Starfish and coffee – Prince
I’d rather go blind – Sydney Youngblood
Touch me – 49ers
Fear – Sade Adu, Stuart Matthewman
All around the world – Lisa Stansfield
Nightfalls – Willy DeVille
Live together – Lisa Stansfield

Besetzung

Kommissarin Lena Odenthal – Ulrike Folkerts
Assistent Seidel – Michael Schreiner
Chef Friederichs – Hans-Günther Martens
Vicky – Nele Mueller-Stöfen
Daniel – Jürgen Vogel
Jörg Palz – Heinz Hönig

Stab

Buch – Martin Gies
Regie – Martin Gies
Kamera – Hans-Jörg Allgeier
Szenenbild – Götz Heymann