Kurz und knapp – darum geht’s

Nach 45 Dienstjahren kommen dem Wiener Oberinspektor Fichtl plötzlich Zweifel an seiner Berufswahl – ausgerechnet als ein Ex-Häftling in seine Wohnung einbricht und ihn mit einer Pistole bedroht. Während der Kommissar noch mit den psychischen Folgen dieser Begegnung kämpft, wird in der Donau eine in eine Militärdecke gewickelte Leiche gefunden: Es ist der frühere Pressesprecher eines Stahlkonzerns, der brisante Informationen über illegale Waffengeschäfte recherchiert hatte. Als die Ermittler der Wahrheit zu nahe kommen, setzen höchste Regierungskreise alles daran, den Fall als Selbstmord zu den Akten zu legen …

Inhalt der Tatort-Folge „Stahlwalzer“

Rastlos wandert Oberinspektor Fichtl durch seine Wiener Wohnung. Die nächtliche Stille wird nur vom Ticken der Wanduhr unterbrochen, als plötzlich Leo Wigankow, ein von ihm überführter Bankräuber, mit vorgehaltener Waffe vor ihm steht. „Sie haben mein Leben zerstört“, wirft der Ex-Häftling dem Kommissar vor. Die Begegnung endet in einer makabren Scheinhinrichtung – doch statt Fichtl richtet Wigankow sich selbst.

Der traumatisierte Ermittler hat keine Zeit, das Erlebte zu verarbeiten. Bei der Firma Baur Stahl wurden Schüsse gemeldet, und am nächsten Morgen macht die Donau eine grausige Entdeckung preis: Eine in eine „Staatsdecke“ gehüllte Leiche, die sich als der Journalist Ernst Sivetzki herausstellt. „Ein klarer Selbstmord“, behauptet Dr. Putner von der Polizeiführung. Doch Fichtl kann nicht glauben, dass sich ein Toter selbst einwickeln und in den Fluss werfen konnte.

Die Ermittlungen gleichen bald einem Tanz auf Messers Schneide. Wie ein störrischer Walzer im Dreivierteltakt dreht sich Fichtl durch ein Labyrinth aus Lügen und Vertuschung. An seiner Seite: Susi Kern, die einzige, der er noch vertrauen kann. Je tiefer sie graben, desto deutlicher wird, dass Sivetzkis Tod mit Recherchen über illegale Waffenexporte zusammenhängt. Ein rivalisierender arabischer Staat will mit der Entführung zweier Baur-Mitarbeiter Waffenlieferungen erpressen – obwohl beide Staaten gemäß UN-Beschluss nicht beliefert werden dürfen.

Die Staatspolizei versucht mit allen Mitteln, die Ermittlungen zu stoppen. Fichtls ehemaliger Kollege Peter Bohl, jetzt Sicherheitschef bei Baur Stahl, droht mit einer Anzeige wegen Hausfriedensbruch. Sogar sein Vorgesetzter Dr. Putner setzt den Oberinspektor unter Druck – erst mit Drohungen, dann mit dem verlockenden Angebot einer Beförderung. Doch für einen Mann wie Fichtl, der nach 45 Dienstjahren erstmals an seinem Beruf zweifelt, geht es um mehr als nur um einen weiteren Fall.

Hinter den Kulissen

„Stahlwalzer“ ist der sechste Fall von Oberinspektor Fichtl (Michael Janisch) als Hauptermittler und wurde 1993 unter der Regie von Hans Noever gedreht. Das Drehbuch stammt von Peter Zingler, der in einer bemerkenswerten Doppelrolle auch selbst als Einbrecher Fredi Pöckl vor der Kamera zu sehen ist.

Die Erstausstrahlung der 281. Tatort-Folge erreichte am 27. Juni 1993 in der ARD beachtliche 11,54 Millionen Zuschauer, was einem Marktanteil von 32,8 Prozent entsprach. Der Film nimmt in der österreichischen Tatort-Geschichte eine besondere Stellung ein: Von Fichtls insgesamt neun Fällen gehören nur acht zur offiziellen Tatort-Reihe – sein erster Fall wurde exklusiv in Österreich ausgestrahlt und war in Deutschland nur einmal im Hessischen Rundfunk zu sehen.

Der Film spiegelt die politischen Spannungen der frühen 1990er Jahre im Nahen Osten wider und thematisiert die Rolle westlicher Waffenexporte in der Region. Die Verwicklung österreichischer Behörden in internationale Waffengeschäfte war zu dieser Zeit ein durchaus brisantes Thema.

Besetzung

Oberinspektor Fichtl – Michael Janisch
Inspektorin Susanne Kern – Sylvia Haider
Inspektor Hollocher – Michael Bukowsky
Hofrat Putner – Gerhard Dorfer
Leo Wigankow – Helmut Berger
Gerda Sivetzki – Vera Borek
Ursula Sivetzki – Nina Grosse
Walter Krangel – Günther Einbrodt
Helmut Manz – Michael Rastl
Peter Bohl – Hans Georg Nenning
Lawadol – Peter Faerber
und andere

Stab

Musik – Nellis du Biel
Kamera – Wolfgang Koch
Szenenbild – Livia Kovats
Buch – Peter Zingler
Buch – Gino Rapisarda
Regie – Hans Noever

Erstausstrahlung: 24.10.1993