Kurz und knapp – darum geht’s
Auf der Nordseeinsel Neuwerk wird der Hamburger Schifffahrtsdirektor Freimut Drost mit gefesselten Händen tot im Watt aufgefunden. Die beiden Kommissare Stoever und Brockmöller stoßen bei ihren Ermittlungen auf eine Mauer des Schweigens unter den 42 eigenwilligen Inselbewohnern. Als sie herausfinden, dass Drosts verschwundener Freund Jonas Schomann vor einem Jahr ebenfalls auf der Insel war, wittern sie einen Zusammenhang zwischen beiden Fällen. Als Stoever den täglich beobachteten Kutter „Xylia“ heimlich verfolgt, gerät er selbst in tödliche Gefahr durch die unerbittlich steigende Flut…
Inhalt der Tatort-Folge „Tod auf Neuwerk“
Graue Wolken hängen tief über dem endlosen Wattenmeer, als die Insulaner eine männliche Leiche im schlammigen Grund entdecken. Das nasse Element, das die kleine Insel Neuwerk zweimal täglich vom Festland abschneidet, hat ein Opfer freigegeben: Freimut Drost, ein Hamburger Schifffahrtsdirektor mit gefesselten Händen. Für Kommissar Paul Stoever bedeutet die Anreise eine Wattwanderung, die ihm sichtlich zu schaffen macht – sein Kollege Peter Brockmöller nimmt es mit Humor, versteht aber schnell, dass die Ermittlungen auf der Insel schwierig werden. Der Wind pfeift unablässig um die wenigen Häuser, und mit ihm die Gerüchte.
„Wir kennen hier keinen Drost“, behauptet ein Fischer schroff, während er an seinen Netzen arbeitet. Die gleiche Auskunft erhält Stoever überall, egal, wo er nachfragt. Die Inselbewohner wirken verschlossen wie Austern, die sich bei Gefahr fest zusammenziehen. Das feuchtkühle Küstenklima scheint ihre Zungen zu lähmen, sobald Fremde nach dem Toten fragen. Stoever, der seine Zigarren dem salzigen Wind zum Trotz anzündet, stößt bei jedem seiner Schritte auf der Insel auf Widerstand. Sein Misstrauen wächst, als er im Zimmer des Toten statt der angeblichen Vogelbeobachtungsunterlagen nur detaillierte Seekarten findet.
Während Brockmöller in Hamburg recherchiert und dabei auf dubiose Bestechungsaffären stößt, in die das Opfer verwickelt war, macht Stoever eine seltsame Entdeckung: Drost hat offenbar täglich vom gleichen Ort aus den Kutter „Xylia“ beobachtet. Die Insulaner schweigen beharrlich zu seinen Fragen, doch ein Fischer verrät ihm unabsichtlich, dass der Tote wohl nicht zum ersten Mal hier war. Die Geldspuren, die Brockmöller in Hamburg verfolgt, führen zu einem Tauchschulbesitzer namens Knoll – dem Eigner eben jenes Kutters.
Die feuchte Kälte der Nordsee kriecht Stoever in die Knochen, als er eines Nachts beschließt, die Besatzung der „Xylia“ zu belauschen. Das Wattenmeer zeigt seine tückische Seite – die Flut kommt schneller als erwartet. Das Wasser steigt unerbittlich, während Stoever verzweifelt versucht, das Festland zu erreichen. Der Kampf gegen die Naturgewalt wird zu einem Kampf ums Überleben, bis ihn ein kleiner Kutter in letzter Minute rettet.
Die Ermittlungen der beiden Kommissare laufen parallel wie Ebbe und Flut. Brockmöller stößt in Hamburg auf den Fall des vor einem Jahr spurlos verschwundenen Jonas Schomann – einem engen Freund des Opfers. Die Hinweise verdichten sich zu einer trüben Brühe wie das aufgewühlte Watt bei Sturm: Drost kam offenbar nach Neuwerk, um das Verschwinden seines Freundes aufzuklären. Doch warum musste er dafür sterben?
Hinter den Kulissen
Die Tatort-Folge „Tod auf Neuwerk“ wurde vom Norddeutschen Rundfunk unter der Regie von Helmut Förnbacher produziert. Die Dreharbeiten fanden vom Studio Hamburg Filmproduktion in Cuxhaven, Hamburg und auf der echten Insel Neuwerk statt, was dem Film seine authentische Atmosphäre verleiht. Die Wattlandschaft mit ihren ständig wechselnden Gezeiten wurde dabei nicht nur zum Schauplatz, sondern zu einem eigenständigen Charakter der Handlung.
Für Manfred Krug als Kriminalhauptkommissar Paul Stoever war es bereits der 26. Fall, während Charles Brauer als Peter Brockmöller zum 23. Mal ermittelte. Die beiden Schauspieler, bekannt für ihre musikalischen Einlagen in der Tatort-Reihe, interpretierten in dieser Folge den Klassiker „Over the Rainbow“.
Die Erstausstrahlung erfolgte am 24. März 1996 und erreichte beachtliche 9,48 Millionen Zuschauer, was einem Marktanteil von 28,70 Prozent entsprach – ein deutlicher Beleg für die Beliebtheit des Hamburger Ermittlerduos.
Interessanterweise kehrten Stoever und Brockmöller in ihrem allerletzten Tatort „Tod vor Scharhörn“ (Folge 461) im Jahr 2001 noch einmal in die Region zurück – ein Kreis, der sich damit schloss. Nach der Ausstrahlung von „Tod auf Neuwerk“ entwickelte sich unter Tatort-Fans eine lebhafte Diskussion über die Besonderheit des Schauplatzes, da die kleine Insel tatsächlich zu Hamburg gehört, obwohl sie etwa 100 Kilometer von der Hansestadt entfernt in der Nordsee liegt.
Nanu, noch keine Kommentare??
Habe diesen TO seit Jahren auf Video und ihn mir gerade einmal wieder angesehen. Sicherlich beiweiten kein Glanzstück der Serie, dennoch mag ich ihn wegen seiner Unaufgeregtheit und atmoshärischen Dichte.
‚Paul und Brocki‘ – Stöver und Kollege Brockmüller – waren fast immer ein gutes Ermittlerteam. In diesem Fall kann man gut den Gedankengängen der beiden Beamten folgen, wenn auch das ursprüngliche Mordopfer etwas in den Hintergrund gerät.
Die Spannung hält bis zum Schluss. Etwas seltsam begründet sich wieder einmal vieles auf einem Öko-Thema (verseuchtes Bauland), aber das ist ganz okay so. Einzig der etwas melodramatische Schluss sorgt leider für einen leicht seltsamen Nachgeschmack.
Dieser übertönt zum Glück nicht das Gefühl von Meeresrauschen, Möwengeschrei und frischer Seeluft, gepaart mit der herrlichen ‚Jugendherbergsatmosphäre‘ ihrer Unterkunft auf Neuwerk…
…yes, „somewhere over the rainbow, skies are blue…“ Ein schönes Lied, welches stimmungsvoll von unseren Singing cops dargebracht wird!
3 Sterne für gelungene Unterhaltung!
Der Tatort mit der Nummer 328 aus Hamburg beziehungsweise Neuwerk. Diese unbekannte Insel-Schönheit sollte auch namentlich erwähnt werden. Die Hauptkommissare Stoever und Brockmöller, langjährig ein Team und trotzdem weiß man, wer letztendlich das Sagen hat, ermitteln akribisch und kriminalistisch in einem soliden und ansprechenden Kriminalfilm, kommen dabei das eine und das andere Mal in eher peinliche Situationen, meistern diese aber mit der gewohnten Professionalität. Unter norddeutscher Küstenidylle und harmonischen Vogelgezwitscher klären sie zwei Morde auf, geschehen der Vertuschung wegen, aufgrund von illegalen Giftmüllentsorgungen, gewissenlosen Wohnbauobjekten und aus Geldgier. Sehenswert.
Ein Klassiker aus den 90ern. Kann mich noch an die Erstaustrahlung erinnern. Tolle Landschaftsaufnahmen, ein sehr gutes Ermittlerteam mit viel guter Laune, spannende Story. Klasse Super Tatort. 4,7 Sterne
Ein interessanter Tatort mit einer nicht vorhersehbaren Geschichte. Und Stoever und Brockmöller ausnahmsweise einmal in idyllischer Landschaft. Die Handlung verläuft ruhig, ohne Action, aber auch ohne Langeweile. Nicht ein Highlight der Reihe, aber rundum gelungen. Zudem war es der erste Tatort mit Gesang und daher stilprägend. Nach vielen Jahren immer noch sehenswert.
Eine Doppelfolge beim NDR in örtlichem Zusammenhang aber chronologisch umgekehrter Reihenfolge; die Aufzeichnungen wurden hier natürlich in der richtigen Abfolge geschaut.
Fehlte nur noch ‚Haie vor Helgoland‘ (2020 leider verpaßt) und alle Folgen wären beisammen gewesen, die in Küstennähe spielen.
Konventionell, geradezu nüchtern inszeniert ist diese hier: das Hafenpanorama mit den Museumsschiffen ‚Cap San Diego‘ und ‚Rickmer Rickmers‘, Pferdefuhrwerke zuckeln durch das Watt, schöne Blicke vom und auf den Leuchtturm, Sonnenuntergänge werden bewundert; alles herrlich bebildert von Kameramann Heinz Hölscher, der neben unzähligen Klamotten zwei Winnetou- und Heintje-Filme und den Klassiker ‚Peggy hat Angst‘ ins Bild gesetzt hat.
Auch wenn Kollege Helmut Förnbacher Regie führte, haben es sicherlich Rolands gute Kontakte zur Polizei ermöglicht, allerlei polizeiliches Gerät wie verschiedene Boote und Hubschrauber auffahren zu lassen – alle Achung!
Ein gefesselter Toter im Watt vor Neuwerk, wo die Inselwarte regelmäßig aus den Familien Fock und Griebel stammen – „Weber-Steg“, wie der schlaue Stoever sofort erkennt, er bringt mit „Rum macht dumm“ den Spruch des Tages, erklärt uns die Stauwasserzeit zwischen Ebbe und Flut und verrät sogar sein Geburtsdatum: 3. Mai ’36.
Stoever & Brocki in der Spätphase: Musikalisch wird alkoholselig „Over the Rainbow“ zum besten gegeben, selbst für Pennälerhumor mit Komdom-Scherzen und dem „Schuldschein für den doofen Brocki“ als Running-Gag sind sich die Herren Kommissare nicht zu schade.
Doch die verquaste Geschichte mit dem lang zurückliegenden Immobiliengeschäft, bei dem die letzte Rate erst nach 30 Jahren floß, allerlei Beiwerk wie Schmiergeld & Bestechung, Elbschlickverklappung & Giftmülldeponie sowie eine versenkte Yacht, garniert mit allerlei falschen Fährten wie Eifersucht und Drogenschmuggel verwirrt den Zuschauer mehr und mehr – das kostet den 4. Stern, denn nicht immer sind die Handlungsstränge plausibel.
Krugs wagemutiger Einsatz im offenen Meer ist schon das Aufregendste – wenngleich ziemlich unglaubwürdig, daß den Platscher auf dem Schiff niemand bemerkt haben will: Ein schönes Bild gibt er ab, im „Affenkäfig“ (einer Rettungsbake von dreien zwischen Cuxhaven und Neuwerk) sitzend gebetsmühlenartig „Ich liebe den Dienst bei der Polizei“ vor sich hinbetend.
Die Herren Herzsprung (gab nur dieses eine Gastspiel) und Lesch (war 6x zu Gast) und in Nebenrollen die Damen Karen Friesicke als Lehrerin; Regine Lamster als Bedienung taucht auch in der Scharhörn-Folge wieder auf; dazu die älteren Semester wie Ulrich Faulhaber, der als Wattfahrer Vogt und Wattarbeiter Helm ebenso in beiden Neuwerk-Folgen auftaucht und stolze 14x im TO zu sehen war! Auch Elmar Gehlen, Vater von Johanna-Christine verheiratete Bezzel, präsentiert sich in beiden Folgen in unterschiedlichen Rollen (Butt/Wattkutscher Fitschen) – ziemlich irritierend, solche Besetzungen. Und Werner Eichhorn, der einen schönen alten 190er Benz von 1962 (W110) chauffiert, begegnete uns neulich in Folge 132 ‚Wat Recht is, …‘.
Merkwürdig, daß im Abspann die Namen der Darsteller komplett unterschlagen wurden, wodurch uns beinahe entging, daß niemand geringeres als Helmut Förnbacher, Regisseur dieser Folge, den Tauchlehrer Jochen Knoll verkörperte!
Bei der bislang noch einstelligen Anzahl an Kommentaren gilt hier ganz offensichtlich „Klasse statt Masse“ (so oder ähnlich trocken hätte es wohl KHK Paul Stoever kommentiert ;))
Auch für mich eine der besten Folgen dieses einmaligen und unvergleichlichen Ermittler-Duos, die sich wirklich durch nichts und absolut gar nichts jemals aus der Ruhe bringen lassen ;-))
Ebenfalls schön, dass die Insel Neuwerk mit als Schauplatz der 461. TO-Episode „Tod vor Scharhörn“ in der letzten Folge für die beiden „Swinging Cops“ zurückkehrt.
„Der Mensch ist ein einziges gigantisches Ferkel, wenn man den Tierchen damit (mal) kein Unrecht tut“ – KHK Stoever zu KHK Brockmöller auf dessen Hinweis gegen Ende zur soeben aufgedeckten illegalen Giftmülldeponie auf dem geplanten Bauland als Luxus-Wohnanlage.
Insofern auch von mir herzlich gerne fünf Sterne für diese beinahe 30 Jahre alte zeitlos gute und im Vergleich zu manch anderen, eher action- und psychoproblematisch-überbetonten Krimis sehr angenehmen, fast schon entschleunigten Unterhaltung, wozu auch die Filmmusik von Klaus Doldinger ganz entscheidend mit dazu beiträgt.