Das Tatort-Jahr 2023 bot ein Kaleidoskop aus Hochs und Tiefs, innovativen Ansätzen und altbekannten Mustern. Von bahnbrechenden Doppelfolgen bis hin zu ermüdenden Routinefällen – die ARD-Krimireihe zeigte sich so vielfältig wie kontrovers.
Berliner Neustart und Wiener Glanzlichter
Den Auftakt machte Köln mit einer soliden Milieustudie, doch erst Berlin sorgte für den ersten Paukenschlag des Jahres. Die Doppelfolge „Nichts als die Wahrheit“ führte Corinna Harfouch als neue Ermittlerin ein und wagte sich an brisante Themen wie Rechtsextremismus in Sicherheitsbehörden. Hier zeigte sich das volle Potenzial der Reihe.
Auch Wien brillierte mehrfach: „Was ist das für eine Welt“ und „Azra“ vereinten gekonnt gesellschaftliche Relevanz mit packendem Krimi-Handwerk. Die österreichische Hauptstadt etablierte sich als zuverlässiger Lieferant anspruchsvoller Sonntagabendunterhaltung.
Licht und Schatten im Süden
München zeigte sich wechselhaft. Während „Game Over“ mit einem tiefen Einblick in die Gaming-Szene überzeugte, enttäuschte „MagicMom“ mit oberflächlicher Influencer-Kritik. Stuttgart pendelte zwischen solidem Krimi-Handwerk und überambitionierten Experimenten.
Franken und der Schwarzwald blieben ihrem Konzept der ruhigen Landkrimis treu, ohne dabei besonders aufzufallen. Zürich hingegen strauchelte mit „Seilschaft“, einem verwirrenden Wirrwarr von Handlungssträngen.
Norddeutsche Konstanz und hessische Höhenflüge
Im Norden hielt Kiel die Fahne hoch. „Borowski und die große Wut“ zeigte eindrucksvoll, wie man einen altgedienten Ermittler in ungewohnte Situationen bringt. Hamburg und Bremen lieferten solide, wenn auch unspektakuläre Fälle.
Hessen überraschte positiv: Sowohl Frankfurt als auch Wiesbaden präsentierten mit „Erbarmen. Zu spät“ und „Murot und das Paradies“ tiefgründige, zum Nachdenken anregende Krimis.
Enttäuschungen und Überraschungen
Zu den Enttäuschungen des Jahres gehörte neben „MagicMom“ auch Frankfurts „Kontrollverlust“, der unter mangelnder Spannung und Überfrachtung litt. Positive Überraschungen lieferten dagegen Köln mit der atmosphärisch dichten „Abbruchkante“ und Dresden, das mit „Was ihr nicht seht“ sensibel das Thema sexualisierte Gewalt behandelte.
Fazit: Qualität in der Vielfalt
Das Tatort-Jahr 2023 zeigte eindrucksvoll die Bandbreite der Reihe. Von konventionellen Whodunits bis zu experimentellen Formaten war alles vertreten. Dabei wurde deutlich: Qualität entsteht dort, wo mutige Themen auf handwerkliches Können treffen. Die besten Folgen des Jahres bewiesen, dass der Tatort nach wie vor relevantes, unterhaltsames und mitunter provokantes Fernsehen liefern kann.
Dennoch bleibt die Herausforderung bestehen, die richtige Balance zwischen Innovation und bewährten Mustern zu finden. Nicht jedes Experiment gelang, nicht jede Routinearbeit überzeugte. Doch gerade in dieser Vielfalt und dem Mut zum Risiko liegt die Stärke der Reihe – auch wenn sie dabei gelegentlich strauchelt.