Kurz und knapp – darum geht’s
In der beschaulichen Stadt Essen wird die wohlhabende Frau Böhmer brutal erschlagen in ihrer Villa aufgefunden. Hauptkommissar Heinz Haferkamp und sein treuer Assistent Kreutzer nehmen die Ermittlungen auf und geraten schnell auf die Spur des örtlichen Feinkosthändlers Wever, der am Abend des Mordes nachweislich beim Opfer war. Während die Indizien gegen Wever immer erdrückender werden, führen die akribischen Untersuchungen der Ermittler zu einem unerwarteten Verdächtigen und enthüllen ein kompliziertes Netz aus verbotenen Beziehungen und gut gehüteten Familiengeheimnissen. Als Wever eine verzweifelte Entscheidung trifft, um seinen Ruf und seine Familie zu schützen, müssen Haferkamp und Kreutzer einen Wettlauf gegen die Zeit gewinnen, um ein weiteres Verbrechen zu verhindern…
Inhalt der Tatort-Folge „Der Feinkosthändler“
Düstere Wolken hängen über den Dächern von Essen, als Kommissar Haferkamp an diesem kühlen Morgen zum Tatort gerufen wird. Das regennasse Kopfsteinpflaster glänzt im Blaulicht der Polizeiwagen vor der prächtigen Villa im gehobenen Viertel. Im Inneren erwartet ihn ein brutales Bild: Frau Böhmer, eine angesehene und attraktive Dame der Gesellschaft, liegt erschlagen in ihrem Schlafzimmer.
Mit der ihm eigenen ruhigen Beharrlichkeit beginnt Haferkamp seine Ermittlungen. Sein erfahrener Blick erfasst jedes Detail – den umgestoßenen Sessel, die zerbrochene Vase, die Spuren eines eiligen Aufbruchs. Sein treuer Assistent Kreutzer steht ihm wie immer mit bodenständiger Unterstützung zur Seite, während die beiden systematisch den Kreis der Verdächtigen eingrenzen.
„Wer hatte sie zuletzt gesehen?“, fragt Haferkamp in die Runde der Beamten, die geschäftig Spuren sichern. Die Antwort lässt nicht lange auf sich warten: Der örtliche Feinkosthändler Wever hatte die Dame am Vorabend nach Hause gebracht – ein vielversprechender Ansatzpunkt. Beim sonntäglichen Kirchgang bemerkt das Ehepaar Wever das Polizeiaufgebot vor dem Haus ihrer Nachbarin, und der Feinkosthändler gerät schnell ins Visier der Ermittlungen.
Die Befragung Wevers verläuft wie ein präzises Schachspiel. Haferkamp, mit seinem durchdringenden Blick und der leicht vorgebeugten Haltung, die seine Gesprächspartner oft in die Defensive drängt, konfrontiert den nervösen Geschäftsmann mit Unstimmigkeiten in seiner Aussage. „Sie haben also nach dem Betreten des Hauses nichts Ungewöhnliches bemerkt?“, bohrt der Kommissar, während er die feinen Schweißperlen auf der Stirn des Verdächtigen registriert. Wever, ein Mann von bürgerlichem Ansehen, dessen Feinkostgeschäft zur ersten Adresse der Stadt zählt, verfängt sich zunehmend in Widersprüchen.
Die Ermittlungen führen Haferkamp und Kreutzer tiefer in das Geflecht zwischenmenschlicher Beziehungen. Im klinisch sauberen Feinkostladen, wo der Duft von frischem Käse und italienischen Delikatessen die Luft erfüllt, stoßen sie auf Birgit Lampertz, eine junge Angestellte mit wachsamem Blick. „Herr Wever und Frau Böhmer“, erklärt sie mit gedämpfter Stimme, „die hatten mal was miteinander.“ Diese Information wirft ein neues Licht auf den Fall und treibt die Spannung wie ein Keil in die scheinbar perfekte bürgerliche Fassade des Geschäftsmannes.
Wevers Sohn Andreas, ein junger Mann mit unruhigen Augen und nervösen Händen, weckt ebenfalls das Interesse der Ermittler. Seine offensichtliche Anspannung bei den Befragungen gleicht jener eines Menschen, der ein belastendes Geheimnis mit sich herumträgt. Die Fahndungsarbeit der Kommissare entpuppt sich wie die Suche nach feinen Rissen in einer sorgsam polierten Oberfläche.
Als die Ermittler herausfinden, dass Biggis Mutter als Putzfrau für Frau Böhmer arbeitete und ein Schlüssel zum Haus verschwunden ist, verdichten sich die Hinweise auf eine verborgene Verstrickung. Die anfängliche Spur zu Wever verzweigt sich wie ein labyrinthischer Gang, an dessen Ende ein unerwartetes Geheimnis lauert: Andreas und Biggi führen eine heimliche Beziehung – ein Umstand, den der strenge Vater niemals akzeptieren würde.
Während Haferkamp die einzelnen Puzzleteile zusammenfügt, gerät Wever zunehmend unter Druck. Das metallische Klirren der Glastür seines Ladens, das rhythmische Ticken der großen Wanduhr in seinem Büro und das gedämpfte Gemurmel der Kunden werden zum bedrohlichen Soundtrack seiner wachsenden Verzweiflung. In einem Moment unbeobachteter Schwäche offenbart sich vor dem inneren Auge der Zuschauer eine erschütternde Wahrheit: Andreas hat seinem Vater die Tat gestanden. Er erschlug Frau Böhmer, als sie drohte, seine Beziehung zu Biggi zu verraten.
In einer dramatischen Wendung entscheidet sich Wever, seinen Sohn zu schützen – um jeden Preis. Die folgende Szene gleicht einem Schachzug der Verzweiflung: Während Andreas und Biggi die gemeinsame Flucht planen, schmiedet Wever einen düsteren Plan, um die unbequeme Zeugin für immer zum Schweigen zu bringen. Seine Hand greift nach dem schweren Brecheisen, sein Blick verhärtet sich zu einer entschlossenen Maske.
Die Atmosphäre verdichtet sich zu einer klaustrophobischen Spannung, als Haferkamp und Kreutzer in einem Wettlauf gegen die Zeit versuchen, das drohende Unheil abzuwenden. Das grelle Licht der Straßenlaternen durchbricht die Dunkelheit, während ihr Dienstwagen durch die nächtlichen Straßen Essens jagt. Werden sie rechtzeitig eintreffen, um ein weiteres Verbrechen zu verhindern?
Hinter den Kulissen
Der Tatort „Der Feinkosthändler“ wurde vom 24. April bis zum 31. Mai 1978 gedreht und markiert den 15. Fall für den beliebten Ermittler Heinz Haferkamp, verkörpert vom charismatischen Hansjörg Felmy. An seiner Seite agiert wie gewohnt Willy Semmelrogge als sein treuer Assistent Kreutzer. In der Rolle des Feinkosthändlers Wever brilliert Walter Kohut, der die Gratwanderung zwischen bürgerlicher Fassade und verzweifeltem Familienvater meisterhaft inszeniert.
Besonders bemerkenswert ist der Auftritt der damals noch jungen Marie-Louise Millowitsch (heute bekannt als Mareille Millowitsch) in der Rolle der Verkäuferin Biggi, die hier eine ihrer ersten Fernsehrollen spielte und bereits ihr schauspielerisches Talent unter Beweis stellte.
Die Dreharbeiten fanden hauptsächlich in Essen und im Umland von München statt. Das Feinkostgeschäft und das Wohnhaus der Familie Wever wurden in Oberschleißheim bei München realisiert – interessanterweise wurde das als Feinkostladen dienende Gebäude Mitte der 2000er Jahre abgerissen und durch ein Mehrfamilienhaus ersetzt. Die Villa der wohlhabenden Frau Böhmer steht hingegen in Gräfelfing südlich von München. Weitere markante Drehorte waren die St.-Laurentius-Kirche in Mintard (Mülheim an der Ruhr), der Essener Hauptbahnhof sowie die Siedlung Margarethenhöhe im Essener Süden. Eine beeindruckende Szene entstand zudem an der imposanten Ruhrtalbrücke in Mülheim an der Ruhr.
Unter der Regie von Hajo Gies, der als einer der bedeutendsten Tatort-Regisseure gilt, entstand ein feinfühliges Psychogramm eines Provinztyrannen. Das Drehbuch stammte aus der Feder seines Bruders Martin Gies, der später die legendäre Figur des „Schimanski“ erschuf und damit Tatort-Geschichte schrieb.
Eine Besonderheit dieser Folge ist die musikalische Untermalung: Als wiederkehrendes Motiv dient das Instrumentalstück „Feuerland“ aus dem Album „Flammende Herzen“ von Michael Rother. Zusätzlich wurden Elemente aus dem „Concerto for Group and Orchestra“ von Deep Purple sowie Songs von Bryan Ferry & Roxy Music und den Wings verwendet, die dem Film eine authentische Atmosphäre der späten 1970er Jahre verleihen.
Mit einer beeindruckenden Einschaltquote von 60 Prozent bei der Erstausstrahlung am 10. September 1978 im Ersten Programm der ARD erwies sich „Der Feinkosthändler“ als echter Publikumserfolg. Die Folge markiert zudem einen Wendepunkt in der Reihe der Haferkamp-Tatorte, da es der erste Fall ist, in dem der Mörder nicht von Anfang an bekannt war – eine dramaturgische Neuerung, die der Episode eine zusätzliche Spannung verleiht und den Zuschauer gemeinsam mit den Ermittlern rätseln lässt.
Hallo, von welcher Band stammt die Musik im Film ??
Danke und Grüße
Vielleicht ein bisschen spät, aber die Musik in der zweiten Hälfte (um die geht’s doch?) ist von Michael Rother.
Wer weiss,wo der Feinkostladen in Essen Steht/stand? wo wurde gedreht?
Der Tatort Nummer 091. Hauptkommissar Haferkamp und Kriminalhauptmeister Kreutzer ermitteln in einem besonderem perfiden Fall. Ein Vertuschungsmord, begangen durch ein junges Liebespaar, welches seine Beziehung den Angehörigen nicht offenbaren wollte. Diesen Irrsinn gab es schon vorher, diesen Irrsinn gibt es noch heute, diesen Irrsinn wird es auch weiter geben. Nicht der stärkste Fall der beiden Spitzen der Tatort-Verfilmungen in den 70iger und 80iger Jahren, spießig, langweilig, bedrückend. Ich meine die Umgebung rund um Essen-Bredeney erkannt zu haben, mit Landstraße Richtung der Millionärsstadt Mühlheim. Wenn ich mich nicht täusche, liegt die riesige Müllkippe heute gut abgedeckt und sauber verpackt, am Breitscheider Kreuz. Eine grüne Oase, auf Jahrzehnten gesperrt. Die Observationsteams der Essener Polizei schienen gerade Urlaub gehabt zu haben, H. und K. schielten alleine um die Ecke und durch die Gardinen. Und das sympathische Erscheinen der Ex des H., beim Spaziergang, die Ruhrtalbrücke im Rücken, gibt diesem Film doch noch einen netten Tatsch. Den Essener Hauptbahnhof hatte ich in diesem Zeitraum fast jeden Tag benutzt, da wo der junge Wever auf dem Bahnsteig seinen Kaffee bestellt hatte, saß auch ich damals, bei Kaffee und einer Zigarette und einer Monatskarte für den IC und bei schei.. Wetter. Und wenn ich den Wagen benutzt hätte, hätte ich ebenfalls gewartet. Auf der A3, am Breitscheider Kreuz.
Bei Wikipedia habe ich folgenden Text zur Musik gefunden:
Ein wiederkehrendes musikalisches Motiv dieser Tatort-Folge ist das Instrumentalstück Feuerland aus dem Album Flammende Herzen von Michael Rother. Als Hintergrundmusik für einige Szenen wurden zudem wenige Takte aus dem dritten Satz des von Jon Lord und Ian Gillan (Deep Purple) 1969 komponierten Concerto for Group and Orchestra verwendet.
Herzlichst
Rose
In diesem Tatort gehen die Ermittler so dilettantisch vor, das sich dem Zuschauer der Gedanke aufdrängt: „Dümmer als die Polizei erlaubt“.
Detail: Andreas ist „über 18“ (Aussage seines Vaters im Film), nicht 16 wie im Beitrag geschrieben.
@Mopsi:
Herzlichen Dank für Ihren Hinweis, wir haben den Beitrag entsprechend korrigiert.
Mit besten Grüßen aus der Redaktion, Sabine
drei Sterne für diesen Haferkamp-Tatort. Er mag etwas altbacken wirken, aber die ruhige Spannung hält bis zum Schluss. Mir (65 J.) gefällt der nostalgische Charme der 70er Jahre, das wird verständlich sein. Trotzdem ist es gut, dass die Reihe sich weiterentwickelt hat. Und vieles ist ja schon längst wieder Geschichte, wie Schimanski, Stöber und Brocki und andere. Thiel und Börne sollten sich besser bald hinzugesellen, wie auch die Kölner und Münchener Kommissare. Gegen Wiederholungen habe ich gar nichts, erinnern Sie uns doch an Höhen und Tiefen einer einzigartigen TV-Geschichte. Aber ich habe etwas gegen lähmenden Stillstand; ewige Neuauflagen werden der Tod des Tatort sein. Bereits jetzt liest man, hier im Forum, immer häufiger sehr kritische Kritiken!
Aber ich bin zuversichtlich, dass die Serie sich positiv entwickeln wird!! Mit 50 ist man doch aus dem Gröbsten heraus, nicht wahr? ;-)
Mir will scheinen, daß auf dieser Seite arg „gehudelt“ wurde:
Ein Fehler ist ja schon korrigiert worden, aber die Verantwortlichen für die Kamera lesen sich im Abspann anders: Hier sind Werner Kurz und Rainer Gutjahr genannt – und nicht w.o. Josef Vilsmeier.
Der kleine Rechtschreibfehler im drittletzten Absatz „Dort, amm Tatort“ nimmt sich dagegen vergleichsweise bescheiden aus, aber ein Hinweis sei mir gestattet.
Wg. der unkorrekten Schreibweise des Namens Josef Vilsmeier in der Besetzungsliste habe ich mal Wikipedia bemüht und zitiere hieraus: „Sein Name wird in allen Tatort-Folgen, die er als Kameramann gedreht hat, mit Josef Vilsmeier angegeben.“
Muß man wohl akzeptieren…
Einer der allerbesten Tatorte ever.
Super Story, kommt nicht so gewaltig daher wie viele andere, entwickelt sich aber stetig.
Habe ich nun schon so oft gesehen, immer wieder sehenswert.
Kann ich nur empfehlen!!!
Kann mich HerrBert nur anschließen!
Mir gefällt gefällt diese Folge sehr gut, und
die junge Frau Millowitsch zeigt ihr großes Talent.
Toller Tatort, einfach nur Kult die Tatorte mit Haferkamp/Kreuzer. Schade das sie schon so früh aufgehört hatten. Die heutigen Tatorte sind dagegen nur noch…
@Redaktion: Der fehlerhafte Vilsmeier, egal ob mit ‚e‘ oder ‚a‘ ist ja immer noch drin, das hab ich doch schon anno 2020 moniert – bitte also erneut um Korrektur (die richtigen Namen s.u.).
Damals vergab ich ⭐️⭐️⭐️⭐️, die ich auch heute wieder verleihen würde – es war der Auftakt meiner Beiträge hier bei den TO-Fans!
Buch Martin, Regie Bruder Hajo Gies und Kameramann Werner Kurz (assistiert von Rainer Gutjahr: später »Polizeiinspektion 1«, Rosenheim-Cops) garantieren einen exzellenten Krimi, was nicht zuletzt auch an der Besetzung liegt:
Walter Kohut (harter Bursche in »Supermarkt« von Roland Klick/1974, Kamera Jost Vacano – sollte man mal gesehen haben), Kai Taschner (debütierte 1977 in »Stunde Null« von Edgar Reitz, 1980 in der Serie »Tod eines Schülers« von Claus Peter Witt dabei), Kathrin Ackermann (auch ‚in echt‘ Mutter von Maria Furtwängler, Synchro von Katey Sagal als Peggy Bundy) und Marie-Luise Millowitsch (kennt man doch!).
Örtlichkeiten:
Eine Hans-Cornelius-Str. gibt es in Essen nicht, wohl aber in Gräfelfing bei München – der Zuschauer wird hier wieder einmal ordentlich genasführt, wie so häufig, wenn die Bavaria bei WDR-Produktionen mitmischt: Die Kirche St. Laurentius ist in Mintard nahe Essen-Kettwig beheimatet, wo nicht weit entfernt die Ruhrtalbrücke steht (s.a. »Treffpunkt Friedhof«), im Hintergrund zu sehen beim Spaziergang der Haferkamps in trauter Zweisamkeit entlang der Ruhr.
Reisebüro Kuhn – da nützt mir mein Essener Adreßbuch von 1977/78 rein gar nix, denn die Szenen im Laden wurden ja in Oberschleißheim b. München gedreht (lt. Wikipedia – wo sich auch weitere Ortsangaben finden – im Jahre 2000 abgerissen und durch einen MFH-Neubau ersetzt worden).
Fahrzeuge:
Volvo 245-Kombi – seinerzeit _das_ Lehrerauto schlechthin, Kadett C, Ford Transit MkII, Liebhaber von Nutzfahrzeugen kommen mit der Faun-Kehrmaschine AK 320HB auf ihre Kosten und für die Eisenbahnfreunde gab’s die E-Lok 112 502 (ehemals Rheingold-Express).
Einige davon mit gefakten Kennzeichen: die Kombination von Ortsangabe, gefolgt von zwei Buchstaben mit vier Ziffern gab es 1978 noch nicht, die kamen erst in den 90er Jahren auf.
Disko-Musik:
Sorry/Grace Jones 1976
So Much Love/Gloria Gaynor 1977
Intro zu Let’s Stick Together/Bryan Ferry & Roxy Music 1976
Mull Of Kintyre/Wings 1976
Trivia:
Die 500gr.-Dose Jacobs Krönung (auch Dröhnung genannt) kostete 6,25 DM
@Al.Ter
Gute Idee, danke für die Hinweise, parallel zu den Kategorien ( Bsp. https://tatort-fans.de/category/tatort-1970-1979/ ) habe ich es gerade überarbeitet. Siehe oben…