Kurz und knapp – darum geht’s
Im Berliner Tiergarten häufen sich mysteriöse Todesfälle unter Obdachlosen, nachdem eine erschlagene Frau im Park gefunden wurde. Hauptkommissar Walther (Volker Brandt) und sein Assistent Stettner (Helmut Gauss) verfolgen eine Spur, die sie zu Dr. Konrad Ansbach (Armin Mueller-Stahl) führt, einem Arzt, der ein neuartiges Serum gegen Leberzirrhose entwickelt hat. Als immer mehr Stadtstreicher unter rätselhaften Umständen sterben und bei einem Opfer ein Taschentuch mit den Initialen des Arztes gefunden wird, müssen die Ermittler beweisen, wer die Obdachlosen als „Freiwild“ für medizinische Experimente missbraucht hat.
Inhalt der Tatort-Folge „Freiwild“
Die Schatten der Nacht liegen über dem Berliner Tiergarten, wo die selbst ernannten „Berber“ bei lauer Sommernacht ihren Unterschlupf suchen. Die friedliche Atmosphäre wird jäh gestört, als Schwertfeger, Schröder und Nante eine erschlagene Frau im Park entdecken. Kurz darauf steht der fiebrig wirkende „Kutte“ Schwertfeger im Verhörraum des Präsidiums, wo Hauptkommissar Walther versucht, dem verwirrten Mann Informationen zu entlocken. Der Obdachlose wirkt, als stünde er unter Einfluss unbekannter Substanzen – eine Beobachtung, die später noch Bedeutung erlangen wird.
Das Schicksal nimmt seinen Lauf, als Schwertfeger nach der Vernehmung vor dem Präsidium zusammenbricht und von einem Auto überfahren wird. In seiner Villa blättert Dr. Konrad Ansbach beunruhigt in der Tageszeitung, die vom Tod des Obdachlosen berichtet. Der Wissenschaftler befindet sich in einem Zwiespalt zwischen seiner Forschung und dem Gewissen, während sein skrupelloser Bruder Gerd (Hans Peter Hallwachs) – Besitzer einer Apotheke – auf die baldige Rendite des vielversprechenden Serums drängt.
Für Kommissar Walther verdichten sich die Hinweise, als ein zweiter Obdachloser tot aufgefunden wird. Bei der Obduktion entdeckt die Gerichtsmedizin eine unbekannte Substanz im Blut beider Opfer – wie eine fremdartige Signatur eines skrupellosen Täters. Die Ermittlungen führen Walther und Stettner in eine Apotheke, deren Besitzer sich ahnungslos gibt und behauptet, kaum Kontakt zu Obdachlosen zu haben. Die Suche der Beamten gleicht dem Versuch, in der urbanen Wildnis Berlins einen unsichtbaren Jäger zu stellen.
Währenddessen experimentiert Dr. Ansbach im Selbstversuch mit seinem Serum, obwohl die bisherigen Tests an den Obdachlosen tödlich endeten. Die Spannung steigt, als ein weiterer obdachloser Patient des Arztes zusammenbricht und ins Krankenhaus eingeliefert wird. Bei der Wasserpolizei taucht eine neue Leiche auf – ein weiterer Stadtstreicher mit einem Taschentuch, dessen Initialen „K.A.“ direkt zu Konrad Ansbach führen. Als die Obdachlosen schließlich selbst den Zusammenhang erkennen und sich vor der Villa Ansbach versammeln, wo gerade eine Gartenparty stattfindet, stehen die Ermittler vor der entscheidenden Konfrontation mit einem Wissenschaftler, der die Grenzen der Moral für seinen Forschungsdrang überschritten hat.
Hinter den Kulissen
Der Tatort „Freiwild“ ist die 154. Folge der Krimireihe und der fünfte Fall für Hauptkommissar Walther, gespielt von Volker Brandt. Die vom Sender Freies Berlin (SFB) produzierte Folge wurde vom 25. Juli bis zum 29. August 1983 in West-Berlin gedreht. Die Erstausstrahlung am 5. Februar 1984 in der ARD erreichte beachtliche 20,9 Millionen Zuschauer, was einem Marktanteil von 53 Prozent entsprach – Zahlen, von denen heutige TV-Produktionen nur träumen können.
Eine besondere Bedeutung erhält „Freiwild“ als das letzte vollendete Werk des renommierten Regisseurs Wolfgang Staudte, der mit „Die Mörder sind unter uns“ einen der wichtigsten deutschen Nachkriegsfilme schuf. Die Besetzung reiht Schauspielgrößen aneinander: In der Rolle des zwiegespaltenen Dr. Konrad Ansbach brilliert Armin Mueller-Stahl, der kurz nach seiner Übersiedlung aus der DDR (1980) hier eine seiner ersten Westproduktionen drehte, bevor er später in Hollywood Karriere machte. An seiner Seite spielen Witta Pohl als seine Ehefrau Brigitte – kurz vor ihrem Durchbruch mit „Diese Drombuschs“ – und Hans Peter Hallwachs als sein skrupelloser Bruder Gerd.
Die Kritiker der Fernsehzeitschrift TV Spielfilm lobten zwar die starke Besetzung, bemängelten jedoch die fehlende Spannung und bezeichneten die Folge als „kein Highlight der Reihe“. Dennoch bleibt „Freiwild“ ein historisch interessantes Zeitdokument der 1980er Jahre, das das damals noch wenig beachtete Thema Obdachlosigkeit ins Rampenlicht rückte und mit der Frage nach der Ethik medizinischer Forschung einen Bezug zur deutschen NS-Vergangenheit herstellte. Nach der Ausstrahlung wurde besonders die realitätsnahe Darstellung der Obdachlosen diskutiert, von denen einige so authentisch wirkten, dass sich Zuschauer fragten, ob nicht echte Stadtstreicher für die Rollen engagiert worden waren.
Der Tatort mit der Nummer 154 aus Berlin. Hauptkommissar Walther ermittelt zusammen mit Kollege Stettner im absoluten Obdachlosenmilieu von West-Berlin. Eine Reihe von Todesfällen beschäftigen die beiden Mordermittler und tatsächlich, ein natürliches oder freiwilliges Ableben steckt nicht dahinter, aber auch die Täter kommen aus einer unterschiedlichen Gesellschaftsschicht und handeln a-synchron nebeneinander. Nicht uninteressanter Tatort-Spielfilm aus dem Jahr 1984, sechs Jahre vor der Wiedervereinigung gesendet. Das Thema von unerlaubten Medikamentenforschungen am lebenden Objekt und die Tötung aus niedrigen Beweggründen hat schon eine gewisse Spannung und ist sozial-kritisch aufnahmefähig herüber gekommen. Regisseur war der STAUDTE, Wolfgang.
war damals als Komparse dabei, wie kommt man an eine Kopie?
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Grashorn
Kein einziger Film des Ermittlerteams ist im Netz (Youtube) zu finden. Wie kommt man an solche Filme ran?
Toller Tatort! Es werden viel zu wenige aus den Siebzigern und Achtzigern wiederholt!
Dieser Tatort bietet viel, leider keine Klasse. Gute Geschichte, schlecht erzählt, gute Schauspieler, schlechte Schauspieler, eigenartige Kameraführung. Weder mit den Ermittlern noch mit den Protagonisten kann man so richtig warm werden. Und, dass man in einem Krimi auch Spannung aufbauen kann, hatte sich in dieser Runde wohl nicht herumgesprochen. Ich möchte gar nicht glauben, dass ein Wolfgang Staudte Regie führte. Schwamm drüber!
Ich sehe das alles anders. Ich habe den Tatort Freiwild gerade gesehen und wurde wiedermal sehr gut unterhalten. Habe ihn in den letzten Jahren öfters gesehen. Mag ihn immer wieder. Das Berlin der 80er Jahre ist interessant, ich mag Walther top. 5 Sterne