Kurz und knapp – darum geht’s

Eine heimliche Affäre zwischen dem Direktionsassistenten Dr. Rademacher und der verheirateten Chefsekretärin Brigitte Schwalb einer Hamburger Großmolkerei wird zum Verhängnis, als die beiden bei einem Schäferstündchen im Wald von zwei jungen Männern überrascht werden. Am nächsten Tag wird einer der Männer tot aufgefunden – erschossen in Rademachers Wagen, den dieser zuvor als gestohlen gemeldet hatte. Kommissar Paul Stoever ahnt schnell, dass das heimliche Liebespaar und der flüchtige Bundeswehrsoldat Gerd Enders mehr wissen, als sie zugeben wollen. Als Stoever dem Geheimnis des Paares auf die Spur kommt, nimmt der Fall eine unerwartete Wendung, die alle Beteiligten in Lebensgefahr bringt…

Inhalt der Tatort-Folge „Gelegenheit macht Liebe“

Regungslos liegt der Körper des jungen Holger Piwitt auf dem Rücksitz eines Autos, während der Morgentau sich wie ein feiner Schleier über die Waldlichtung legt. Die aufgehende Sonne taucht die Szenerie in ein unwirkliches Licht, als Kommissar Paul Stoever zum Tatort gerufen wird. Mit kritischem Blick und bedächtigen Schritten umkreist er den Wagen, aus dem die Spurensicherung bereits die ersten Beweise sichert. Sein Kollege, Kriminalhauptmeister Matthes, ein ebenso gewissenhafter wie unaufgeregter Ermittler, steht neben ihm und notiert akribisch jedes Detail.

Stoever, gerade erst in Hamburg zum Hauptkommissar befördert, möchte sich keine Blöße geben. Mit einer Mischung aus Hartnäckigkeit und trockenem Humor versucht er, die Wahrheit hinter der Fassade des gestohlenen Wagens zu ergründen. Seine Intuition, scharf wie ein frisch geschliffenes Messer, sagt ihm sofort, dass hier mehr im Spiel ist als ein einfacher Autodiebstahl mit tragischem Ausgang.

Der Wagen gehört Dr. Armin Rademacher, einem aufstrebenden Direktionsassistenten einer Großmolkerei, der seine berufliche Karriere wie ein Schachspieler plant – jeden Zug sorgfältig abwägend. Als Stoever ihn in den kühlen, von Neonlicht erhellten Büroräumen der Molkerei aufsucht, begegnet ihm ein Mann, dessen äußere Gelassenheit wie eine dünne Eisschicht wirkt, unter der das Wasser gefährlich brodelt.

„Ich kann Ihnen nicht mehr sagen, als ich bereits ausgesagt habe“, erklärt Rademacher mit starrer Miene, während seine Hände unter dem Schreibtisch nervös zucken. Die Luft im Büro ist schwer wie vor einem Gewitter. Nur wenige Meter entfernt sitzt Brigitte Schwalb, die Chefsekretärin des Hauses, deren Blick sich mit dem Rademachers kreuzt wie zwei elektrische Drähte, zwischen denen Funken sprühen.

Im Kontrast zur sterilen Atmosphäre der Molkerei steht das schummrige Halbdunkel der Kaserne, in der Stoever nach dem flüchtigen Soldaten Gerd Enders fahndet. Der junge Mann hatte eine Dienstwaffe entwendet – dieselbe Waffe, mit der Holger Piwitt erschossen wurde. Wie ein scheues Wild huscht Enders durch die nächtlichen Straßen Hamburgs, getrieben von einer Schuld, die schwerer wiegt als das Metall der gestohlenen Pistole.

Die Befragung der Zeugen gleicht einem Tanz auf dünnem Eis. Jeder Schritt könnte ins kalte Wasser führen, jede Frage die mühsam aufrechterhaltene Fassade des heimlichen Paares zum Einsturz bringen. Als ein Taxifahrer berichtet, er habe eine aufgelöste Frau in der Nähe des Tatorts aufgelesen, beginnt das Kartenhaus der Lügen langsam zu bröckeln.

Mit der Geduld eines Anglers, der weiß, dass die größten Fische erst beißen, wenn die Dämmerung hereinbricht, kreist Stoever um die Wahrheit. In der tristen Vorstadtwohnung der Schwalbs spürt er die Spannungen, die wie unsichtbare Fäden zwischen den Eheleuten hängen. Werner Schwalb, ein Mann, dessen Alkoholfahne seine Eifersucht noch bedrohlicher macht, ahnt längst, dass seine Frau ein Doppelleben führt.

Während die Ermittlungen voranschreiten, verdichten sich die Schatten um das heimliche Liebespaar. Die Wahrheit scheint zum Greifen nah und doch unfassbar wie Nebel über der Elbe. Als Stoever endlich das letzte Puzzlestück findet, entwickelt sich eine dramatische Verfolgungsjagd, die auf einer Baustelle ihren tragischen Höhepunkt findet…

Hinter den Kulissen

Der Tatort „Gelegenheit macht Liebe“ ist die 160. Folge der beliebten Krimireihe und zugleich der zweite Fall des Hamburger Kommissars Paul Stoever, gespielt von Manfred Krug. In dieser frühen Phase seiner Tatort-Karriere ermittelt Krug noch an der Seite von Rainer Goernemann als Kriminalhauptmeister Matthes – erst später sollte ihm Charles Brauer als Partner zur Seite stehen, mit dem er in späteren Folgen sogar gemeinsame Gesangseinlagen zum Besten gab.

Die Dreharbeiten fanden an verschiedenen Originalschauplätzen in und um Hamburg statt. Die Kasernenszenen entstanden in der Graf-Goltz-Kaserne in Hamburg-Rahlstedt, während die Büro- und Außenszenen bei der Milchzentrale Bornhöved-Leezen e.G. in Leezen gedreht wurden. Für die Kantinenszenen diente die Molkerei Sievershütten als Kulisse. Die Hamburger Stadtkulisse mit ihren charakteristischen Häfen, Kanälen und grauen Industriebauten bildet einen atmosphärischen Hintergrund für diesen frühen Stoever-Fall.

In den Gastrollen überzeugen namhafte Schauspieler wie Günther Maria Halmer in der Rolle des Dr. Rademacher, der den zerrissenen Molkereimanager mit der für ihn typischen Intensität verkörpert.

Bei seiner Erstausstrahlung am 19. August 1984 verfolgten 14,95 Millionen Zuschauer die spannende Krimihandlung, was einem Marktanteil von beachtlichen 41,00 Prozent entsprach. Damit gehört „Gelegenheit macht Liebe“ zu den meistgesehenen Tatort-Episoden der 1980er Jahre.

Der Film stammt aus einer Zeit, als Manfred Krug gerade erst seine Rolle als Hamburger Ermittler übernahm und sich noch vor der Entwicklung des später legendären Duos Stoever und Brockmöller befand – ein interessantes Zeitdokument für Tatort-Fans, die die Anfänge dieser besonderen Ermittler-Ära erleben möchten.

Besetzung

Hauptkommissar Paul Stoever – Manfred Krug
Kriminalhauptmeister Matthes – Rainer Goernemann
Gerd Enders – Uwe Bohm
Brigitte Schwalb – Claudia Rieschel
Direktor Seelschopp – Günther Gellermann
Holger Piwitt – Waldemar Wichlinski
Dr. Rademacher – Günther Maria Halmer
Werner Schwalb – Gernot Endemann
u.a.

Stab

Drehbuch – Peter Hemmer
Regie – Pete Ariel
Produktionsleitung – Jürgen Böttcher
Aufnahmeleitung – Gerald Goetze
Redaktion – Dieter Meichsner
Regieassistenz – Michael Zimmer
Kamera – Eckhard Dorn
Schnitt – Anja Cox
Musik – Eberhard Weber
Kostüme – Hans Joachim Kühl
Maske – Helga Wittig
Ton – Jochen Engelberg

Bilder: WDR/Gita Mundry