Kurz und knapp – darum geht’s
Eine verschwundene Frau, ein Ehemann mit gespielter Unschuld: In Berlin wird Bankangestellter Ulrich Wilpert zum rätselhaften Gegenspieler von Kommissar Walther. Als die Leiche der Frau in einer Tiefgarage auftaucht, beginnt ein nervenaufreibendes Duell zwischen Ermittler und Verdächtigem. Doch je tiefer Walther in Wilperts labyrinthisches Lügengeflecht vordringt, desto mehr verliert er den Boden unter den Füßen. Als er den Tathergang rekonstruieren will, zieht der scheinbar harmlose Wilpert die Fäßen – und der Kommissar stürzt in einen tödlichen Kontrollverlust …
Inhalt der Tatort-Folge „Ordnung ist das halbe Sterben“
Graue Nebelschwaden hängen über der Stadtautobahn, als Ulrich Wilpert im Stau steckt – ein Mann, dessen Leben so akkurat wirkt wie der Scheitel in seinem Haar. Doch dann: ein Schock. Hinter dem beschlagenen Fenster eines Hochhauses erkennt er seine vermisste Frau, halbnackt, regungslos. Sekunden später ist sie verschwunden, zurück bleibt nur das Rattern seines Kadett-Motors. „*Sie lebt*“, flüstert er ins Funkgerät, doch Kommissar Walther, ein kantiger Pragmatiker mit misstrauischem Blick, hört nur das Knirschen alter Wunden. Sein letzter Fall soll perfekt werden – doch Perfektion ist hier ein Fremdwort.
Die Tiefgarage, in der Irene Wilperts Leiche liegt, riecht nach Frostschutzmittel und versteinertem Blut. Walthers Assistent Hassert, ein Mann mit der Geduld eines Archivars, findet Spuren, die nicht ins Bild passen: ein gereinigter Handtaschenfundort, ein Fotoalbum mit ausgerissenen Seiten. „Ordnung ist das halbe Sterben“, murmelt Wilpert, während er den Frühstückstisch für zwei deckt – eine Geste, die Walther frösteln lässt. Der Kommissar, getrieben von der Angst, seinen Abschiedsfall zu vermasseln, durchwühlt Wilperts Leben wie einen Altpapiercontainer: Bankunterlagen, verstaubte Ehefotos, ein Fernsehprogramm ohne Erinnerungswert.
Doch Wilpert, gespielt von Ernst Jacobi mit der Undurchdringlichkeit eines Schachcomputers, bleibt ihm immer einen Zug voraus. Er durchstreift Berlin wie ein Geist – mal schneidert er in seiner Bank, mal starrt er Fräulein Gronaus leere Wohnung an, deren Wände noch den metallischen Beigeschmack von Blut atmen. „Sie hat gelogen“, sagt er zu Walther, während Regen an die Scheiben des Verhörzimmers trommelt. „Aber ich auch.“ Die Ermittlung gleicht einem Tanz auf schmelzendem Eis: Jede Spur führt zurück zum Ausgangspunkt, jeder Alibifetzen zerfällt zu Staub.
Als Walther schließlich die Wohnung der mysteriösen Gronau stürmt, findet er kein Geständnis, sondern eine Bühne: Weinflaschen, unberührte Gläser, eine Spielzeugpistole. Wilpert lacht – ein Geräusch, das nach rostigen Scharnieren klingt. „Checkmate, Herr Kommissar?“, flüstert er, bevor ein Schuss die Nacht zerschneidet …
Hinter den Kulissen
„Ordnung ist das halbe Sterben“ (Arbeitstitel: „Der Verdacht“) markierte 1985 das Ende von Volker Brandts langjähriger Rolle als Kommissar Walther. Gedreht wurde der Film im Sommer 1983 im Schatten der Berliner Mauer – Szenen in der Tiefgarage entstanden in einer stillgelegten Fabrikhalle in Neukölln, während die ikonische Stadtautobahn-Sequenz unter realem Stauleiden der Crew litt. Ernst Jacobi, bekannt aus Rainer Werner Fassbinders Filmen, verlieh dem zwiespältigen Wilpert eine beklemmende Aura, die Kritiker polarisierte: „*Ein Meisterwerk der subtilen Psychose*“, lobte der Spiegel, während die FAZ den „*hanebüchenen Plot*“ als „*Abgesang auf den Realismus*“ verriss.
Die Erstausstrahlung am 6. Januar 1985 lockte 14,22 Millionen Zuschauer vor die Bildschirme (Marktanteil: 38 %). Trivia-Fans rätseln bis heute über den Titel – eine Anspielung auf Goethes „Ordnung ist das halbe Leben“ oder bloßes Drehbuch-Dada? Regisseur Wolfgang Staudte, Pionier des Nachkriegskinos, soll die Schlussszene mit der Spielzeugpistole erst am Set erfunden haben, nachdem die Originalwaffe als „zu brutal“ beanstandet wurde. Ein Requisit, das zum Menetekel wurde: Brandt verabschiedete sich kurz darauf aus der Reihe – und Walthers schwankende Autorität blieb sein ungeplantes Vermächtnis.
Darsteller:
Ulrich Faulhaber · Ernst Jacobi · Christel Merian · Max Buchsbaum · H. H. Müller · Stefan Staudinger · Sabine Strobel · Eberhard Prüter · Siegfried Grönig · Gerhard Konzack · Dorothea Moritz · Manfred Günther · Patrick Winczewski · Peter Kock · Michael Wolframm · Hans Nitschke · Raimung Kusserow
Stab
Regie: Wolfgang Tumler
Buch: Detlef Michel
Kamera: Gerard Vandenberg
Schnitt: Friederike Badekow
Musik: Christian Kunert
Produktion: SFB
Der Tatort Nummer 165, welcher bis dato gänzlich ohne Meinung ist. Ich kann mir auch denken warum. Bisherige Zuschauer sind alle bei dieser geistigen Auseinandersetzung zwischen Exekutive und Fugger eingeschlafen und auch die grauenhafte Filmmusik, welche mich stark an Wienes Caligari erinnerte, konnte daran nichts ändern. Erst das vorlaute Mundwerk der Killerin, im Nebenberuf Hausfrau, Wagenpflegerin und Erpresserin, konnte diese „was weiß ich“ Story zu Ende bringen. Fast, da war ja noch das phänomenale Schluss-Shooting des Geldzählers, der die beiden Profis der Berliner Mordkommission in die Tiefgarage lockte. Der wäre nach Ende des Falles lieber wieder in seine Bank gegangen und hätte nicht die enttäuschte Jungfer spielen sollen. Wahrscheinlich war die Olle durch diesen Geldkrämer auch noch gut versichert. Ja, Ja. Wer hat der hat und wer will nicht, der will nicht.
Einmal rastet Kommissar Walther aus, da hab ich mich ja gerade erschreckt. Das Verhör zwischen Walther und dem Wilpert ist spannend. Es ist sehr interessant zu sehen wie der Wilpert reagiert. Die Musik gefällt mir hier einfach ausgezeichnet. Nackte Frau gibts auch zu sehen. Super Tatort. 4,6 Sterne
Diese Folge der älteren Berlin-Folgen hat der rbb scheinbar nicht restauriert. Sie ist bisher (dieses Jahr) nicht gelaufen. Schade.
Weiß jemand, warum ausgerechnet diese Folge nicht dazu gehörte?
Wenn man wissen möchte wie das Leben in den achtziger Jahren war schaut man sich Tatort an. Lebensstil, Kleidung und Autos. Und so sind halt auch die Tatort-Fälle nicht so schnelllebig wie heute.
10 Minuten vor Ende nimmt dieser Tatort Fahrt auf und überrascht den Zuschauer mit einer unvorhersehbaren Wende.
Eben Unterhaltungsfernsehen von 1985.
Psychedelisch angehaucht, eigenartige Schlußszene.