Kurz und knapp – darum geht’s
Eine schwer verletzte Frau wird in einem Waldstück bei Kiel gefunden und stirbt kurz darauf im Krankenhaus – ein Mordfall für den Kieler Kommissar Herbert Geerke. Als nur einen Tag später auch im Hamburger Kohlehafen die Leiche eines Schiffsmaschinisten entdeckt wird, übernimmt Kriminalhauptkommissar Paul Stoever die Ermittlungen. Immer deutlicher zeichnet sich ein Zusammenhang zwischen beiden Todesfällen ab, wobei der Verlobte der ermordeten Frau, Werner Rentrop, auffällig oft am Tatort auftaucht. Als die Kommissare dem wahren Täter auf die Spur kommen, beginnt ein verzweifelter Wettlauf gegen die Zeit, denn Rentrop hat sich bewaffnet und ist zu allem entschlossen…
Inhalt der Tatort-Folge „Irren ist tödlich“
Nebel wabert zwischen den Bäumen eines schleswig-holsteinischen Waldstücks bei Kiel, als eine junge Frau schwer verletzt aufgefunden wird. Der Tatort ist still, nur das Rascheln der herbstlichen Blätter und das ferne Heulen eines Krankenwagens durchbrechen die unheimliche Stille. Kommissar Geerke steht mit hochgeschlagenem Mantelkragen im feuchten Morgengrauen – ein Routinefall, denkt er noch, während er sich Notizen macht.
Doch die junge Frau verstirbt im Krankenhaus. Zuvor flüstert sie ihrem Verlobten Werner Rentrop noch etwas zu, woraufhin dieser sich sofort auf den Weg zum Kieler Hafen macht und nach einem Schiff namens „Baltic“ fragt. Die Spur führt nach Hamburg, und Geerke kontaktiert seinen Kollegen Paul Stoever – ein Mann, dessen hagere Gestalt und markantes Gesicht nicht nur Respekt einflößen, sondern auch eine gewisse Weltmüdigkeit ausstrahlen.
Stoever kämpft mit seinen eigenen Dämonen. Seine Einsamkeit spiegelt sich in den dunklen Hafenbecken Hamburgs wider, wo er die Leiche des Maschinisten Kurbjuweit des Küstenmotorschiffs „Baltic“ begutachtet. Der Alkoholgehalt im Blut des Toten ist hoch – ein Unfall? Stoever glaubt nicht daran, als sein Kieler Kollege mit seiner Theorie anreist: „Der Kieler Täter war an Bord dieses Schiffes“, behauptet Geerke mit Nachdruck.
Wie ein Geist taucht Werner Rentrop immer wieder an Orten auf, an denen die Ermittlung voranschreitet. Im flackernden Licht einer Hafenkneipe konfrontieren die Kommissare ihn und warnen vor Selbstjustiz. Doch Rentrops Gesicht verrät seinen Schmerz und seine Entschlossenheit – er hat bereits eine Waffe besorgt. Die Atmosphäre im Hamburger Hafen ist gespannt wie ein Seil, das kurz vor dem Reißen steht. Rostige Kräne ragen wie stumme Wächter in den grauen Himmel, während das Wasser träge gegen die Kaimauern schwappt.
Die Ermittlungen gleichen einem Puzzle, dessen Teile nur langsam zusammenfinden. Die Alibis der Besatzungsmitglieder der „Baltic“ werden überprüft, und ein Name kristallisiert sich heraus: Benno Krötz – ein Mann mit Vorstrafen wegen Gewaltdelikten. Die Befragungen intensivieren sich, und als Stoever und Geerke an Bord des Schiffes Krötz so in die Enge treiben, dass er den Überfall auf die Frau gesteht, nimmt das Drama seinen Lauf.
Unbemerkt hat Rentrop alles mitgehört, verborgen im Schatten des Decks. Als die Wahrheit ans Licht kommt, überschlagen sich die Ereignisse. Das metallische Klicken einer Waffe, ein Schuss hallt über das Wasser – Krötz wird an der Schulter getroffen. In dem Chaos, das folgt, zieht auch Stoever seine Dienstwaffe, und in einer tragischen Wendung trifft er ausgerechnet Rentrop tödlich. Die Ironie dieser Situation lastet schwer auf dem erfahrenen Kommissar – er wollte Leben schützen und wurde doch zum ungewollten Henker.
Hinter den Kulissen
Der Tatort „Irren ist tödlich“ ist der dritte Fall des Hamburger Kommissars Paul Stoever, dargestellt vom charismatischen Manfred Krug, der zu diesem Zeitpunkt noch ohne seinen späteren Stamm-Kollegen Brockmöller ermittelt. An seiner Seite agiert der Kieler Kommissar Herbert Geerke, gespielt von Horst Michael Neutze, dem Bruder des legendären Fernsehstars Hanns Lothar (Neutze), der in den 50er und 60er-Jahren in Deutschland große Popularität genoss.
Die Produktion des Norddeutschen Rundfunks wurde unter der Regie von Wolfgang Storch realisiert. Die Dreharbeiten fanden vom 19. September bis zum 27. Oktober 1984 in Schleswig-Holstein, Hamburg und Umgebung statt. Die atmosphärischen Hafenszenen entstanden im authentischen Milieu des Hamburger Kohlehafens, was dem Film seine charakteristische norddeutsche Prägung verleiht.
Die Erstausstrahlung am 14. April 1985 im Ersten erreichte beachtliche 15,35 Millionen Zuschauer, was einem Marktanteil von 44,00 Prozent entsprach – ein Beweis für die große Beliebtheit der noch jungen Stoever-Reihe, die später zu einem festen Pfeiler des Hamburger Tatorts werden sollte.
Nach der Ausstrahlung wurde besonders die schauspielerische Leistung von Manfred Krug gelobt, der seinem Kommissar Stoever eine unverwechselbare Mischung aus Härte und Verletzlichkeit verlieh. Die tragische Wendung am Ende der Folge sorgte unter den Zuschauern für intensive Diskussionen über die moralischen Grenzen polizeilicher Arbeit und die psychologischen Folgen für Ermittler, die in Extremsituationen Entscheidungen über Leben und Tod treffen müssen.
Besetzung
Horst Michael Neutze – Kommissar Herbert Geerke
Rolf Pulch – Hauptmeister Bernd Sievers
Herbert Trattnigg – Werner Rentrop
Rainer Schmitt – Benno Krötz
Karl-Heinz Walther – Kapitän Lübbers
Wolfram Weniger – Eddi Groth
Michael Roll – Ole Gutzeit
Jeff van Unen – Erwin Kurbjuweit
Birgit Anders – Elvira Thiele
Angela Stresemann – Kellnerin Karla
Stab
Regie – Wolfgang Storch
Produktion – NDR
Der Tatort Nummer 168 aus Hamburg mit Beteiligung der Kriminalpolizei Kiel. Zwei Hauptkommissare ermitteln in zwei Tötungsfällen aus unterschiedlichen Regionalbereichen. Hauptkommissar Stoever und Hauptkommissar Geerke. Nicht gerade ein sehr spannungsgeladener, eher ein gediegener Tatort-Fernsehfilm, aber dennoch sehenswert und mit einprägender Kulisse und der Startpunkt für die zukünftige Karriere des Hauptkommissars Stoever von der Hamburger Mordkommission. Eine gute schauspielerische Besetzung und Regie führte der Storch.
Kleine Korrektur: Nicht die Leiche der Frau wird gefunden, sondern ein Spaziergänger mit Hund hört ihre Schreie und sie wird schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert. Dort schafft sie es noch, ihrem Freund ein paar entscheidende Hinweise ins Ohr zu flüstern, bevor sie verstirbt. Deswegen hat er zu Anfang auch immer einen Vorsprung vor Stoever. Die Tatgeschichte hinkt in der Art und Weise, dass die Frau sogar noch kurz Kontakt mit Hund und Spaziergänger hat. Nur kurze Zeit später fällt der Begleiter über sie her, obwohl er eigentlich wissen müsste, dass noch Zeugen in der Nähe sind. Der spannenden Verfolgung des Schiffes tut das aber keinen Abbruch.
Und: Ich bin ein riesiger Fan von Manfred Krug. Mir hat aber seine ernsthaftere Darstellung des Stoever in der Zeit dieser Folge besser gefallen als in den späten 90ern, wo man das Gefühl hatte, der Herr Kommissar schwebt über den Dingen und nimmt eigentlich gar nichts mehr ernst.
So wie mein Account schon verrät, bin auch ich ein großer Stoever-Fan und mir gefielen alle 41 Folgen richtig super.
„Irren ist tödlich“ war nicht der Startpunkt für Stoever
Den erlebte er schon ein Jahr zuvor mit „Haie vor Helgoland“, wo er gemeinsam mit Edgar Bessen (bekannt aus SCHWARZ ROT GOLD und dem Hamburger Ohnsorg-Theater) in der Freien und Hansestadt, sowie im niedersächsischen Landkreis Cuxhaven ermittelte.
Hilfe bekam er in dieser Folge auch von Ferdinand Dux, der als Kriminalhauptkommissar a. D. Lothar Mühlenkamp ein einmaliges Gastspiel als TATORT-Ermittler gab