Kurz und knapp – darum geht’s
In Saarbrücken erschüttert eine heftige Detonation die Nacht: Ein französischer Geheimdienstoberst wird durch eine Bombe in seinem Hotelzimmer getötet, nachdem er eine mysteriöse Botschaft mit nur einem Wort erhalten hatte: „Camerone“. Kurz darauf stirbt ein ehemaliger Fremdenlegionär auf dieselbe Weise, und Kommissar Max Palu erkennt, dass beide Fälle mit einem dreißig Jahre alten Verbrechen in Lothringen zusammenhängen müssen. Als Palu zu tief in die Welt der ehemaligen Elitesoldaten eindringt und einem gefährlichen Geheimnis auf die Spur kommt, gerät plötzlich seine Lebensgefährtin Jeannette in große Gefahr…
Inhalt der Tatort-Folge „Camerone“
Müde sieht Kommissar Max Palu dem nasskalten Saarbrücker Morgen entgegen. Er hat schlecht geschlafen, und die Bemerkungen seiner Freundin Jeannette über sein Gewicht nagen an ihm. Die Sorge um seinen alten Schulfreund Marcel, nach dem die französische Polizei fahndet, macht die Sache nicht besser. Das grelle Klingeln des Telefons reißt ihn aus seinen Gedanken – ein Fall, ein Toter, ein Hotelzimmer.
Im schummrigen Licht des eleganten Hotels steht Palu vor den Überresten einer präzise gebauten Bombe. Die Wände sind rußgeschwärzt, Glassplitter bedecken den Boden wie gefrorener Regen. Das Opfer: Colonel Paul Gavron, ein französischer Geheimdienstler im Ruhestand, der als Sicherheitsberater für drei Präsidenten gearbeitet hatte. Bei ihm finden sich vier unterschiedliche Pässe und ein Zettel mit dem rätselhaften Wort „Camerone“. Die französische Ermittlerin Solange Vauguel, die zur Unterstützung nach Saarbrücken gekommen ist, wirft Palu bewundernde Blicke zu – sie scheint seinen Bauchansatz nicht als Makel zu sehen.
„Der Colonel hat nach jemandem gesucht“, erklärt der Hotelier mit nervöser Stimme und fährt sich durch die schweißnassen Haare. „Er hat ständig telefoniert, war sehr angespannt.“ Palu nickt nachdenklich. Die Bombe war Profiarbeit, militärische Präzision in ihrer tödlichsten Form.
Die Ermittlungen führen Palu in ein Labyrinth aus alten Loyalitäten und längst vergessenen Verbrechen. Als ein zweiter Toter durch eine baugleiche Bombe getötet wird – der ehemalige Fremdenlegionär Lothar Nachtweih – beginnt sich das Puzzle langsam zusammenzusetzen. Die grauen Betonwände der verlassenen Fabrik, in der Nachtweih gefunden wird, reflektieren das grelle Blaulicht der Polizeiwagen wie ein makabres Lichtspiel.
Palu besucht Nachtweihs Witwe Renate in ihrem kleinen Reihenhaus, wo der Geruch von kaltem Zigarettenrauch in den Vorhängen hängt. Keine Tränen, nur eine seltsame Distanz in ihren Augen. „Die Legionäre haben ihre eigenen Gesetze“, sagt sie tonlos, während der Regen gegen die Fensterscheiben trommelt.
Durch seine Kollegin Vauguel erfährt Palu von einem Überfall auf eine französische Garnison im lothringischen Bitsch vor dreißig Jahren. Gavrons Bruder wurde damals getötet, die Garnisonskasse geraubt. Die Täter waren nie gefasst worden. Hatte Gavron nach all den Jahren eine Spur aufgenommen?
„Camerone“ – dieses einzelne Wort führt Palu tiefer in die Geheimnisse der Fremdenlegion. Ein Mythos, ein Ehrenkodex, ein Symbol für einen Kampf bis zum letzten Mann. Die Ermittlungen in dem dreißig Jahre alten Fall gleichen einem Marsch durch ein Minenfeld – jeder Schritt könnte tödlich sein.
Die Fahndung nach den Verantwortlichen gestaltet sich wie die Suche nach Schatten in der Dunkelheit. In einem Moment steht Palu noch im tristen Büro der Mordkommission, umgeben vom Klackern der Schreibmaschinen und dem Geruch nach abgestandenem Kaffee, im nächsten ist er einer Spur auf der anderen Seite der Grenze gefolgt, wo die Vergangenheit noch immer so präsent ist wie der Morgennebel über den lothringischen Wäldern.
Als seine Lebensgefährtin Jeannette plötzlich verschwindet, wird der Fall für Palu persönlich. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, in dem sich der Kommissar zwischen dienstlichen Pflichten und persönlicher Sorge zerrieben fühlt. In der Welt der Fremdenlegion stoßen Palus übliche Ermittlungsmethoden an ihre Grenzen – hier gelten andere Regeln, hier zählt ein Ehrenkodex mehr als jedes Gesetz. Und mit jedem Schritt, den Palu tiefer in dieses gefährliche Terrain vordringt, wächst die Gefahr für ihn und alle, die ihm nahestehen…
Hinter den Kulissen
Der Tatort „Camerone“ ist der fünfte Fall mit Kommissar Max Palu (Jochen Senf) und der elfte vom Saarländischen Rundfunk produzierte Tatort. Die Dreharbeiten fanden zwischen März und April 1987 in Saarbrücken und Umgebung sowie in Lothringen statt. Besonders die historischen Schauplätze in Frankreich verliehen dem Film eine authentische Atmosphäre.
In diesem Tatort brilliert der US-Schauspieler Robert Vaughn – bekannt aus der Kultserie „Solo für O.N.C.E.L.“ – in einer Gastrolle als der geheimnisvolle Colonel Paul Gavron. Auch der Entertainer Hugo Egon Balder ist in einer kleinen Nebenrolle als Radioreporter zu sehen. Neben Jochen Senf als Max Palu überzeugt Petra Gorr als französische Ermittlerin Solange Vauguel.
Unter der Regie des Filmkritikers Hans-Christoph Blumenberg entstand ein atmosphärischer Krimi, der von der Kritik für seine komplexe Geschichte gelobt, aber auch für seine teils schwer verständliche Handlung kritisiert wurde. Besonders die Verbindung von Palus privaten Problemen mit der politisch aufgeladenen Haupthandlung sorgte für Diskussionen.
Bei der Erstausstrahlung am 16. Februar 1992 um 20:15 Uhr im Ersten verfolgten 12,24 Millionen Zuschauer die Ermittlungen von Kommissar Palu, was einer Einschaltquote von beeindruckenden 36,30 % entsprach. Nach der Ausstrahlung kursierten zahlreiche Diskussionen über die historischen Hintergründe der Fremdenlegion und den tatsächlichen Kampf von Camerone in Mexiko, der bis heute in der Fremdenlegion als Symbol für Tapferkeit und Pflichtbewusstsein gilt.
Besetzung
Kriminalhauptkommissar Max Palu – Jochen Senf
Solange Vauguel – Petra Gorr
Klaus Schröder – Arno Jos Graf
Richard Kessel – Hans-Peter Hallwachs
Bruno Walz – Günter Bothur
Jeannette – Nina Hoger
Marcel Drechsler – Tilo Prückner
Sylvie – Brigitte Janner
Klausjürgen Becker – Hugo Egon Balder
Renate Nachtweih – Edda Leesch
Jutta – Barbara Krabbe
Kowalski – Leo Bardischewski
Stab
Regie – Hans-Christoph Blumenberg
Drehbuch – Hans-Christoph Blumenberg
Kamera – Klaus Peter Weber
Musik – Jürgen Wolter
Produktion – SR
Camerone ist für die Französische Fremdenlegion der höchste militärische Ehrentag. Tolle Sache, welchen Bezug der Saarbrücker Tatort immer wieder zu den französischen Nachbar herstellte.
Der Tatort Nummer 254. Der spielt eindeutig im militärischen Feld und zeigt die Abrechnung zwischen französischen Heeresangehörigen und Mitgliedern der französischen Fremdenlegion auf sowie persönliche Abrechnung, Betrug, Verrat und Mord unter ehemaligen Fremdenlegionären auf. Es geht um Geld, viel Geld und um vier Schlüssel, Schlüssel zur Macht. Macht macht nichts, dieses gilt hier nicht und einig wird man sich untereinander eh nicht. Und das alles in und um Saarbrücken herum, da wo Hauptkommissar Palu das Sagen hat. Hätten die das gewußt. Der Rennradfahrer P. zeigt denen, wo es lang geht, setzt alle seine Helfershelfer ein und rettet auch noch seine jugendlich wirkende Geliebte aus den Fängen der Ex-Legionäre. Ja besser geht es gar nicht. Grandios. Und nebenbei wird der Lokalreporter in der SM-Szene auch noch geoutet. Paßt alles ins Schema, auch 30 Jahre nach der Tat. Dieser Tatort-Thriller war sehenswert, ist sehenswert, bleibt sehenswert. Ungeklärt bleibt bis heute: Waren das neue France oder alte ?
When Palu jumps on his bike to face the bad guys, his theme (is he the only Kommissar with his own theme?) sounds like John Barry’s score for James Bond. A great little detail.
Es war für mich einer der besten Tatortfälle überhaupt. Palü spielt wieder einmal einen Kommisar aus Saarbrücken, der die französische Lebensart über alles liebt und extrem gute Kenntnisse über die jüngere französische Geschichte hat.
Er ist als Saarländer zwischen Deutschland und Frankreich hin und hergerissen und spielt diese Rolle exzellent.
Ich hab eine Frage:
Weiß jemand wie der chanson im Hintergrund heisst wenn Palu und
Jeanette zusammen im Wohnzimmer sitzen und Wein trinken, kurz darauf fährt Palu nach Metz. Wenn es jemand weiß, schreibt mir doch bitte. Danke schon mal im Voraus
Falk
@Falk Roth
Das Lied heißt „Kilimandjaro“ von Pascal Danel (ganz easy herausgefunden mit Sound Hound)
An den Palu-Tatorten nervt mich total, dass immer alle Frauen auf Palu abfahren und seine (junge, hübsche) Freudin auch noch eifersüchtig auf andere Frauen ist, weil die Palu ja alle so toll finden. Ich weiß nicht, ob das Satire sein soll!?!? Palu ist für mich einer der unattraktivsten Männer, die ich kenne.
@Nelly:
Ja, das verstehe ich auch nicht. Er hatte ja eher das Aussehen eines Clowns.
Die Palu-TO’s fand ich damals (bei Erst-Ausstrahlung) von ihrer Machart her nicht schlecht, weil sie etwas ‚anders‘ waren. Heute schau ich sie mir nicht mehr an … ;-)
Abgesehen davon, dass es nervt, dass alle Frauen auf Palu abfahren, finde ich die meisten Palu-Tatorte eigentlich ganz gut. Und er ist ja auch nicht unsympathisch, aber er ist ein dicker Teddybär, auf sowas stehen doch nicht ALLE Frauen :-)))
@Nelly: besser spät als nie: TAusend Dank für die Hilfe!!!!!!!