Tatort Folge 295: Die Frau an der Straße

Kurz und knapp – darum geht’s

Eine regnerische Nacht in Düsseldorf: Hauptkommissar Flemming nimmt eine hilfesuchende Frau im Auto mit, die behauptet, aus einer Privatklinik geflohen zu sein, wo sie mit Psychopharmaka vollgepumpt wurde. Als Flemming Tage später von ihr erfährt, dass ein Patient in derselben Klinik in Lebensgefahr schwebt, tut er ihre Warnungen zunächst als Wahnvorstellungen ab – nur um kurz darauf zu erfahren, dass der Mann tatsächlich gestorben ist. Als Flemming die verzweifelte Frau bei sich aufnimmt, um sie zu schützen, ahnt er nicht, dass er damit nicht nur seine Karriere aufs Spiel setzt, sondern dass in seiner eigenen Wohnung der nächste Mord geschehen wird…

Inhalt der Tatort-Folge „Die Frau an der Straße“

Regentropfen prasseln auf die Windschutzscheibe, als Hauptkommissar Bernd Flemming durch die Düsseldorfer Nacht fährt. Der Scheibenwischer kämpft gegen die Wassermassen an – ebenso wie die einsame Frauengestalt am Straßenrand gegen den Wind ankämpft. Ein kurzer Moment des Zögerns, dann hält er an. Die blonde Frau, die sich als Alice Rains vorstellt, steigt ein, durchnässt und sichtlich aufgewühlt. Sie habe Streit mit ihrem Mann gehabt, sei einfach aus dem Auto gestiegen, erklärt sie mit nervöser Stimme.

Flemming, der prinzipientreue Kommissar mit dem weichen Kern, ahnt noch nicht, dass diese Begegnung sein Leben verändern wird. Ohnehin schlägt er sich mit der Nachricht herum, dass sein junger Kollege Max Ballauf den Dienst quittieren und nach Kanada auswandern will – ein weiterer Riss im Gefüge seines gewohnten Alltags. Als sie an einer Polizeisperre angehalten werden, erfährt Flemming, dass eine psychisch kranke Patientin aus der renommierten Privatklinik von Professor Dernheim verschwunden ist. Die Blicke zwischen ihm und seiner Mitfahrerin sprechen Bände – sie ist diese Patientin.

In Flemmings Wohnung, die wie ein sicherer Hafen inmitten des Unwetters wirkt, gesteht Alice, dass sie nach einer Fehlgeburt in der Klinik nur ruhiggestellt wurde, anstatt Hilfe zu erhalten. Ihre Worte klingen rational, ihre Augen sind klar – nichts an ihr wirkt verwirrt oder psychotisch. Dennoch verständigt Flemming heimlich ihren Mann, der prompt mit Dr. Dernheim anrückt, um Alice zurück in die Klinik zu bringen. Eine Szene, die Flemming nicht loslässt, wie ein Splitter unter der Haut.

Tage später sucht er Alice in der Klinik auf, wo auch Jan van Eyck, der junge Anwalt aus der Kanzlei ihres Mannes, nach einem mysteriösen Autounfall in Spanien behandelt wird. Bei Nacht empfängt er einen verzweifelten Anruf von Alice – jemand habe versucht, van Eyck zu töten, indem er dessen Beatmungsschlauch abgezogen habe. Die Leitung wird unterbrochen, die Worte hängen unvollendet in der Luft wie der abgeschnittene Atemschlauch. Als Flemming zur Klinik eilt, versichert ihm Dr. Dernheim, Alice leide unter Wahnvorstellungen. Der Arzt führt ihn zu van Eyck, der friedlich zu schlafen scheint – eine trügerische Ruhe vor dem Sturm.

Als Flemming die Todesnachricht von van Eyck erhält, beginnt sein Misstrauen zu wachsen wie Unkraut im Frühjahr. Seine Ermittlungen gleichen einem Labyrinth, in dem jeder neue Gang nur zu weiteren Sackgassen führt. Gegen alle Widerstände holt er Alice aus der Klinik – ein fataler Fehler, wie sich herausstellt. Denn als seine Kollegin Miriam Koch am nächsten Tag seine Wohnung betritt, findet sie Alice tot auf, erschossen mit Flemmings eigener Dienstwaffe.

Die Suspendierung Flemmings gleicht einem Fallbeil, das unaufhaltsam niedergeht. Währenddessen trifft Koch zufällig auf Ballauf, dessen Kanada-Pläne eben gescheitert sind. In einer Welt, die aus den Fugen geraten zu sein scheint, schließen sie sich zusammen. Ballauf wird zum trojanischen Pferd, nimmt undercover eine Stelle in Dernheims Klinik an, wo hinter der makellosen Fassade ein System aus Betrug und Abhängigkeit lauert.

Wie Puzzleteile, die langsam ein Bild ergeben, fügen sich die Ermittlungen zusammen: Ein Konkursbetrüger als Arzt, ein eifersüchtiger Ehemann, eine ungewollte Schwangerschaft und ein junger Anwalt, der zum Liebhaber wurde. Die Wahrheit liegt nicht in den Worten, die gesprochen werden, sondern in den Taten, die im Verborgenen geschehen. Und während Dr. Dernheim mit einem Koffer voller Bargeld am Flughafen aufgehalten wird, konfrontiert Flemming Friedhelm Rains mit der erschütternden Wahrheit – einer Wahrheit, die zwei Menschenleben gefordert hat.

Hinter den Kulissen

Der Tatort „Die Frau an der Straße“ ist die 295. Folge und wurde vom Westdeutschen Rundfunk (WDR) produziert. Unter der Regie von Ilse Hofmann, die bereits mehrere Tatort-Episoden inszeniert hatte, entstand ein atmosphärisch dichter Krimi in den Straßen Düsseldorfs. Die Altstadt mit ihrem pulsierenden Nachtleben diente als authentische Kulisse – in einer Szene ist sogar ein Kellner mit dem T-Shirt der legendären Heavy-Metal-Kneipe „Papidoux“ zu sehen, die seit 1985 in der Liefergasse beheimatet ist.

In den Hauptrollen brillierten Martin Lüttge als nachdenklicher Kommissar Bernd Flemming, Roswitha Schreiner als seine Kollegin Miriam Koch und Klaus J. Behrendt als Max Ballauf. In Gastrollen überzeugten Andrea Sawatzki als psychisch labile Alice Rains, Rüdiger Joswig als undurchsichtiger Professor Dernheim und Armin Rohde als morphiumabhängiger Pfleger Freimut.

Für Klaus J. Behrendt markierte diese Folge einen Wendepunkt in seiner Karriere: Es war sein Abschied als Düsseldorfer Ermittler Max Ballauf – allerdings nur vorübergehend. Als der Düsseldorfer Tatort 1997 vom Kölner abgelöst wurde, kehrte Behrendt als Kommissar zurück und ermittelt dort bis heute.

Die Erstausstrahlung am 14. August 1994 im Ersten Programm der ARD verfolgten 9,10 Millionen Zuschauer, was einem beachtlichen Marktanteil von 31,40 Prozent entsprach. Ein bemerkenswertes Detail am Rande: In mehreren Szenen sind fiktive Schlagzeilen zu sehen, die auf echten Titelseiten der Düsseldorfer Zeitung „Express“ abgedruckt wurden – ein geschickter Kniff, um die Geschichte noch authentischer wirken zu lassen.

Videos zur Produktion

ARD Plus Trailer

Besetzung

Hauptkommissar Bernd Flemming – Martin Lüttge
Kommissarin Miriam Koch – Roswitha Schreiner
Hauptmeister Max Ballauf – Klaus J. Behrendt
Alice Rains – Andrea Sawatzki
Friedhelm Rains – Claus Eberth
Doktor Dernheim – Rüdiger Joswig
Pfleger – Armin Rohde
Schwester Paula – Hanna Petkoff
u.a.

Stab

Drehbuch – Nikolaus Stein von Kamienski, Jacki Engelken
Regie – Ilse Hofmann

4 Kommentare

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  1. vor 13 Jahren

    Schade nur, dass es diese Folge nicht auf DVD gibt. Der ganz junge Behrend – das hat schon was.Und Rüdiger Joswig als undurchsichtiger Dr. Dernheim – klasse. Ich hatte leider die letzte Wiederholung verpasst. Wann der wieder gesendet wird, steht in den Sterne. Schade. Tolle Story – gut umgesetzt.

  2. vor 10 Jahren

    Der Tatort Nummer 295. Hauptkommissar Flemming, der aus Düsseldorf, fährt anschaulich in einem Fall hinein, der ihm fast die Karriere und das gesellschaftliche Ansehen kostet. Ein atmosphärisch dichter Tatort-Krimi, spannend und zum Mitdenken. Die Gedankengänge von Flemming kann man quasi nachvollziehen. Sehr gute Schauspieler, immer wieder gerne gesehen. Und dieser Tatort-Spielfilm zeigt immer noch auf, daß es in Deutschland dunklere Orte als die Gefängnisse gibt, in denen man ganz bequem Menschen auf lange Zeit verschwinden lassen kann. Sehenswert.

  3. vor 4 Jahren

    Kommissar Flemming hätte die Frau Rains sofort bei der Polizeikontrolle abliefern müssen. Er hat es nicht getan und verdient damit auch zurecht ein Disziplinarverfahren. Er mischt sich so sehr in die Angelegenheiten der Reins ein das macht ein sehr unprofessionellen Eindruck. Er hat sich bestimmt ein wenig verliebt. 2 Sterne

  4. vor 4 Jahren

    Guter TO der alten Schule!
    Wenn man sich die junge, hübsche Andrea Sawatzki ansieht, könnte man schon zu dem Schluss kommen, dass exzessive Schönheits-Korrekturen (???; ich weiß es nicht, aber es sieht für mich so aus, siehe z.B. die Nasen-Partie oder den Mund) nicht immer ein positives Ergebnis bringen. Das ist mein persönlicher Geschmack. Es gibt gute Beispiele, in denen Personen beiderlei Geschlechts es schaffen, in Würde zu altern.

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