Kurz und knapp – darum geht’s
Im Münchner Glockenbachviertel wird die Leiche eines wohlhabenden Erben aus dem Westermühlbach geborgen, was die Kommissare Batic und Leitmayr in ein Netz aus Lügen und lange gehüteten Geheimnissen verstrickt. Während ihrer Ermittlungen stoßen sie auf den Architekten Feuerberg, der durch den Tod des Erben endlich sein Bauprojekt realisieren könnte, aber auch auf den merkwürdig verstörten Zeugen Paul Rochus, der mehr über den Toten weiß, als er zugeben will. Als die Ermittler schließlich die Verbindung zwischen dem Mordopfer und den beiden Betreiberinnen des Café „Jasmin“ entdecken, führt sie die Spur zu einem dunklen Geheimnis aus der Vergangenheit, das um jeden Preis bewahrt werden sollte…
Inhalt der Tatort-Folge „Das Glockenbachgeheimnis“
Schlaflos bringt Carlo Menzinger eine Gruppe japanischer Polizisten durch das nächtliche Glockenbachviertel, während seine Stimme das Viertel als Ort unaufgeklärter Mysterien beschreibt. Die schmalen Gassen, die sich wie dunkle Adern durch das Viertel ziehen, werden nur spärlich von den warmen Lichtern der Cafés erhellt. In dieser Atmosphäre aus Nostalgie und Geheimnissen wird kurz darauf die nächste Leiche gefunden.
Der Spaziergänger Paul Rochus entdeckt mitten in der Nacht einen leblosen Körper im Westermühlbach. Seine zitternden Hände versuchen, den längst verlorenen Puls des Opfers zu finden. Am nächsten Morgen stehen die Kommissare Batic und Leitmayr vor dem Toten – ein gewisser Leonard „Lenny“ Martens, ein reicher Erbe mit einer wenig schmeichelhaften Reputation. Während Batic, der impulsive und direkte, die Fakten nüchtern analysiert, schwelgt Leitmayr in Erinnerungen an seine Kindheit in diesem Viertel. Für ihn ist diese Ermittlung wie eine Reise in die eigene Vergangenheit, wobei seine Vertrautheit mit dem Kiez sich als wertvoller erweist als jedes Polizeihandbuch.
Der Architekt Feuerberg, der für sein ambitioniertes „Glockenbachprojekt“ dringend ein Grundstück von Martens kaufen wollte, gerät schnell ins Visier der Ermittler. Seine Vision eines „München der Zukunft“ klingt verlockend, doch hinter der glatten Fassade des Visionärs lauern finanzielle Probleme und Pfändungsankündigungen – starke Indizien für ein Motiv. Die Befragungen der Einwohner gleichen einem Tanz auf dünnem Eis: Niemand will etwas gesehen haben, alle Aussagen wirken abgestimmt wie bei einer gut einstudierten Theateraufführung.
Im Zentrum des Geschehens steht das Café „Jasmin“, ein Ort, in dem Geheimnisse wie Espresso in kleinen Tassen serviert werden. Hier herrschen Frieda Helnwein und Doris Schellenbaum, die „Königinnen vom Glockenbachviertel“. Batic fühlt sich magisch zu Frieda hingezogen, die nicht nur sein Herz, sondern auch seine Ermittlungen durcheinanderbringt. Ihre kroatischen Sprachkenntnisse schaffen eine intime Verbindung zwischen den beiden, die über das Dienstliche hinausgeht. Doch auch Paul Rochus hat eine besondere Beziehung zu Frieda – sie waren einst verlobt, bevor das Leben andere Wege für sie bestimmte.
Die wahre Natur dieser Beziehungen beginnt sich zu enthüllen, als die Ermittler herausfinden, dass Martens und Rochus ein heimliches Paar waren. Rochus, der am Arbeitsplatz dominant auftritt, lebt mit seiner kranken, beherrschenden Mutter zusammen und fürchtet nichts mehr als ihre Entdeckung seiner Homosexualität. Als er ein falsches Geständnis ablegt und versucht, sich das Leben zu nehmen, spüren die Kommissare, dass sie nur an der Oberfläche eines viel tieferen Geheimnisses kratzen.
Die unterirdischen Gänge des Westermühlbachs, die sich wie ein verborgenes Nervensystem unter dem Viertel erstrecken, führen die Ermittler schließlich zu einer schockierenden Erkenntnis: Die Schleifspuren der Leiche weisen direkt zu Frieda Helnweins Haus. Die Wahrheit liegt begraben unter Schichten von Freundschaft, Loyalität und einem tragischen Unfall aus der Kindheit – jenem titelgebenden Geheimnis, das um keinen Preis gelüftet werden sollte.
Hinter den Kulissen
Der Tatort „Das Glockenbachgeheimnis“ wurde vom Bayerischen Rundfunk produziert und feierte am 3. Oktober 1999 im Ersten Programm der ARD seine Erstausstrahlung. Die Dreharbeiten fanden im Herzen von München statt, wobei das Glockenbachviertel mit seinen charakteristischen Fassaden und versteckten Hinterhöfen nicht nur Kulisse, sondern nahezu ein eigenständiger Charakter der Handlung ist.
Unter der Regie von Martin Enlen, für den dieser Film sein Tatort-Debüt darstellte, brillierten neben dem etablierten Ermittlerduo Miroslav Nemec (Ivo Batic) und Udo Wachtveitl (Franz Leitmayr) besonders die Gaststars. Iris Berben übernahm die Rolle der geheimnisvollen Frieda Helnwein und setzte damit einen Glanzpunkt in ihrer Karriere – es war ihr zweiter und bis heute letzter Auftritt in der Tatort-Reihe. Weitere bemerkenswerte Darstellungen lieferten Michael Tregor als Paul Rochus, dessen facettenreiche Interpretation eines innerlich zerrissenen Mannes von Kritikern besonders hervorgehoben wurde, sowie Barbara M. Ahren als Doris Schellenbaum.
Die Erstausstrahlung des Films erreichte 7,96 Millionen Zuschauer und einen Marktanteil von 23,05 Prozent – ein beachtlicher Erfolg für das etablierte Münchner Ermittlerteam in ihrem 23. Fall. Bei Fans der Reihe genießt „Das Glockenbachgeheimnis“ bis heute Kultstatus, was sich in seiner Platzierung im Tatort-Fundus widerspiegelt: Unter 1081 bewerteten Filmen erreicht er den beachtlichen Gesamtrang 130, innerhalb der 80 Münchner Tatorte belegt er Platz 18.
Nach der Ausstrahlung kursierten unter Fans zahlreiche Diskussionen über die authentische Darstellung des Glockenbachviertels als Zentrum der Münchner Schwulen- und Lesbenszene – für das Jahr 1999 ein durchaus progressives Thema im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Die detailverliebte Hommage an das Viertel, die atmosphärische Kameraführung und der überdurchschnittlich wohlklingende Soundtrack trugen dazu bei, dass der Film mehr als „nur“ ein TV-Krimi wurde und bis heute als wichtiger Beitrag zur Darstellung urbaner Subkulturen im deutschen Fernsehen gilt.
Hallo beisammen, in einer Szene des Tatorts „Das Glockenbachgeheimnis“ spielt Paul Rochus, dargestellt von Michael Tregor, in einem Bierlokal (vielleicht auch Café Jasmin)einen sentimentalen Titel am Klavier.
Wer kennt such aus:
Wie heißt dieses Musikstück? Wer hat es komponiert? Klavierversion (Verlag, Bearbeiter …)?
Mit freundlichem Gruß
Rolf Hitscherich
Der Tatort Nummer 423 aus München. Die Kommissare Batic und Leitmayr müssen wieder ran. Der 17. Mord im Glockenbachviertel und den noch unter Augen einer japanischen Delegation. Die fahren doch normal im bayerischen 3-Tage-Urlaub woanders hin. Na gut. Nicht der beste Tatort dieser beliebten Hütchenspieler der Münchener Mordkommission, zumal Batic, leider, die falschen Sympathien entwickelt, die ihm im späteren Verlauf dieses Tatortspielfilms noch sehr weh tun werden. Trotzdem ist dieser Tatort-Fernsehfilm für Nostalgiker immer wieder sehenswert. Ehrlich.