Kurz und knapp – darum geht’s
Ein gefährlicher Sexualstraftäter entkommt während eines Freigangs aus der Haft – ausgerechnet jener Mörder, den Kriminalhauptkommissar Jan Casstorff einst selbst hinter Gitter gebracht hatte. Als im Hamburger Rotlichtviertel kurz darauf zwei Prostituierte mit Strumpfhosen erdrosselt werden, deutet alles auf den geflohenen Roman Born als Täter hin. Doch dann wird Born selbst tot aufgefunden, und was zunächst wie ein Selbstmord erscheint, entpuppt sich als Teil eines viel größeren kriminellen Netzwerks. Als die Ermittler den wahren Zusammenhängen auf die Spur kommen, müssen sie feststellen, dass im Kiez ein Pädophilenring operiert, dessen Drahtzieher vor nichts zurückschrecken …
Inhalt der Tatort-Folge „Harte Hunde“
Graue Wolken hängen tief über dem alten Bauernhof, während Hauptkommissar Jan Casstorff in seinem Urlaub einsam und verbissen Renovierungsarbeiten durchführt. Das monotone Hämmern hallt durch die leeren Räume – eine Pause von der Großstadt, die jedoch abrupt endet, als sein Kollege Eduard Holicek mit einer beunruhigenden Nachricht auftaucht: Roman Born, ein gefährlicher Triebtäter, ist während eines therapeutisch begleiteten Freigangs entkommen.
Casstorff wirkt distanziert, fast kalt, als er die Nachricht aufnimmt. Der Kommissar, der einst Born selbst verhaftet hatte, will seinen Urlaub zunächst nicht unterbrechen – ein typisches Verhaltensmuster für den abweisenden Ermittler, der selbst mit persönlichen Konflikten zu kämpfen hat. Besonders die angespannte Beziehung zu seinem Sohn, der sich kürzlich als „Kuckuckskind“ entpuppt hat, und die ungelösten Probleme mit seiner Ex-Frau zeichnen tiefe Furchen in sein ohnehin schon kantiges Gesicht.
Im kühlen Hamburg präsentiert sich das Rotlichtviertel in einem Meer aus grellen Neonlichtern, die sich in den Pfützen auf dem Asphalt spiegeln. Die wummernde Techno-Musik dringt dumpf aus den Clubs, während die Beamten am Tatort eintreffen. „Die hat er mit einer Strumpfhose erdrosselt – genau wie früher“, bemerkt einer der Polizisten am Fundort des ersten Opfers. Die Atmosphäre ist so eisig wie der Wind, der durch die engen Gassen des Kiez fegt.
Der Therapeut Simon Ruder, in dessen Begleitung Born geflohen ist, zeigt sich überzeugt von seinen Methoden: „Ich habe ihn geheilt. Er war bereit für diesen Schritt.“ Casstorffs Blick verrät, was er von dieser Einschätzung hält. Die Jagd nach dem Flüchtigen gleicht einem Wettlauf gegen die Zeit, während das Team um Casstorff, Holicek und die junge Kollegin Jenny Graf im Milieu ermittelt. Doch die Prostituierten schweigen wie Grabsteine – Angst liegt in der Luft wie dichter Nebel.
Als Born selbst tot aufgefunden wird, wendet sich das Blatt. Die Überwachungskamera eines nahegelegenen Gebäudes hat aufgezeichnet, wie ein Handlanger des Zuhälters Schöndauer den Flüchtigen in einen Wagen zwingt. Eine Prostituierte namens Sana Condelescu deutet in einem verhaltenen Gespräch mit den Ermittlern an, dass die getöteten Frauen über einen Pädophilenring sprechen wollten. „Sie wussten zu viel“, flüstert sie, bevor sie hastig verschwindet.
Die Straßen des Rotlichtviertels verwandeln sich für die Ermittler in ein Labyrinth aus Lügen und Abhängigkeiten. Jede neue Erkenntnis führt tiefer in den Sumpf aus Gewalt und Ausbeutung, während die Fahnder langsam die Verbindungen zwischen dem geflohenen Mörder, dem selbstsicheren Therapeuten und dem zwielichtigen Zuhälter Schöndauer erkennen. Als sie Schöndauer schließlich stellen können, bahnt sich eine dramatische Konfrontation an, die alles in Frage stellt…
Hinter den Kulissen
Der Tatort „Harte Hunde“ ist der fünfte Fall für das Hamburger Ermittlertrio um Kriminalhauptkommissar Jan Casstorff (Robert Atzorn), seinen erfahrenen Kollegen Eduard Holicek (Tilo Prückner) und die junge Ermittlerin Jenny Graf (Julia Schmidt). Die NDR-Produktion wurde unter der Regie von Thomas Bohn realisiert, der auch das Drehbuch verfasste und bis zum Ausstieg von Robert Atzorn im Jahr 2007 insgesamt acht der fünfzehn Casstorff-Fälle inszenierte.
Bei der Erstausstrahlung am 1. Juni 2003 erreichte der Film 6,29 Millionen Zuschauer, was einem Marktanteil von beachtlichen 24,3 Prozent entsprach. Die Kritiken fielen unterschiedlich aus: Während die TV Spielfilm die „etwas stark überfrachtete Story“ bemängelte und meinte, dem Film fehle „der richtige Biss“, lobte Kino.de die Produktion als „starken Tatort, kühl, aber packend“. Besonders die fast farblose, kühle Bildgestaltung und die wummernde Techno-Musik wurden als stilprägende Elemente hervorgehoben, die perfekt zur feindseligen Atmosphäre des Films passten.
Bemerkenswert ist die visuelle Umsetzung des Films, die das ohnehin kühle Hamburg von seiner „kältesten Seite“ zeigt – eine Bildsprache, die perfekt zum harten Thema des Films passt. Robert Atzorn präsentierte seinen Kommissar Casstorff in dieser Folge besonders abweisend und distanziert, was von Kritikern als passende Interpretation für die Geschichte gewertet wurde.
Nach der Ausstrahlung wurde besonders die thematische Ausrichtung des Films diskutiert, der sich mit Kinderhandel und Pädophilie auseinandersetzt – Themen, die im deutschen Fernsehkrimi zu dieser Zeit noch selten so direkt behandelt wurden. Der Fall ordnet sich in die Reihe der Hamburger Tatorte ein, die oft gesellschaftskritische Themen aufgriffen und dem Zuschauer ungeschönt präsentierten.
Der Tatort Nummer 534 mit dem Hamburger Hauptkommissar Casstorff von der Mordkommission. Zusammen mit seinem Kollegen Holicek jagd er einen ausgebrochenen Triebtäter und später dessen Mörder und Nuttenkiller. Hauptsächlich wird im Rotlichtmilieu ermittelt und Casstorff musste wieder Sohn und familiäre Interessen hierfür vernachlässigen. Packender Tatort-Thriller aus den anfänglichen 2000ner Jahren und durchaus wiederholungsbedürftig. Die Kamera zeichnete in diesem Tatort-Film der Gutjahr.
Dank Castorff und Holicek besser als solide. Schöne Szene wo Holicek die Vorstadt-Gangster auf dem Parkplatz begrüßt und respektiert wird. Sehr gut.
Der Tatort Harte Hunde hat eine gute und nachvollziehbare Handlung. Diese wird von den Schauspielern gut gespielt.
Von Zeit zu Zeit habe ich Lust auf eine selten gespielte (und selten kommentierte) ‚mittelalte‘ TO-Folge. Das war gestern wieder mal der Fall.
Erstaunlich wie damals – erst 23 Jahre her! – das Thema ‚Kinderprostitution‘ unspektakulär behandelt wurde: keine reißerischen Bilder, nur der Gesichtsausdruck des kleinen Mädchens …
Das fand ich gut, das Ermittler-Team allerdings reißt mich (so wie in deren sonstigen Fällen) nicht vom Hocker. 😉