Kurz und knapp – darum geht’s
Ein junger Vater findet seinen drei Monate alten Sohn leblos im Bettchen vor und verdächtigt sofort seine Ehefrau, da bereits ihr erstes Kind unter ungeklärten Umständen verstorben ist. Die Frankfurter Kommissare Sänger und Dellwo ermitteln in einem Fall, der die Öffentlichkeit elektrisiert und schnelle Antworten fordert: War es ein tragischer Schicksalsschlag oder Kindsmord? Als sich herausstellt, dass der Ehemann eine Beziehung zur Nachbarin pflegt und die junge Mutter systematisch unter Druck setzt, gerät der Fall in ein ganz neues Licht…
Inhalt der Tatort-Folge „Der frühe Abschied“
Gedämpftes Licht fällt durch die halb geschlossenen Jalousien einer Hochhauswohnung, während draußen ein kalter Frühlingsregen gegen die Scheiben prasselt. Das Schreien eines Babys hallt durch das Treppenhaus, als Patrick nach Hause kommt. Wie erstarrt steht Tamara im Wohnzimmer, ihre Augen weit aufgerissen, die Hände zittern unkontrolliert. Im Kinderzimmer liegt der kleine Leon reglos in seinem Bettchen, während seine Zwillingsschwester Emily daneben wimmert. Was als familiäres Drama beginnt, wird schnell zu einem brisanten Fall für die Frankfurter Kommissare.
Hauptkommissarin Charlotte Sänger kämpft im „Der frühe Abschied“ nicht nur gegen die vorschnellen Urteile der Öffentlichkeit, sondern auch gegen ihre eigenen Dämonen. Ihr verschlossenes Wesen macht es ihr schwer, Zugang zu der verstörten Tamara zu finden, die sich immer mehr in sich zurückzieht. „Manchmal schreit man nach innen so laut, dass man außen nichts mehr hört“, sagt Tamara in einem seltenen Moment der Offenheit gegenüber der Kommissarin. Fritz Dellwo hingegen verfolgt eine härtere Linie – für ihn spricht die Statistik eine klare Sprache: Zwei tote Kinder in einer Familie können kein Zufall sein.
Die Ermittlungen führen das Team in eine Welt aus überhöhten Erwartungen und überforderten jungen Eltern. Der triste Plattenbau steht dabei wie ein graues Monument für gescheiterte Träume – außen bröckelt der Putz, innen die Beziehungen. Tamaras seltsam distanzierte Mutter, die ihre Enkelin mit mechanischer Pflichterfüllung betreut, liefert weitere Puzzleteile eines zerrütteten Familienbildes. „Manche Menschen erben mehr als nur die Augenfarbe“, bemerkt der konsultierte Psychologe vielsagend.
Als Sänger und Dellwo auf die Nachbarin Sabrina stoßen, deren Fürsorge für Patrick wie ein kleines Leuchtfeuer in der Dunkelheit wirkt, verkompliziert sich der Fall weiter. Die Begegnungen zwischen Patrick und Sabrina gleichen einem verbotenen Tanz – voller heimlicher Blicke und versteckter Berührungen, während das Ermittlerteam immer tiefer in ein Geflecht aus Lügen, Verzweiflung und unerfüllten Sehnsüchten eintaucht. In einer besonders intensiven Szene beobachtet Kommissarin Sänger, wie Patrick in seinem Keller einen kleinen Sarg zimmert – ein Bild, das wie ein schwerer Stein im Wasser der Ermittlungen einschlägt.
Hinter den Kulissen
Der Tatort „Der frühe Abschied“ wurde vom 24. April bis zum 2. Juni 2007 in Frankfurt am Main und Umgebung gedreht. Während der Produktion trug der Film die Arbeitstitel „Plötzlicher Kindstod“ sowie „Das tote Kind“ – Begriffe, die die thematische Schwere dieser Folge bereits andeuteten. Für das Frankfurter Ermittlerduo Charlotte Sänger und Fritz Dellwo, verkörpert durch Andrea Sawatzki und Jörg Schüttauf, war es bereits der zwölfte gemeinsame Fall.
In den Hauptrollen des jungen Elternpaares überzeugten Lisa Hagmeister als verstörte Tamara und Tom Schilling als überfordeter Patrick – beide wurden für ihre eindringlichen Darstellungen mit dem Darsteller-Sonderpreis beim Deutschen Fernsehkrimipreis 2008 ausgezeichnet. Regisseur Lars Kraume, der bereits den hochgelobten HR-Tatort „Das letzte Rennen“ inszenierte, arbeitete erneut mit Drehbuchautorin Judith Angerbauer zusammen, die für ihre schonungslosen und psychologisch tiefgründigen Stoffe bekannt ist.
Bei der Erstausstrahlung am 12. Mai 2008 im Ersten verfolgten 6,11 Millionen Zuschauer diesen ungewöhnlichen Tatort, was einem Marktanteil von 21,5 Prozent entsprach. Kritiker lobten besonders die feinfühlige Annäherung an das heikle Thema sowie die differenzierte Darstellung ohne vorschnelle moralische Urteile. Nach der Ausstrahlung kursierten in Foren und Fankreisen intensive Diskussionen über die gesellschaftliche Verantwortung bei Kindeswohlgefährdung und die Betreuungssituation junger Familien. Bemerkenswert ist auch, dass dieser Fall zu den letzten des beliebten Frankfurter Ermittlerduos gehörte – 2010 verabschiedeten sich Sawatzki und Schüttauf nach sieben erfolgreichen Jahren von ihren Rollen.
Ich habe diese Folge gesehen und ich muss Ihnen sagen, dass es erstaunlich Erfahrung war. Script, gutes Tempo und Musik gut geschrieben. Tom Schilling Talent verdient für einen Oscar. Sie sollten stolz auf ihn. Grüße aus Polen.
Keine leichte Kost – eher das genaue Gegenteil. Aber absolut sehenswert, man wünscht sich förmlich das Ende und eine Lösung herbei. Die schauspielerischen Leistungen va der Mutter finde ich herausragend.
wahnsinnig gut! tolle leistung, vor allem von der mutter, aber auch vom vater lias tom schilling!
Herausragend! Ein tiefer und ergreifender Blick in eine Gesellschaft, die an dem leblosen Nebeneinander und ihrer Unfähigkeit zu kommunizieren krankt…
Da stimmt wirklich alles zusammen. Buch, Regie, Schauspieler. Sicher ein untypischer TO (offenes Ende), aber absolut sehenswert.
Der Tatort mit der Nummer 698 aus Frankfurt. Die beiden Hauptkommissare Sänger und Dellwo ermitteln in einem tragischen Fall. Ein Baby stirbt im Bett und in der elterlichen Wohnung, die junge Mutter psychisch labil und mit ihren Aufgaben überfordert, der junge Vater ist ihr auch keine große Hilfe, kommt mit den Umständen selbst nicht klar. Ungereimtheiten in der Vergangenheit der jungen Frau lassen Ermittlungen zu. Ein Tatort-Drama der stillen Art, herzzerreißend und einfühlsam dargestellt, nicht jedermanns Sache. Trotzdem, auch ohne Action und Pistolen, ein sehr sehenswertes Sozial-Drama, welches auch einmal andere Fälle der Mordermittler aufgreift.
Sehr bedrückender Tatort aus Frankfurt. Gut gemachter Tatort hat mich durchgehend unterhalten
Was für ein Quatsch.
Bedrückende Thematik, die mich leider in der Umsetzung etwas fassungslos zurückgelassen hat! Da wird eine Mutter ,frisch traumatisiert, ohne psychologische Betreuung ,auf ein Polizeirevier geschliffen! Rechtsbeistand gibt es keinen! Die Großmutter bekommt ungeprüft das Enkelkind ausgehändigt! Die Schwester /Hebamme im Krankenhaus hat angeblich Angst ,angesichts der Ungeschicktheit der jungen Mutter,zeigt aber auch nicht, wie man es richtig macht! Der von der Polizei bestellte Psychologe hat sein Examen offensichtlich auf einer Baumschule absolviert! Und so weiter und so fort! Um auch was positives zu sagen ,die Schauspieler haben mich im Film gehalten! Das Drehbuch wars nicht!
Johannes?
Was ist daran QUATSCH?
Das Leben ist leider manchmal so – Nein – manches Mal noch noch viel schlimmer.
Hast den Sinn vom Film nicht verstanden – oder???
Bezogen auf die Inhaltsangabe oben: Tamara saß nicht neben dem Bett der Kinder, sondern im Wohnzimmer, zweitens waren die Zwillinge 5 Monate alt und nicht 3, und drittens hieß das erste Kind Lina und nicht Linda. Ist wohl schwer, eine korrekte Inhaltsangabe zu schreiben. Dieser Tatort hat kein schönes Thema, es geht um den Tod eines Babys. Dass die Mutter verdächtigt wird, das Kind getötet zu haben, verwundert angesichts ihres Verhaltens nicht wirklich. Diese Frau hätte eindeutig in psychiatrische Behandlung gehört, egal ob Mörderin oder nicht. Und es gibt wieder einmal, wie in fast jedem Tatort, etwas unlogisches zu bemängeln. Tamaras Mutter hat gesagt, dass Tamaras Vater keine Kinder wollte und sie nur auf Druck ihrer Eltern geheiratet hat. Trotzdem hat er ihr noch ein zweites Kind gemacht, nachdem das erste tot war? Total unglaubwürdig. Trotzdem ein gut gemachter Krimi, bei dem die Ermittlungsarbeit im Vordergrund steht.
Der Tatort mit der Nummer 698 aus dem Jahr 2008 und mit den Mordermittlern Sänger und Dellow aus Frankfurt – in Wiederholung auf BR. Sehr sehenswert.
Meine Meinung vom 02.05.2016 halte ich.
Lisa Hagmeister (zuletzt als ‚Sandra ist halt Sandra‘ Vogt im vorletzten Schwarzwald-TO zu sehen) spielt ihre Rolle als überforderte Mutter ausgezeichnet! Sie hat auch eine sehr markante Stimme, die ein großes Spektrum (insbes. der Verzweiflung) ausdrücken kann. Gefällt mir …
Wiederholung (vom BR) am 07.03.2023
Diesen Frankfurter-Tatort sah ich nun das erste Mal. Das Thema und der daraus resultierende Handlungsverlauf entsprechen nicht den üblichen Schemata eines Tatorts. Aber, dieser kleine gewagte Exkurs, finde ich, gelang recht gut.
Toll fand ich auch die sehr überzeugend gespielte Rolle, der Tamara, von Lisa Hagmeister. Respekt! Entweder hat Frau Hagmeister sehr konzentriert und unnachlässig die Rolle eingeübt, oder sie ist darüber hinaus ein schauspielerisches Naturtalent. Denn diese Rolle so authentisch darzustellen, ohne ins Alberne und/oder Gekünstelte abzugleiten, ist schwierig.
PS: Bei diesem TO kann man auch sagen, dass es weniger ein ‚Krimi‘, sondern eher – und fast hauptsächlich – ein ‚Sozial-Drama‘ ist. Dass ein TO überwiegend ein anderes Genre bedient, hat es also auch schon damals (2008) gegeben. ;-)
Hier hat mich das gar nicht gestört, in anderen Fällen schon (es ist eben offenbar tatsächlich vieles eine Geschmacksfrage). Vielleicht ist der entscheidende Punkt, ob das Thema authentisch behandelt wird. Hier war es m.E. sehr authentisch …