Tatort Folge 771: Schmale Schultern

Kurz und knapp – darum geht’s

In Köln-Mülheim stürzt Regina Scheffler aus dem dritten Stock eines Mietshauses – die verwüstete Wohnung und Graffiti an den Wänden deuten auf einen Einbruch hin, der tödlich endete. Die Kommissare Ballauf und Schenk stoßen bei ihren Ermittlungen auf ein Netz aus Beziehungsproblemen, Scheidungskrieg und finanziellen Nöten im Umfeld der schwangeren Toten. Als sie der Tochter des Ex-Mannes und deren Freund, einem bekannten Sprayer, auf die Spur kommen, weitet sich der Fall zu einem erdrückenden Familiendrama aus – doch die wahre Tragödie offenbart sich erst, als die Kommissare ein verhängnisvolles Geheimnis um die Vaterschaft des ungeborenen Kindes aufdecken…

Inhalt der Tatort-Folge „Schmale Schultern“

Eine idyllische Kölner Wohnsiedlung im Morgenlicht: Ein kleines Mädchen spielt mit seiner Puppe auf dem Balkon, als diese über die Brüstung fällt – und inmitten einer dunklen Blutlache zwischen Müllcontainern landet. Wie eine grausame Vorahnung wirkt dieses Bild für das, was die Kommissare Ballauf und Schenk am Tatort vorfinden: Regina Scheffler ist aus dem dritten Stock gestürzt, an ihren Unterarmen Abwehrspuren, die jeden Gedanken an Selbstmord zunichte machen.

Max Ballauf scheint bei diesem Fall besonders angespannt. Der graue Himmel über der Stadt passt zu seiner Stimmung, und die Kaffeemaschine im Präsidium verweigert ihm einmal mehr den dringend benötigten Wachmacher. Wortlos stellt er Jens Otten, dem Verlobten der Toten, einen Becher hin, der mit seiner zitternden Hand kaum die Tasse halten kann. „Wir wollten bald heiraten“, murmelt Otten mit brüchiger Stimme, „und sie war schwanger.“

Während Ballauf sich im privaten Umfeld des Opfers umhört, verfolgt Freddy Schenk mit seiner massigen Gestalt einen stadtbekannten Sprayer am Hauptbahnhof – seine Fußverfolgungsjagd über die Gleise gleicht einem Tanz auf dünnem Eis, doch wie durch ein Wunder schafft er es, den jungen Patrick Cosca zu stellen. „Hab sie nicht umgebracht, Mann!“, schreit der Junge mit panischem Gesichtsausdruck, obwohl Schenk noch nicht einmal erwähnt hat, worum es geht.

Im flackernden Neonlicht des Verhörraums lassen Ballauf und Schenk den Jugendlichen schwitzen. Die Spraydose mit seinen Fingerabdrücken haben sie am Tatort gefunden, aber irgendetwas stimmt nicht – hinter Patricks verschlossener Fassade scheint mehr zu stecken. Als sich herausstellt, dass er mit Laura Otten, der Tochter des Verlobten, ein Paar ist, beginnen die Puzzleteile langsam ineinanderzugreifen. „Fuck you bitch, Laura“ – so lautete die Botschaft, die das Mädchen angeblich in der Wohnung hinterlassen hat, doch am Tatort wurde kein solcher Zettel gefunden.

Der Fall gleicht einem verwirrenden Labyrinth aus zerbrochenen Familienbanden. Jens Otten kämpft seit Jahren einen zermürbenden Unterhaltskrieg mit seiner Ex-Frau Claudia, deren depressive Episoden und finanzielle Abhängigkeit wie schwere Ketten an allen Beteiligten zerren. Die Kinder stehen zwischen den Fronten – Benjamin nässt wieder ein, Laura rebelliert mit Wut und Hass. Die zahllosen Streitereien und verletzten Gefühle türmen sich auf wie eine unbezwingbare Mauer.

Derweil hat Schenk mit privaten Sorgen zu kämpfen. Seine Tochter Melanie hat sich einen muskelbepackten Surflehrer angelacht, den sie nach nur zwei Wochen Bekanntschaft bei sich einziehen lässt. „Papa, du bist so was von gestrig“, wirft sie ihm an den Kopf, als er seine Bedenken äußert. In Scheibenweise Wahrheit schmerzlich sichtbar, während draußen der Herbstwind durch die Straßen fegt und vereinzelte Regentropfen an die Fensterscheiben trommeln.

Die Ermittlungen nehmen eine unerwartete Wendung, als Spuren auf eine Verbindung zwischen Patrick Coscas Vater und dem Opfer hindeuten. Drei Anrufe in der Tatnacht – was hatte Regina ihm mitzuteilen? Als Ballauf und Schenk auf eine verhängnisvolle Wahrheit über das ungeborene Kind stoßen, schließt sich der Kreis der Verdächtigen immer enger um die beiden zerstrittenen Familien. Doch während alle Indizien auf die rebellischen Teenager deuten, entdeckt Ballauf in Lauras Gepäck den mysteriösen Zettel – und damit den Schlüssel zu einem tragischen Geständnis…

Hinter den Kulissen

Der Kölner Tatort „Schmale Schultern“ ist die 771. Folge der traditionsreichen Krimireihe und der 47. Fall für das eingespielte Ermittlerduo Max Ballauf und Freddy Schenk. Gedreht wurde die Produktion des Westdeutschen Rundfunks (WDR) unter der Regie von Christoph Schnee in Köln und Frechen. Die markanten Locations umfassen unter anderem das architektonische Dreigestirn im Kölner Rheinauhafen, dessen moderne Gebäudesilhouette einen spannenden Kontrast zur emotionalen Enge der Figuren bildet.

Für das Drehbuch zeichneten Jürgen Werner gemeinsam mit Stephan Wuschansky und Ulrich Brandt verantwortlich, von denen auch die Grundidee zur Geschichte stammt. Neben den Stammermittlern Klaus J. Behrendt (Ballauf) und Dietmar Bär (Schenk) glänzt der Film mit hochkarätiger Besetzung: Pierre Besson als verzweifelter Ex-Ehemann Jens Otten, Nina Petri als depressive Ex-Frau Claudia, sowie Michelle Barthel und Mateo Wansing Lorrio als ihre Kinder. In weiteren Rollen sind Thomas Sarbacher, Ben Unterkofler und Sema Meray als Familie Cosca zu sehen. Als Schönks Tochter Melanie tritt Karoline Schuch auf, ihr Surfer-Freund wird von Gerdy Zint verkörpert.

Bei seiner Erstausstrahlung am 12. September 2010 im Ersten erreichte „Schmale Schultern“ beachtliche 9,2 Millionen Zuschauer, was einem Marktanteil von 26,0 Prozent entsprach. Die Kritiken waren überwiegend positiv, besonders gelobt wurden die vielschichtigen Charaktere und das damals im Tatort noch recht unverbrauchte Thema Scheidung und Unterhaltsstreit. Kritiker Rainer Tittelbach beschrieb den Film als „Drama der zerplatzten Lebensträume“ statt eines typischen Whodunits.

Als Besonderheit für Tatort-Kenner fällt auf: Entgegen seiner Tradition präsentiert Freddy Schenk in dieser und der darauffolgenden Folge keinen neuen Dienstwagen – ein Detail, das aufmerksamen Fans der Reihe nicht entging und für Spekulationen sorgte. Zudem sorgte die Verfolgungsjagd über Bahngleise für Diskussionen unter Zuschauern, da sie als unrealistisch kritisiert wurde – ein kleiner Schönheitsfehler in einem ansonsten dichten Familiendrama, das mehr auf psychologische Abgründe als auf Action setzte.

Videos zur Tatortproduktion

ORF Trailer

ARD Trailer

ARD Plus Trailer

Besetzung

Hauptkommissar Max Ballauf – Klaus J. Behrendt
Hauptkommissar Freddy Schenk – Dietmar Bär
Dr. Jospeh Roth [Gerichtsmediziner] – Joe Bausch
Franziska Lüttgenjohann – Tessa Mittelstaedt
Jens Otten – Pierre Besson
Melanie Schenk – Karoline Schuch
Laura Otten [gemeinsame Tochter] – Michelle Barthel
Patrick Cosca [Lauras Freund] – Ben Unterkofler
Claudia Otten [Ex-Frau von Jens Otten] – Nina Petri
Maria Cosca – Sema Meray
Ralf Cosca – Thomas Sarbacher
Sonja Peters – Lina Beckmann
Benjamin Peters – Mateo Wansing Lorriot
Christian „Chris“ Peter Bremer [Melanies Freund] – Gerdy Zint
Tanja Peters – Lilli von Kunhardt
u.a.

Stab

Aufnahmeleitung – Angie Simaifar
Besetzung/Casting – Anja Dihrberg
Regie – Christopher Schnee
Buch – Jürgen Werner, Stephan Wuschansky, Ulrich Brandt
Herstellungsleitung – Liane Retzlaff
Innenrequisite – Ingo Pfennig
Kamera – Diethard Prengel
Kostüme/Kostümbild – Elisabeth Kraus
Licht – Andreas Latosinszsky
Maske/Maskenbildner – Delia Mündelein
Mischung – Falk Möller
Musik/Filmkompositionen – Günther Illi
Produktionsleitung – Jutta Bürsgens
Produzent – Sonja Goslicki
Schnitt – Guido Krajewski
Sounddesign – Klaus Waßen-Floren

Bilder: WDR/Uwe Stratmann

14 Kommentare

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  1. Jan
    vor 15 Jahren

    Das war nach langer Zeit endlich mal wieder ein Tatort, wie er im Leben spielen könnte. Man kann den Kölnern ja vorwerfen, dass sie immer wieder sozialromantische Themen pflegen, aber schlecht sind iher Tatorte nun nicht gerade. Wenn ich da an die letzten Wochen denke…..

  2. vor 12 Jahren

    Sehr gelungen, gut und spannend – ich freu mich auf jede Wiederholung !

  3. vor 12 Jahren

    ziemlich klasse und deutsch ; grossartge Leistung von Michelle Barthel ;

  4. vor 12 Jahren

    Leider fehlt mir das Ende! Wer war`s?

  5. vor 12 Jahren

    Wir fanden ihn, wie viele Kölner TOs, sehr gut!!

  6. vor 12 Jahren

    Wer wars denn bin leider zehn Minuten vor Ende eingeschlafen?!

  7. vor 12 Jahren

    Ich hab auch leider das Ende nicht gesehen – kenne es zwar inzwischen, würde es aber trotzdem gerne SEHEN! Weiß einer wie das möglich ist?! ;-)

  8. vor 11 Jahren

    Achtung ich VERRATE HIER DAS ENDE

    Die Mutter wars Claudia Otten Ex-Frau von Jens Otten, am ende wird es nochmal richtig dramatisch denn Claudia versucht sich und ihren sohn per Schlaftabletten umzubringen.

  9. vor 11 Jahren

    Ich suche das Lied aus diesem Tatort es kommt ca in 60 minute vor
    vielen dank für hilfreiche antworten

  10. vor 11 Jahren

    @P. Bauer

    Wo hast Du gestern diese Folge gesehen? Der Sender RBB brachte statt dem Tatort um 20.15 Uhr die Sendung „Grenzenlos – Berlin feiert 25 Jahre nach dem Mauerfall“. Ich lade sie mir heute von einem OTR-Spiegelserver runter.

  11. vor 10 Jahren

    Ein Kölner Tatort mit den Kommissaren Ballauf und Schenk. Die Nummer 771 ist es und sie passt. Aufgenommen und abgehandelt in den Problemzonen der Rhein-Metropole, viel Fingerspitzengefühl ist da fehl am Platze. Dennoch ermittelt das Traumpaar vom Rhein professionell und erfolgreich, retten Leben. Ein Beziehungsdrama im unteren Nachbarschaftsmilieu, welches realistisch auf die Leinwand gebracht worden ist. Na ja, diese Geschichten stehen auch täglich in den Zeitungen und kommen, ohne Mord und Totschlag, täglich vor. Da ich selber jahrelang in Köln und Umgebung dienstlich unterwegs gewesen war und auch jahrelang im Kölner Süden gewohnt habe, kenne ich alle Stadtteile und Vororte von Köln. Man muß schon sagen, es ist alles gelungen rübergekommen.

  12. vor 9 Jahren

    Diesen Tatort hab ich drei mal gesehen und ich fand den Tatort sehr gut 20 Sterne

  13. vor 9 Jahren

    Und ich finde auch sehr schön dieser Tatort kann man immer wieder sehen
    10 sterne soll sie von mir kriegen

  14. vor 3 Jahren

    So stelle ich mir Tatort vor. Nicht das, was im Jahrgang 2022 so abgeliefert wird.

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