Tatort Folge 815: Mauerpark

Kurz und knapp – darum geht’s

Ein brutal ermordeter Anwalt im berüchtigten Berliner Mauerpark führt die Kommissare Ritter und Stark auf die Spur eines 25 Jahre zurückliegenden Entführungsfalls. Der Jurist Simon Herzog hatte kurz vor seinem Tod Hinweise auf den Verbleib eines damals entführten Babys aus der wohlhabenden Industriellenfamilie Kilian gefunden, für dessen Verschwinden ein Unschuldiger im Gefängnis saß. Als die Ermittler dem wirr redenden Schrottplatzarbeiter Lukas Vogt näher kommen und eine ungeheuerliche Wahrheit über seine wahre Identität aufdecken, geraten sie mitten in einen gefährlichen Racheplan, der noch ein weiteres Opfer fordern wird…

Inhalt der Tatort-Folge „Mauerpark“

Schlaflos streift Kommissar Till Ritter durch die nächtlichen Straßen Berlins, getrieben von Erinnerungen an bessere Zeiten im legendären Club „Dschungel“, während die Stadt um ihn herum längst eine andere geworden ist. In seinem abgewetzten Ledermantel und den unvermeidlichen Cowboystiefeln wirkt er wie ein Relikt aus dem alten West-Berlin, das er insgeheim vermisst. Da erreicht ihn der Anruf: Leichenfund auf einem Schrottplatz am Mauerpark.

Die graue Morgendämmerung legt sich über das verwilderte Gelände, als Ritter und sein Kollege Felix Stark den Tatort in Augenschein nehmen. Sie bilden seit zehn Jahren ein ungleiches, aber eingespieltes Team: der raubeinige Frauenheld Ritter und der eher spießige, aber analytisch denkende Stark. Die Leiche eines Mannes liegt zwischen Metallschrott und Autowracks, sein Blut hat den aufgeweichten Boden dunkel gefärbt. Der Tote ist Simon Herzog, ein bekannter Strafverteidiger, der zuletzt für die Freilassung eines verurteilten Kindermörders plädierte und sich damit wenig Freunde machte.

Während die Spurensicherung arbeitet, bemerken die Kommissare einen jungen Mann, der hinter einem ausrangierten Kühlschrank hervorlugt und sie mit unruhigem Blick beobachtet. Lukas Vogt, der auf dem Schrottplatz arbeitet und in einer vollverkabelten Behausung lebt, murmelt verwirrende Sätze über versiegelte Lippen und verschlossene Augen. Ritter hält ihn zunächst für einen harmlosen Spinner, doch Stark hat das Gefühl, dass hinter Vogts scheinbar wahnhaften Äußerungen mehr steckt.

Die Ermittlungen führen das Duo zu einer Stiftung namens „Zweite Chance“, geleitet von der stadtbekannten Charity-Lady Ina Kilian. Wie ein prächtiger Schwan gleitet sie durch ihre Villa im Grunewald, deren kühle Eleganz in krassem Gegensatz zur Wärme steht, die sie in der Öffentlichkeit ausstrahlt. Die Kommissare erfahren von einem Fall, der 25 Jahre zurückliegt: Das Baby von Inas Zwillingsschwester Laura wurde entführt und blieb trotz Lösegeldzahlung verschwunden. Verurteilt wurde damals Gregor Müller, der Hausmeister der Familie – aufgrund von Hinweisen, die ausgerechnet vom ermordeten Anwalt Herzog stammten.

Die Ermittlungen gleichen einem Tasten durch ein Labyrinth aus alten Wunden und frischen Lügen. Als die Kommissare entdecken, dass der angeblich geistig verwirrte Lukas Vogt in Wirklichkeit ein raffiniertes Spiel treibt und mit Nadja, der Geliebten des toten Anwalts, eng verbunden ist, beginnen die Puzzleteile zusammenzufallen. Die Fahndung führt Ritter und Stark nach Gotha, wo einst ein Findelkind auftauchte – zur selben Zeit, als das Kilian-Baby verschwand.

Im Verhörraum des Präsidiums sitzt Stark einem schwitzenden Gregor Müller gegenüber, der nach seiner Haftentlassung ausgerechnet wieder bei den Kilians arbeitet. „Jeder hat eine zweite Chance verdient“, hatte Ina Kilian zu dieser ungewöhnlichen Anstellung nur gesagt. Doch die verschwimmenden Grenzen zwischen Tätern und Opfern werden immer undeutlicher, während draußen der Herbstwind durch den Mauerpark fegt und die düsteren Geheimnisse der Vergangenheit aufwirbelt.

Als die Kommissare schließlich die unfassbare Wahrheit erfahren – dass Lukas Vogt tatsächlich das verschwundene Kind ist und Ina Kilian selbst die Entführerin war – orchestrieren sie eine gefährliche Konfrontation. Im Halbdunkel von Vogts chaotischer Behausung treffen die Schlüsselfiguren dieses tragischen Dramas aufeinander, und die seit Jahrzehnten versiegelten Lippen öffnen sich endlich für die Wahrheit…

Hinter den Kulissen

Der Tatort „Mauerpark“ ist der Jubiläumsfall des Berliner Ermittlerduos Till Ritter und Felix Stark, verkörpert von Dominic Raacke und Boris Aljinovic, die zum Zeitpunkt der Ausstrahlung bereits seit zehn Jahren gemeinsam ermittelten. Die Dreharbeiten fanden vom 3. Februar bis zum 4. März 2011 in Berlin, Potsdam und dem Potsdamer Stadtteil Babelsberg statt, wobei der titelgebende Mauerpark – jener schmale Grünstreifen auf dem ehemaligen Todesstreifen zwischen Prenzlauer Berg und Wedding – eine zentrale Rolle spielte.

In einer beeindruckenden schauspielerischen Leistung verkörperte Rebecca Immanuel in einer Doppelrolle die Zwillingsschwestern Ina und Laura Kilian. Robert Gwisdek brillierte als psychisch gestört wirkender, in Wahrheit aber hochmanipulativer Lukas Vogt, während Sven Lehmann den unschuldig verurteilten Gregor Müller mit stiller Würde darstellte.

Für Autor und Regisseur Heiko Schier, der 1989 seinen Film „Wedding“ drehte, war „Mauerpark“ eine Liebeserklärung an das alte West-Berlin: „Ich wollte ganz persönlich vom alten West-Berlin erzählen, von der Zeit, da eine Mauer die Stadt umschloss und die Eingeschlossenen auf einer düsteren Insel lebten.“ Als musikalisches Leitmotiv wählte er den melancholischen Song „Our Lips Are Sealed“ der Band Fun Boy Three aus den frühen 1980er Jahren.

Die Erstausstrahlung am 23. Oktober 2011 im Ersten sahen 8,26 Millionen Zuschauer, was einem Marktanteil von beachtlichen 22,3 Prozent entsprach. In Österreich verfolgten 672.000 Zuschauer den Fall (22 Prozent Marktanteil). Die von Thomas Holländer gesprochene Audiodeskription des Films wurde 2012 für den deutschen Hörfilmpreis nominiert – ein Zeichen für die besondere atmosphärische Qualität dieser Folge, die von Kritikern als Beleg für den deutlichen Aufwärtstrend des Berliner Tatorts gewertet wurde.

Videos zur Produktion

Trailer

Musik

Our lips are sealed – Fun Boy Three

Besetzung
Hauptkommissar Till Ritter – Dominic Raacke
Hauptkommissar Felix Stark – Boris Aljinovic
Ina Kilian – Rebecca Immanuel
Lutz Weber – Ernst-Georg Schwill
Lukas Vogt – Robert Gwisdek
Laura Kilian – Rebecca Immanuel
Nadja Skrebber – Eva Bay
Simon Herzog [Rechtsanwalt] – Christoph Gareisen
Pollack [Schrottplatzbesitzer] – Hansjürgen Hürrig
Gregor Müller – Sven Lehmann

Stab
Regie – Heiko Schier
Buch – Heiko Schier
Besetzung/Casting – Uwe Bünker
Bühnenmaler – Fee Doßmann
Erster Aufnahmeleiter – Lena Reuter
Filmgeschäftsführung – Fritz-Peter Lütyens
Innenrequisite – Gregor Mager
Kamera – Frank Lamm
Kostüme/Kostümbild – Joyce Tan
Motivaufnahmeleitung – Christian Metz
Musik/Filmkompositionen – Christopher Bremus
Oberbeleuchter – Matthias Reisser
Produktionsleitung – Marcella Rafael
Produzent – Joachim von Vietinghoff
Regieassistenz – Isabel Paul
Schnitt – Ute Astrid Rall
Szenenbild – Olaf Schiefner
Ton/Filmtonmeister – Carsten Arnolds

Bilder: rbb/Julia von Vietinghoff

2 Kommentare

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  1. vor 10 Jahren

    Der Tatort Nummer 815. Heute in Wiederholung auf WDR, 20:15 h. Die Berliner Hauptkommissare Ritter und Stark ermitteln, nicht nur im Dschungel sondern auch im Büro. Warum man diesem hervorragenden Team keine Beförderung gönnte und es letztlich aus der Tatort-Polizeiarbeit ausschied, man weiß es nicht. In diesem Fall geht es um einen alten Fall, 25 Jahre liegt der zurück. Damals gab es noch West-Berlin und Ostberlin, aber was heißt das schon! In diesem Fall der beiden Hauptkommissare heißt es: Eifersuchtsdramen, Kindesentziehung, Tötung, Körperverletzung, Mord. Ein wahrlich nicht leichter Fall für die Berliner Mordkommission, beide Ermittler sind angespannt und hoch sensibilisiert. Der Fall wird gelöst, kalte Menschlichkeit bleibt zurück. Wie sagt man: Es kann mehrere Väter geben – aber nur eine Mutter. Aha!!

  2. vor 4 Jahren

    Rain, mist, snow, everything in gray and blue. Scenes are very well filmed, story is o.k.

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