Kurz und knapp – darum geht’s
In Leipzig wird die 15-jährige Anna Römer vermisst, doch statt ihrer finden die Kommissare Saalfeld und Keppler die Leiche der obdachlosen Lisa Noack. Parallel dazu ermitteln die Kölner Kommissare Ballauf und Schenk im Fall eines im Rhein gefundenen Mädchens, das Verbindungen nach Leipzig hatte. Die vier Ermittler tun sich zusammen, als sich herausstellt, dass beide Fälle mit Kinderprostitution und dem Hilfsverein „Kinderland e.V.“ in Verbindung stehen könnten. Als sie schließlich die vermisste Anna im Appartement eines zwielichtigen Mannes aufspüren, enthüllt dies einen lange zurückliegenden Kindesentführungsfall – und Anna gerät erneut in tödliche Gefahr…
Inhalt der Tatort-Folge „Kinderland“
Kalter Frühlingsregen peitscht durch die düsteren Straßen Leipzigs, während Kommissar Andreas Keppler durch das Rotlichtviertel streift. Die Neonlichter der schmuddeligen Etablissements werfen gespenstische Schatten auf das nasse Pflaster, wo junge Leben wie Handelsware feilgeboten werden. Der Fund einer Mädchenleiche hat die Stadt in Unruhe versetzt – nicht die vermisste Anna Römer, wie zunächst befürchtet, sondern die obdachlose Lisa Noack.
„Sie war schwanger“, teilt Kommissarin Eva Saalfeld ihrem Kollegen mit, als sie das Obduktionsergebnis erhält. Die Ermittlungen führen zum Hilfsverein „Kinderland e.V.“, dessen Leiterin Claudia Tremmel als Ärztin die Tote kostenlos behandelt hatte. Der Verein gleicht einem Leuchtturm in der Dunkelheit des Leipziger Kinderproblems – doch was verbirgt sich hinter der Fassade der Nächstenliebe?
Keppler, dessen eigene Dämonen ihn seit Jahren plagen, stößt bei seinen Nachforschungen auf dem Kinderstrich auf einen verdächtigen Mann – und hält ihn prompt für einen Pädophilen. Die Festnahme endet in einem Fiasko: „Kölner Kripo, nehmen Sie die Hände runter!“ Der vermeintliche Täter entpuppt sich als Kommissar Max Ballauf, der ohne Absprache mit den Kollegen in Leipzig ermittelt. Wie sich herausstellt, wurde in Köln ebenfalls ein junges Mädchen tot aufgefunden – die 15-jährige Sarah Stellwag, die zuvor in Leipzig der Prostitution nachging.
Die vier Kommissare beschließen widerwillig zusammenzuarbeiten. Während Saalfeld und der bodenständige Freddy Schenk überraschend gut harmonieren, knistert es zwischen Keppler und Ballauf wie Funkenschlag über trockenem Zunder – zwei zu ähnliche Charaktere, die sich gegenseitig die Schuld für die verfahrene Situation zuschieben.
Ihre Suche führt zu dem zwielichtigen Olaf Dürer, in dessen Wohnung sie tatsächlich die vermisste Anna Römer finden – verstört und eingeschüchtert wie ein verletztes Tier in der Falle. Doch Annas Geschichte gleicht einem Netz aus Lügen und Geheimnissen: Sie floh von zu Hause, weil sie entdeckte, dass sie als Baby entführt worden war. Die Ermittlungen drehen sich im Kreis wie ein Kind auf einem düsteren Karussell. Während die Kommissare versuchen, alle Puzzleteile zusammenzusetzen, verschwindet Anna erneut – sie steigt in den Wagen eines Mannes, der bereits am Kinderstrich gesichtet wurde. Die Spur führt nach Köln…
Hinter den Kulissen
Der Tatort „Kinderland“ wurde im Sommer und Herbst 2011 in Leipzig gedreht. Die Dreharbeiten erstreckten sich vom 21. Juli bis zum 20. Oktober 2011 und verliefen nicht ohne Komplikationen: Bereits am ersten Drehtag verletzte sich Schauspieler Martin Wuttke (Andreas Keppler) bei einem Sprung und riss sich zwei Sehnen an, was eine viertägige Drehpause zur Folge hatte.
Dieser Tatort markiert einen bedeutenden Meilenstein in der Geschichte der beliebten Krimireihe: „Kinderland“ und seine Fortsetzung „Ihr Kinderlein kommet“ bildeten den ersten mehrteiligen Crossover innerhalb des Tatort-Universums. Zum ersten Mal in der damals fast 40-jährigen Geschichte des Formats endete eine Folge mit dem Hinweis „Fortsetzung folgt…“ – ein dramaturgisches Novum für die Reihe.
In den Hauptrollen brillieren Simone Thomalla und Martin Wuttke als Leipziger Ermittlerduo sowie Klaus J. Behrendt und Dietmar Bär als ihre Kölner Kollegen. Die Regie führte Thomas Jauch, das Drehbuch stammt von Jürgen Werner. Die Produktion erfolgte durch den MDR in Zusammenarbeit mit dem WDR. Ein besonderes Trivia-Detail für Fans: Freddy Schenk fährt in dieser Doppelfolge einen Buick Wildcat aus den 1960er Jahren mit dem Kennzeichen K-BU 1969, was auf das mutmaßliche Baujahr des Fahrzeugs hinweist.
Die Erstausstrahlung am Ostersonntag 2012 (8. April) erzielte beachtliche 7,68 Millionen Zuschauer mit einem Marktanteil von 22,9% – in der werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen verfolgten 2,22 Millionen Zuschauer (17,2% Marktanteil) den Fall. Die Rezeption fiel gemischt aus: Während viele Zuschauer das Event-Format schätzten, kritisierten einige Rezensenten den ungelenken Versuch, amerikanische Krimi-Serien wie „CSI“ zu imitieren. Auch der Umgang mit dem sensiblen Thema Kinderprostitution wurde von manchen Kritikern als zu voyeuristisch empfunden.
Besonders bemerkenswert: Es war nicht das erste Zusammentreffen der Teams aus Leipzig und Köln – bereits in den Folgen „Quartett in Leipzig“ (2000) und „Rückspiel“ (2002) hatten die Ermittler kooperiert, jedoch nie in einem zweiteiligen Format. Der Titel „Kinderland“ spielt dabei nicht nur auf den gleichnamigen Hilfsverein in der Handlung an, sondern auch auf das düstere Thema des Kindesmissbrauchs und der Kinderprostitution, dem sich dieser Tatort widmet.
Die Folge thematisiert das wichtige gesellschaftliche Problem verschwundener Kinder. Seit dem 17. August 2011 gibt es in Deutschland die **europaweit einheitliche Notfallnummer 116000** für vermisste Kinder, die Betroffenen und ihren Familien Hilfe bietet.
Wer wissen möchte, wie die Geschichte weitergeht, findet Informationen zur Fortsetzung „Ihr Kinderlein kommet“ unter: Tatort-Folge 835: Ihr Kinderlein kommet
Interessante und dramatische Konzeption einer komplexen, unter die Guertellinie gehenden Doppelthematik um Kinderprostitution und Misshandlung von Eltern. Waehrend die erste Folge etwas fad mit Schenk/Ballauf umging, haben Saalfeld und Keppler durchaus ueberzeigend ermittelt.
Ist der zweite Taeter ein Handlungsreisender oder Kongressabgeordneter kann durchaus eine Frage sein, die die weitere Spannung zu einer ueberraschenden Wendung bringen kann oder gibt es sogar einen weiteren Unbekannten in Koeln. Nur wenn die Fortsetzung dieses Cliffhangers befriedigen kann, waere diese Doppelfolge ein angenehmes Experiment. Mit der einschlaegigen Kritk konservativer Zuschauer, die von Charakterueberladungen ueberfordert sind, hat dies nichts zu tun. Hier geht es auch um konstruktiven Kulturaustausch zwischen Ost und West und Paradigma-Ueberwaeltigung gegen den „laengeren Dienstweg“.
Ob Simone Thomalla als Eva Saalfeld noch einmal das Konzept einer deutschen Clarice Starling („Schweigen der Laemmer“, Jodie Foster) weiter ausbauen kann, ist dabei eine gewisse Schluesseldramaturgie, genauso wie die Tochter-Vater-Thematik von Freddy Schenk, gespielt von Dietmar Bär. Ist es nun nahelegend, dass seine Tochter Anna Römer kennenlernen und vielleicht sogar helfen wird? Soweit ist alles offen, aber das Drehbuch von Juergen Werner ist komplett okay, solange er sich nicht in einen unbefriedigend Ausgang verzetteln wird. Fazit: Die zweite Folge muss sich nun komplett steigern, dann waere dies eine Meisterleistung ; 8 von 10 Punkten soweit ;
nico, new york city
Den zweiten Teil schaue ich mir in jedem Fall an – alles andere wäre ja sinnlos.
Die Zusammenarbeit der beiden Teams finde ich ganz nett, die Idee mit der Doppelfolge auch.
Bin aber nicht davon überzeugt wie nico, dass hier eine aprubte Wendung eintritt.
Der Fall an sich ist nicht zerreißend spannend, aber doch zermürbend wegen der Thematik.
Mich hats geschaudert, als dieser Olaf zur Anna ins Bad rei ist, während sie geduscht hat.
Und warum sie nach diesem Erlebnis, was sie ja ‚möglichst schnell‘ vergiessen will, zu diesem Typ ins Auto steigt, erschließt sich mir nicht.
Ich werd’s erfahren…
Oh nein, man sollte davor zurückschrecken, es als selbstverständlich zu erachten,dass die 7,68 Mil. von gestern meinem Empfinden nachkommen. (Ich vermute das genaue Gegenteil)
Ich hingegen habe die persönliche Erfahrung schon gemacht und mich hinterher geärgert. Allerdings mehr um des Mitredens willen.
Unfassbar, der Tatort erzeugt bei mir eine gewisse Übelkeit…..
Der Tatort Nummer 834 mit den Kommissaren Keppler und Saalfeld aus Leipzig, hier in Zusammenarbeit mit den Polizeikollegen Ballauf und Schenk aus Köln, alle von der jeweiligen zuständigen Mordkommission. Ermittelt wird in packenden und düsteren Fällen von Mädchenmorden, Missbräuchen, Entführungen, Prostitution. Trotzdem müssen sich die vier erfahrenen Mordermittler selbst erst einmal untereinander finden. Es klappt, Erfolge stellen sich auch ein. Das Besondere an diesem Tatort-Thriller: Der hat noch einen Teil 2. Damit soll es somit auch erst einmal sein. Spannend wird der mit Sicherheit aber auch.
Gibt es „Kinderland“ und „Ihr Kinderlein kommet“ auf DVD zu erwerben? Fantastische Krimis!!!!!! Welche ich mir gern öfter ansehen würde.
Schade, dass die Leipziger abgesetzt wurden.
Kann es sein, dass Kinderland gefühlt alle zwei Wochen gezeigt wird?
Und wieder ermitteln Ballauf & Schenk ohne Genehmigung in Leipzig. Ballauf haut Keppler auch noch die Nase blutig. Alles ganz Nett allerdings war der Spaß mit Ehrlicher und Kain größer. Ganz ok 2,8 Sterne
Das zweite Crossover zwischen Köln und Leipzig. Ein guter Tatort, auch wenn die Geschichte mit dem unangekündigten Besuch der Kölner in Leipzig eibfach aus dem letzten Skript übernommen wurde.
In diesem Fall ermitteln zum ersten Mal in der Tatort-Geschichte die Ermittlerteams aus zwei Städten gemeinsam: Die Kommissare Eva Saalfeld (Simone Thomalla) und Andreas Keppler (Martin Wuttke) aus Leipzig werden in „Kinderland“ und „Ihr Kinderlein kommet“ unterstützt von dem beliebten Kölner Duo Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär). Grund hierfür sind Bezüge des in dieser Tatort-Folge begangenen Verbrechens in beide Städte.
Nicht richtig zum ersten Mal. Zum ersten Mal Team Ballauf und Schenk aus Köln nach Leipzig und Team Ehrlicher und Kai aus Leipzig nach Köln.
Ein Film, der mich sehr berührt hat.
Ein schlüssig durchkomponierter Krimi, spannungsvoll, facettenreich und sehr gut gespielt. Die Thematik rührt an und sollte insgesamt in mehr Filmen vertieft werden. Warum verlassen Kinder den Schutz ihres Zuhauses und akzeptieren das Leben auf der Straße, die genannten perspektiven: Betteln, Stehlen oder Prostitution. Das Bittere dabei ist, dass auch im wirklichen Leben die sozialen Dienste hier versagen. Deshalb sollte das Thema in Filmen wie diesem vertieft werden, und es muss nicht immer ein Mord Grundlage für einen Krimi sein, wenn auch – warum eigentlich??? – alle Tatort-Teams immer nur als Mordkommission auftreten.