Tatort Folge 114: Spiel mit Karten

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Erscheinungsjahr: 1980
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Kommissar: Veigl

Kurz und knapp – darum geht’s

Der Münchner Werbeblatt-Herausgeber Hansgünther Geroth verunglückt nachts tödlich mit seinem Auto, als die Bremsen in einer Kurve versagen. Was zunächst nach einem tragischen Autounfall aussieht, entpuppt sich als Mordfall: Die Bremsleitungen wurden durchtrennt. Hauptkommissar Melchior Veigl und sein Team entdecken, dass Geroth wohlhabende Mitbürger mit deren dunklen Geheimnissen erpresste, die er akribisch auf Karteikarten dokumentierte. Als plötzlich auch nach Geroths Tod die Erpressungen weitergehen und ein Einbruch in der Werbeagentur gemeldet wird, geraten die Ermittler in ein undurchsichtiges Netz aus Lügen, Erpressung und Rache, in dem jeder ein Motiv zu haben scheint…

Inhalt der Tatort-Folge „Spiel mit Karten“

Regenschwere Wolken hängen über München, als der Wagen von Hansgünther Geroth in der nächtlichen Kurve aus der Bahn fliegt und sich mehrfach überschlägt. Das Metall ächzt, Glas splittert. Ohne Bewusstsein wird er ins Krankenhaus eingeliefert, wo er kurz darauf verstirbt. Kriminalhauptkommissar Melchior Veigl steht nachdenklich vor dem Autowrack, während der Regen auf das zerbeulte Blech prasselt. Das durchdringende Quietschen des Abschleppkrans mischt sich mit den gedämpften Stimmen der Polizisten, als der KFZ-Sachverständige seine Entdeckung mitteilt: „Die Bremsleitungen wurden durchtrennt, Herr Kommissar. Eine ganz professionelle Arbeit.“

Veigl, ein bulliger Mann mit kantigem Gesicht und scharfem Blick, trägt die Last seiner langjährigen Erfahrung wie seinen etwas zu eng gewordenen Anzug – mit einer Mischung aus Gewohnheit und verhaltener Resignation. Sein Assistent Ludwig Lenz steht ihm zur Seite, während sie die Spuren im regennassen Boden des Parkplatzes vor der „Waldschänke“ untersuchen. Was Veigl spöttisch als „Indianerspielerei“ abtut, könnte sich als entscheidender Hinweis erweisen.

Die Befragung der eiskalten Witwe Angelika Geroth bringt Veigl ins Grübeln. „Ich habe meinen Mann gehasst“, sagt sie ohne jede Emotion, während ihr kleiner Sohn Sascha im Nebenzimmer spielt. Der kalte Glanz in ihren Augen verrät mehr als ihre Worte. Doch ist sie wirklich fähig, die Bremsleitungen zu durchtrennen?

Die „Waldschänke“, ein holzvertäfeltes Lokal am Stadtrand von München, gleicht einem Aquarium voller Geheimnisse. Hier verbrachte Geroth seinen letzten Abend. Der Wirt Rudi Schmidtbauer wischt mit einem feuchten Tuch über die Theke, als würde er damit auch die Erinnerungen an jenen Abend wegwischen wollen. „Der Geroth war kein beliebter Gast“, murmelt er, während er Veigl ein Bier zapft. „Ein Angeber war er.“

Die Ermittlungen führen Veigl zu einem unerwarteten Nebenschauplatz: Rennbahnen, auf denen Geroth regelmäßig hohe Summen verspielte. Wie ein hungriges Raubtier auf der Suche nach Beute hatte Geroth ein perfides System entwickelt. Seine Kartei mit den Verfehlungen wohlhabender Bürger war sein Kapital – ein tödliches Spiel mit Karten.

Als plötzlich der Textilfabrikant Paul Kronhoff auftaucht und berichtet, dass er weiterhin erpresst werde – obwohl Geroth bereits tot ist – verdichten sich die Nebelschleier um den Fall. „50.000 Mark soll ich zahlen“, klagt Kronhoff, „für ein einziges Stelldichein mit meinem Au-pair-Mädchen.“ Ein Einbruch in Geroths Agentur kompliziert den Fall zusätzlich. Veigls Ermittlungsarbeit gleicht einem Puzzle, dessen Teile nicht recht zueinander passen wollen.

Die Spannung steigt, als der neue Erpresser gefasst wird – Berthold Hoffmann, ein ehemaliger Angestellter Geroths. Doch der Mordfall ist damit nicht gelöst. Die Verbindungen zwischen den Stammgästen der „Waldschänke“ – Werner Steffen, Walter Schwarz und anderen – werden immer undurchsichtiger. Als Veigl auf den mysteriösen Markierungen der Karteikarten ein Muster erkennt, ahnt er nicht, dass er damit einen tödlichen Mechanismus in Gang setzt, der ihn und sein Team in große Gefahr bringt…

Hinter den Kulissen

Die Tatort-Folge „Spiel mit Karten“ wurde in den Monaten Februar und März 1980 in München und Umgebung gedreht. Die Produktion des Bayerischen Rundfunks unter der Redaktionsleitung von Peter Hoheisel bildet den 14. Fall für Kriminalhauptkommissar Melchior Veigl, verkörpert vom bayerischen Charakterschauspieler Gustl Bayrhammer.

Das Drehbuch stammt von Theo Regnier und war sein Erstlingswerk. Ein besonderes Highlight der Produktion war die spektakuläre Auto-Verfolgungsjagd, für die nach langen Verhandlungen ein Autobahnabschnitt in der Nähe des damaligen Flughafens München-Riem freigegeben wurde. Die Besetzung des Automechanikers Walter Schwarz mit dem renommierten Autor, Regisseur und Schauspieler Franz Xaver Kroetz gab der Folge zusätzliches künstlerisches Gewicht.

An der Seite von Gustl Bayrhammer ermittelten Helmut Fischer als Kriminalhauptmeister Ludwig Lenz und Willy Harlander als Kriminalobermeister Josef Brettschneider. Dieses Ermittlertrio verkörperte bayerische Polizeiarbeit mit einer Mischung aus Bodenständigkeit und scharfsinniger Beobachtungsgabe.

Bei ihrer Erstausstrahlung am 27. Juli 1980 erreichte die Tatort-Folge „Spiel mit Karten“ 11,89 Millionen Zuschauer, was einem beachtlichen Marktanteil von 37 Prozent entsprach.

In Fankreisen wird diese Folge besonders für ihre atmosphärische Darstellung des Münchens der frühen 1980er Jahre geschätzt – eine Zeit, in der die bayerische Landeshauptstadt noch deutlich weniger von internationalen Einflüssen geprägt war und die traditionellen Strukturen im Alltag wie in der Kriminalität stärker hervortraten.

Videos zur Produktion

Video 30 Sekunden aus den ersten 30 Minuten

Besetzung

Willy Harlander (Obermeister Brettschneider)
Helmut Fischer (Hauptmeister Lenz)
Alexander Allerson (Hansgünther Geroth)
Ilse Neubauer (Angelika Geroth)
Georg Marischka (Paul Kronhoff)
Claus Eberth (Werner Steffen)
Franz Xaver Kroetz (Walter Schwarz)
Michael Stippel (Schmidtbauer)
Gaby Herbst (Rita)
Eberhard Peiker (Bethold Hoffmann)
Marie Bardischewski (Gisela Holzner)

Stab

Regie – Wolf Dietrich
Buch – Theo Regnier
Kamera – Werner Kurz
Schnitt – Karin Fischer
Musik – Ernst Brandner
Produktion – BR

Bilder: BR / Sessner

5 Kommentare

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  1. vor 10 Jahren

    Der Tote hat den Beleg einen China-Restaurants über 84.50 DM in der Tasche. Laut Vernehmung durch Brettschneider saß er mit einem anderen Herrn am Tisch. Für 1980 und zwei Personen ein stolzer Betrag. Bei uns typische Preise waren bis 3 DM für Vor- und Nachspeisen und nur die teuersten Hauptgerichte kamen über 10 DM.

  2. vor 10 Jahren

    Ein Tatort mit lauter blassen Figuren bei dem auch der Zuschauer so wenig weiß wie die Polizei. Das Opfer stirbt sehr früh, den Drahtzieher lernt man erst sehr spät kennen. Also dreht sich die Handlung nur um einen Haufen Nebenfiguren und auch die beiden Ermittler neben Veigl bleiben wieder mal Randfiguren ohne Profil.

  3. vor 9 Jahren

    Der Tatort Nummer 114 aus München. Ein echter Hauptkommissar Veigl Tatort-Fall, welchen er zusammen mit seinem Hauptmeister Lenz, beide von der Mordkommission, in alt gewohnter Manier zu lösen geneigt scheint und hierbei auch mit Kollegen des Betrugsdezernates zur Zusammenarbeit gewillt ist. Es geht um heimtückischen Mord, Erpressung, Unfallflucht und sonstige Gemeinheiten. Mehr und mehr kommt ein Geflecht aus einer gut ausgeklügelten Erpresserkartei zu Tage. Auf den Karten stehen Namen und derjenige der gezogen wird, der zahlt und zahlt und zahlt. Nicht einer der aufregenden Tatort-Spielfilme um Hauptkommissar Veigl, aber ein sehenswerter „Oldie-Tatort“ aus den beginnenden 1980iger Jahren mit interessanten Außenaufnahmen aus der damaligen Zeit und mit teilweise in Vergessenheit geratenen Schauspielern. Die Preise bei den Chinesen in München waren damals astronomisch. Ich war damals unter anderem beruflich in Norddeutschland unterwegs. Auf der schönen Insel Sylt bekam man in einer gediegenen Pommes-Bude ein Jäger-Schnitzel mit Pommes schon für zirka 19,50 DM, mit Salat 23,50 DM noch zwei Biere 31,50 DM. Ging man dann noch nach gegenüber in den PUB bekam man das Glas Orangensaft, 0,2 l, für 6,50 DM. München war schon immer teuer. Ehrlich.

  4. vor 4 Jahren

    Ein wunderschönen BMW fährt Veigl hier. Eigentlich ein toller Film. Eine nostalgische Zeitreise mit Spannung und schönen Bildern. Veigl, Lenz und Brettschneider sind hier eher ernst fokussiert auf den Fall und ganz und gar nicht blass. 4 Sterne

  5. vor 2 Jahren

    Ein sehr schöner Tatort aus der alten Zeit. Veigl herrlich grantig, Lenz und Brettschneider bekommen es auch ab.

    Es wundern sich hier einige über die Restaurantrechnung beim Chinesen: daß die Rechnung über DM 84,50 lautete besagt keineswegs, daß das der korrekte Betrag ist. Der zwielichtige Herr Geroth hat dem Kellner ein gutes Trinkgeld geschrieben, und der dann den vom Gast gewüschten Endbetrag „An Speisen und Getränken“ zum Absetzen der Bewirtungskosten bei der Steuer. Je höher, je besser. Die Rechnungen wurden damals per Hand auf einem Block ohne Kopie geschrieben, keine detaillierte Buchführung der Belege.

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