„Der Zeuge“ ist der erste und einzige Tatort-Fall für den jungen Essener Kommissar Paul Enders (Jörg Hube): Als Vertretung des sich im Urlaub befindlichen Hauptkommissar Haferkamp wird Enders nach Frankfurt gerufen, um die dortigen Ermittler bei der Aufklärung eines Falls zu unterstützen. Eine Bank wurde überfallen – und zwar von dem Verbrecher-Trio, dass auch in Essen und Umgeben bereits an mehreren Tatorten sein Unwesen getrieben hatte.

Dieses Mal waren zwei Männer in eine Frankfurter Bank eingedrungen, ihr Komplize (eine Frau?) wartete im startbereiten Fluchtfahrzeug vor der Tür. Während die bisherigen Überfälle weitestgehend gewaltfrei verlaufen waren, kam es dieses Mal zu einem Schusswechsel, bei dem ein Wachmann lebensgefährlich verletzt wurde.

Obwohl die Essener Kriminalpolizei bereits mit der Arbeitsweise der Gangster vertraut ist, kann Kommissar Paul Enders zunächst nicht viel zur Aufklärung des Falles beitragen. Wesentliche Ermittlungsschritte laufen an ihm vorbei – die Kooperationsbereitschaft der Kollegen hält sich zunächst in Grenzen.

Doch dann tritt ein Zeuge auf den Plan. Der Autovermietungsmitarbeiter Baumann behauptet den Mieter des Fluchtwagens in einer Kneipe wiedererkannt zu haben: Einen Mann namens Klaus Bender. Aufgrund der Zeugenaussage wird der Verdächtige Bender verhaftet, aufgrund mangelnder Beweise jedoch schon bald wieder frei gelassen – nun natürlich in dem Wissen, dass es einen Zeugen gibt und wer dieser Zeuge ist.

Kommissar Enders ist sich der neuen Sachlage bewusst: Jetzt, wo die Täter den Zeugen kennen, werden sie doch sicher versuchen, an ihn heranzukommen. Sei es um ihn mit Gewalt zum Schweigen zu bringen, oder ihm Geld für die Rücknahme seiner Aussage zu bieten. Sollte die Polizei Baumann zum Lockvogel machen? Nein, rät Paul Enders, der die Alkoholabhängigkeit des Zeugens erkannt hat und ihn für wenig standhaft und unzuverlässig hält. Stattdessen schlägt er seinem Kollegen Fischer vor, selbst in die Rolle des Zeugen zu schlüpfen. Dieser ist zunächst gar nicht begeistert von dem wagemutigen Plan, stimmt dem Experiment mangels Alternativen dann aber zu.

Also verwandelt sich Kommissar Paul Enders in den Angestellten Baumann. Er lässt sich für die Presseveröffentlichungen unter dem Namen des Zeugen Baumann fotografieren, bezieht dessen Wohnung und übernimmt seinen Job beim Autoverleih. Schon kurz kurz darauf taucht eine Journalistin bei Baumann/Enders auf und bittet ihn um ein Interview. Es handelt sich um Inga Weiss, die Fahrerin des Fluchtautos. Weiss und Enders verabreden sich für den Abend – unwissend mit wem sie es jeweils zu tun haben. Dann nimmt der Fall eine gefährliche Wendung: Der angeschossene Wachmann erliegt seinen Verletzungen. Nun handelt es sich also um einen Mordfall. Wie werden Bender, Weiss und der dritte Komplize reagieren?

Die Vertretungslösung war im ursprünglichen Drehbuch zu „Der Zeuge“ übrigens nicht vorgesehen. Autor und Regisseur Peter Adam musste sie auf Wunsch des WDRs nachträglich einbauen, da der „eigentliche“ Essener Ermittler Hansjörg Felmy alias Kommissar Haferkamp den Plot der Tatort-Folge 111 als zu schlicht empfand. So bekam Jörg Hube seine Chance als Essener Tatort–Kommissar, die – trotz solider schauspielerischer Leistung – leider nicht zu einem ständigen Engagement führte. Zum ersten Mal ausgestrahlt wurde Paul Enders Fall am 7. April 1980 im Ersten.

Besetzung
Hauptkommissar Paul Enders – Jörg Hube
Inga Weiss – Claudia Demarmels
Klaus Bender – Heinz Hönig
Baumann – Uwe Dallmeier
Willi Kreutzer – Willy Semmelrogge
Uwe Draeger – Heinz-Werner Kreaehkamp
Kommissar Fischer – Walter Renneisen
Clever – Peter Bongartz
Hanni – Suzanne Geyer
Taxifahrer – Pit Krüger
Wirtin – Erika Wackernagel
u.a.

Stab
Drehbuch – Peter Adam
Regie – Peter Adam
Kamera – Helge Weindler
Architekt – Jochen Schumacher
Kostüme – Stasi Kurz
Produzent – Werner Kließ