Tatort-Hauptkommissar Paul Trimmel (Walter Richter) wird in seinem vierten Fall „Der Richter in Weiß“ in eine Villa an der Alster gerufen. Hier steht der Hamburger Ermittler vor der Leiche von Dr. Peter Beerenberg, einem renommierten Chefarzt eines Hamburger Krankenhauses. Die Ehefrau Brigitta (gespielt von Erika Pluhar!) gesteht, das Opfer selbst in Notwehr erschossen zu haben. Brigitta Beerenberg gibt an, dass ihr Mann betrunken gewesen wäre und Streit mit ihr gesucht hätte. Außerdem habe er zahlreiche außereheliche Affären, und nicht einmal den Anstand gehabt, diese zu verheimlichen. In Todesangst habe sie schließlich den Abzug der Waffe gedrückt.
Da die Witwe offensichtlich psychisch instabil ist, wird sie ärztlich untersucht. Der Amtsarzt stellt die Diagnose „Eifersuchtswahn“ und empfiehlt, die Täterin in eine psychiatrische Klinik einzuweisen. Doch dem erfahrenen Kriminalisten Trimmel kommen Zweifel, denn die Handlungen der Täterin sehen in seinen Augen wohlüberlegt aus. Hat sie tatsächlich im Affekt gehandelt und ihren Mann in Notwehr getötet? Bei der Vernehmung der Haushälterin erfährt der Kommissar, dass der vielbeschäftigte Arzt keinerlei Liebschaften führte, wie von der Ehefrau felstenfest behauptet.
In der Klinik werden auf Brigitta Beerenbergs Körper Spuren von gewalttätigen Auseinandersetzungen gefunden. Stimmt ihre Geschichte also doch? Sie gibt zu, auch selbst Männerbekanntschaften in der Ehe gehabt zu haben. Diese Aussage verstärkt Trimmels Verdacht, dass die Notwehrsituation erfunden ist. Der Hamburger Kripo-Beamte fährt nach Bremen und sucht dort Max Conradi auf, Brigittas letzten Liebhaber. Er entdeckt zu seinem Erstaunen, dass Conradi eine umfangreiche Waffensammlung besitzt. Der Mann sagt aus, sich nur sehr selten mit Brigitta getroffen zu haben; von einer innigen Beziehung könne keine Rede sein.
Während der Fahnder mit der Aufklärung des Mordes an Dr. Beerenberg beschäftigt ist, muss er parallel die Ermittlungen in einem weiteren Mordfall übernehmen: eine Prostituierte wurde erstochen. Ihr Freund Bodo Kolanowski legt schließlich ein Geständnis ab. Als Trimmel erfährt, dass in diesem Fall zwei gleich gebaute Messer für die Tat benutzt wurden, kommt der Ermittler auf eine Idee: Was, wenn auch im Fall Beerenberg zwei Waffen im Spiel waren? Er beginnt, nach einer zweiten Pistole zu suchen – und findet sie!
Hat Brigitta Beerenberg also zuerst auf ihren Mann geschossen? Conradi gibt schließlich zu, der Witwe Schießunterricht gegeben zu haben…
Die Tatort-Folge 011 „Der Richter in Weiß“ war nicht nur in seiner Fernsehfassung bei den Zuschauern beliebt, sondern auch als Tatort-Roman ein großer Erfolg. Mit über 119 Minuten Lauflänge ist sie bis heute die längste aller Episoden (Stand: Februar 2014).
Die Erstausstrahlung war am 10. Oktober 1971 auf dem Ersten Programm der ARD zu sehen, die Einschaltquote lag an dem Sonntagabend bei 66 Prozent.
Besetzung
Kommissar Trimmel – Walter Richter
Laumen – Joachim Richert
Brigitta Beerenberg – Erika Pluhar
Professor Dr. Robert Klemm – Helmut Käutner
Dr. Karlsen – Frank Straass
Höffgen – Edgar Hoppe
Dozent Dr. Lorff – Günther Dockerill
u.a.
Stab
Kamera – Frank A. Banuscher
Buch – Friedhelm Werremeier
Regie – Peter Schulze Rohr
Ein Klasse-Fernsehfilm, ein excellenter Krimi . .
zum großen Teil aber aufgrund des
sehr eindringlichen Charakterspiels von
Erika Pluhar – als Brigitte Beerenberg !!!!,
DIE Schauspielerin/Sängerin aus Österreich in der Zusammenfassung oben nicht zu erwähnen,
ist geradezu unverzeihlich, bei diesem Film.
LG aus Berlin,
Peter
Wahrscheinlich der längste Tatort aller Zeiten, knapp zwei Stunden Laufzeit.
Paul Trimmel in höchstform und ein sehr realistisches Schwurgericht.
Der Tatort Nummer 011. Schwere Kost und nicht einfach zu verdauen. Heute noch eher als bei der Erstsendung. Mit dabei ein echter Star-Anwalt, Rolf Bossi, der frühere Schrecken aller Staatsanwälte. Alleine sein Mitwirken in diesem Film war es schon wert, diesen langatmigen Streifen noch einmal zu sehen. Aus heutiger Sicht wäre die Frau Beerenberg wahrscheinlich, wenn überhaupt, wegen Körperverletzung mit Todesfolge strafrechtlich verfolgt worden. Damals, im Jahre 1971, hat sie sich an einen Halbgott vergriffen und selbst der (echte) Staranwalt Bossi mußte Kompromisse mit denen eingehen. Und Hauptkommissar Trimmel, von der Hamburger Mordkommission, überraschte sein Nasenbohrer-Team mit einer Solonummer. Nach vier Flaschen Bier und Leberwurstbroten robbt er sich, vom sportlichen Ehrgeiz beseelt, ins Wasser. Tatsächlich, er findet die mit Mühe angeschaffte Doubletten-Waffe. Wenn aktuelle Mißbrauch-Nummern im Bereich der Psychiatrie nicht durch die unabhängige Presse aufgedeckt werden würden, könnte man an einen gut gemachten Psycho-Tatort-Thriller glauben. Aber alleine das Mitwirken von Rolf Bossi in diesem Tatort-Krimi zeigte schon damals das Quantum Wahrheit an dieser Thematik. Sehenswert bis heute, aber in Vergessenheit geraten.
Ich möchte am letzten Satz von Dirk anschließen: es ist ein Jammer, dass dieser tolle Film in Vergessenheit geraten ist. Er ist nach wie vor brandaktuell, wobei mit psychischen Erkrankungen heute anders umgegangen wird als 1971. Trotzdem spielen Sachverständige generell heute eine größere Rolle denn je.
Letztendlich leidet dieser Film (und das sage ich als leidenschaftlicher Tatort-Seher) darunter, dass er ein Film der Tatort-Reihe ist… er hätte einen Einzelstatus verdient. Das gilt für Käutner, Pluhar, Richter aber auch für das Drehbuch und Regie. Das schreibt einer, der weit nach Entstehung des Filmes geboren wurde.
Trotz fast 2 Stunden und null Action nicht langweilig, der Anwalt war echt, Rolf Bossi.
Gestern gesehen un erinnert. Warum taucht Frau Pluhar nicht in der Besetzungsliste auf? MfG w.G.
@Wolfgang Gieschler:
Auweia, die große Erika Pluhar ist tatsächlich untergegangen. Wir haben die Darstellerin umgehend in der Besetzungsliste ergänzt – vielen Dank für Ihre berechtigte Nachfrage!
Beste Grüße aus der Redaktion
Sabine
Wirklich großartig und für das Jahr 1971 erstaunlich „offenherzig“ was die Thematik und die Kleidung von Erika Pluhar anging. Sehr schlecht kam die Ärzteschaft, und dabei speziell die Psychiater weg ! Das tut weh, wenn man Mitglied dieser Gilde ist, aber es ist andererseits sehr erheiternd, zu sehen, wie überheblich und gockelhaft wir uns zumindest damals noch aufführen konnten.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich das Verhalten des Professors richtig verstanden habe. Zuerst hat er Brigitta ja für voll zurechnungsfähig erklärt. Aber dann hat sie ihn ja wohl verführt, und ich vermute, dass er danach „verrückt nach ihr war“ und wollte, dass er weiterhin „Zugriff“ auf sie hat, deshalb hat er in der Verhandlung angefangen, anzudeuten, dass sie nicht zurechnungsfähig war, woraufhin sie ausgerastet ist und öffentlich erklärt hat, dass er mit ihr geschlafen habe, woraufhin er sie dann erst recht für „verrückt“ erklären konnte, so dass sie in seiner Klinik blieb und er weiterhin Sex mit ihr haben konnte. Habe ich das so richtig verstanden?