Kurz und knapp – darum geht’s
In seinem ersten Fall muss der neue Stuttgarter Hauptkommissar Ernst Bienzle einen Wirtschaftsbetrug mit EU-subventioniertem Fleisch aufklären. Dabei stößt er auf seinen alten Schulfreund Paul Stricker, einen angesehenen Fleischgroßhändler mit biederer Fassade, dessen Leben mit dem zwielichtigen Anwalt Dr. Dreher verstrickt ist. Als Bienzle auf Strickers traditionellem Reh-Essen unter der elitären Stuttgarter Gesellschaft ermittelt, kommt ein dunkles Familiengeheimnis ans Licht. Als die vermeintlich heile Welt des Unternehmers vor aller Augen auseinanderbricht, eskaliert die Situation zu einem tödlichen Finale…
Inhalt der Tatort-Folge „Bienzle und der Biedermann“
Mit gezückter Waffe steht Günter Gächter, Bienzles Assistent, im fahlen Scheinwerferlicht an einem nächtlichen Grenzübergang. Die Kontrolle eines verdächtigen LKWs endet tödlich: In Notwehr erschießt Gächter einen der beiden Fahrer, während der andere mit der Fracht entkommt – eine Ladung Fleisch mit gefälschten Papieren, die im Zentrum eines großangelegten Subventionsbetrugs steht.
Ernst Bienzle – der störrisch-muffelige Vorzeigeschwabe mit dem gedankenverloren wirkenden Auftreten – nimmt die Ermittlungen auf. Durch seinen Trenchcoat und Hut wie aus der Zeit gefallen, aber mit der Beharrlichkeit eines Uhrwerks, verfolgt er die Spur zum Drahtzieher: dem aalglatt-smarten Anwalt Dr. Joachim Dreher, der für seine Klienten EU-Subventionen erschleicht und dabei selbst kräftig mitkassiert. Bei seinen Ermittlungen stößt Bienzle ausgerechnet auf seinen Jugendfreund Paul Stricker, einen aufstrebenden Fleischgroßhändler, dessen konservativ-rechtschaffene Fassade sich als trügerisch erweisen wird.
„Es ist nicht Ihr Fest, gell?“, fragt Hannelore Schiedinger, Bienzles aufgeweckte Dauerfreundin, den Gastgeber beim traditionellen Reh-Essen der Stuttgarter Lokalpolitik. Hier versammelt sich alles, was in der baden-württembergischen Hauptstadt Rang und Namen hat – ein Sumpf aus Netzwerken und Gefälligkeiten, in dem sich Politik und Wirtschaft die Hände reichen. Während Bienzle und Hannelore die Honoratioren beobachten, wirkt ihr Gastgeber Stricker seltsam abwesend. „Früher war das anders. Heute kenne ich nicht einmal mehr die Leute alle. Und ich weiß eigentlich auch gar nicht, was hier passiert“, gesteht er mit schwerem Herzen.
Die Ermittlungen gleichen einem Tanz auf dünnem Eis – hinter jeder bieder-bürgerlichen Fassade lauert ein Abgrund. Strickers vermeintlich perfektes Leben bröckelt wie morscher Putz: Seine Tochter Cordula bessert heimlich als Domina in einem SM-Etablissement ihr Einkommen auf, während er selbst als Kunde dort verkehrt. Die Geschäfte mit seinem Anwalt Dr. Dreher ziehen ihn tiefer in den Strudel aus Schuld und Erpressung.
Wie die schweren Wolken über den Hügeln des Stuttgarter Talkessels verdichtet sich das Drama zum Showdown beim festlichen Rehessen. Die kurzweiligen Dialoge zwischen „Ärnschd“ und seiner kecken Begleiterin Hannelore können nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich hier ein Familiendrama anbahnt, dessen Ausmaß selbst den erfahrenen Ermittler überrascht. Als plötzlich alle Masken fallen und die wahren Gesichter sichtbar werden, hat der Tod schon längst seinen Platz am Tisch eingenommen…
Hinter den Kulissen
Mit dem Tatort „Bienzle und der Biedermann“ (Folge 266) feierte am 6. Dezember 1992 ein Ermittler sein Debüt, der so schwäbisch daherkommt wie kein zweiter in der Tatort-Geschichte. Das Autorenduo Felix Huby und Dieter de Lazzer schrieb das Drehbuch unter Mitarbeit von Regisseur Peter Adam. Während Felix Huby bereits 1976 den ersten Roman mit der Figur Ernst Bienzle veröffentlicht hatte, basierte diese TV-Folge auf einem Originaldrehbuch, das erst zwei Jahre nach der Ausstrahlung als Roman erschien.
In der Besetzung brillierte Dietz-Werner Steck als eigenbrötlerischer Kommissar Bienzle, der zuvor bereits in Nebenrollen zu sehen war und der Krimireihe fast fünfzehn Jahre erhalten blieb. An seiner Seite sorgte Rita Russek als Hannelore Schiedinger für frischen Wind. In weiteren Rollen glänzten Rüdiger Vogler als schuldgeplagter Unternehmer Stricker, Hanns Zischler als zwielichtiger Anwalt Dreher sowie Christina Plate als zerrissene Tochter Cordula.
Mit 11,14 Millionen Zuschauern gehörte der Tatort „Bienzle und der Biedermann“ zu den erfolgreichsten Folgen der 1990er und sogar der 2000er Jahre – nur der zweite Bienzle-Fall „Bienzle und die schöne Lau“ konnte diese Einschaltquote noch übertreffen. Nach der Ausstrahlung löste besonders der mutige Exkurs ins Sado-Maso-Milieu und die ungewöhnliche Verknüpfung mit dem Thema Wirtschaftskriminalität kontroverse Diskussionen aus. Trotz des konventionellen Arrangements etablierte sich der eigenbrötlerische Schwabe mit seinem ersten Fall als echtes Original in der Tatort-Landschaft und prägte die Reihe mit seinem unverwechselbaren Stil bis 2007.
Besetzung
Hauptkommissar Ernst Bienzle – Dietz Werner Steck
Paul Stricker – Rüdiger Vogler
Dr. Joachim Dreher – Hanns Zischler
Ingrid Stricker – Heide Simon
Cordula Stricker – Christina Plate
Hilbert – Hubertus
Gertzen Gensmer – Uwe Müller
Bossle – Dieter Eppler
Hannelore Schiedinger – Rita Russek
Fahlbusch – Christoph Hofrichter
Günter Gächter – Rüdiger Wandel
u.a.
Stab
Drehbuch – Felix Huby
Regie – Peter Adam
Kamera – Fritz Moser
Musik – Stefan Melbinger
Bilder: SWR/Schröder
Hallo!
Dieser Tatort ist der letzte, den mein Vater gesehen hat, er fiel dann ins Koma in der Nacht vom 6. auf den 7.121992. Ich würde ihn daher gerne einmal sehen. Kann man diese Folge irgendwo erwerben?
Vielen Dank für die Antwort
Gerne würde ich diesen Tatort noch einem sehen, oder wenn möglich auf einer
DVD käuflich erwerben. Können Sie mir eine entsprechende Bezugsquelle be-
nen. MfG.
Der Tatort Nummer 266 aus Stuttgart. Hauptkommissar Bienzle in seiner ersten Tatort-Hauptrolle, gleichberechtigt neben anderen Größen dieser Fernsehproduktion. Und dann gleich mit Biedermann. Genauso war der Tatort-Spielfilm dann auch – bieder. Da half auch nicht die hübsche, junge Domina und Hannelore schon gar nicht. Ermitteln musste Bienzle im Bereich der Wirtschaftskriminalität, Fleisch Export und Import, auch ein ewiges Thema, Erpressung und Bestechung in Ministerien, eigentlich für Bienzle schon eine Nummer zu hoch und zum Schluss doch noch ein Mord. Na denn. Interessant zu schauender Ur-Bienzle aus Anfang der !990iger Jahren. Für Fans und Kaffeetrinker eine schöne Sonntagsnachmittagsbeschäftigung, bei sehr schlechtem Wetter.
Würde gerne kaufen auf DVD aber wo und ich wollte bestimmte Kommissare haben.
Amüsant und etwas schräg.
Man wünscht sich, daß die hier auftretende Domina mal Drehbuchautoren und Regisseure neuerer Produktionen vermöbelt. Auf daß davon die Filme besser werden.
Die hübsche Domina geht mir nicht mehr aus dem Kopf.
Aber was sagt dazu die Kirche? Was würde der Katholische Filmdienst dazu schreiben?
An die Produzenten!
Wie obenstehende begeisterte Zuschriften zeigen, würden viele den Film auf DVD kaufen.
Er setzt eine ähnliche Thematik wie Sophokles‘ Ödipus visuell sinnfällig um.
Einige Zuschauer werden in Ohnmacht fallen.
Es wäre wünschenswert, ihn baldmöglichst herauszubringen.
In Felix Huby ist uns ein neuer Sophokles entstanden.
.
An alle anderen Interessierten:
Eine der beiden Sado-Maso Szenen ist unter „Unknown Euro leather Babe“ auf YouTube erhältlich.
Da ist glaube ich ein Namensfehler passiert. Sie schreiben:
„Als inhaltliche Vorlage für die Tatort-Krimis mit Kommissar Bienzle dienen die Romane von Felix Ruby…“
Es muß aber wohl heißen: Felix Huby.
Viele Grüße
Alexander
Der Tatort mit der Nummer 266 aus dem Jahr 1992 mit dem Stuttgarter Tatort-Kommissar Bienzle , der immer Bemühungen aufgezeigt hat, seine Fälle auch aufzuklären. Ein ruhiger und sehenswerter Tatort-Kriminalfilm. Leider ist der beliebte Fernseh-Kommissar schon seit ein paar Jahren verstorben und hat seine letzte Ruhestätte in Stuttgart gefunden.
Die Meinung vom 27.02.2016 halte ich.
Der erste Bienzle Fall ist immer wieder gern gesehen. Gemütlich spannende Unterhaltung mit tollen Darstellern. 4 von 5
Der erste Bienzle Fall ist immer wieder gern gesehen. Gemütlich spannende Unterhaltung mit tollen Darstellern. 4 von 5
Als Film gut gemacht, aber als Krimi für mich ein Flop. Der Mord – oder jedenfalls der Schuss – passiert ganz am Ende und quasi in Gegenwart des Kommissars, und der Täter legt auch gleich ein Geständnis ab. Das soll ein Krimi sein??? Es war vorher lediglich ein bisschen spannend, weil man nicht wusste, wer wohl wen umbringen würde. Es kamen ja mehrere sowohl als Täter als auch als Opfer in Frage.
An all jene, welche sich hier eine Veröffentlichung fürs Heimkino wünschten: Es gibt seit kurzem eine Gesamtedition mit allen 25 Bienzles, für 40€ sogar zu einem annehmbaren Preis, also zuschlagen bevor vergriffen 😉
In der allerersten Bienzle-Folge gleich Christina Plate als Domina –> ned schlecht! 😯
(der sonstige Plot rund um ‚Gammelfleisch‘ bzw. dessen Hin- und Rücktransporte war eher unappetitlich!)