Kurz und knapp – darum geht’s

Der Bauunternehmer Max Claudius wird nach einem geschäftlichen Abendessen auf der Auffahrt seiner Villa erschossen, während die Aktien seiner Firma rapide an Wert verlieren. Die Ermittler Batic und Leitmayr konzentrieren sich schnell auf den Landwirt Benedikt Moosbach, der durch den Kursverlust der Claudius AG seinen ererbten Hof verloren hat und den Unternehmer zuvor öffentlich des Betrugs bezichtigt hatte. Als die Beamten in Moosbachs Mülltonne Beweismittel finden, kann der Verdächtige entkommen und verschanzt sich wenig später mit Geiseln in einer Bank – was niemand ahnt: Der Täter ist nicht Moosbach, sondern der arme Teenager Michael, der zufällig die Tatwaffe gefunden hat, und ausgerechnet Kommissar Leitmayr muss nun sein Leben riskieren, um eine Tragödie zu verhindern…

Inhalt der Tatort-Folge „Im Visier“

Ein gezielter Kopfschuss hallt durch die nächtlichen Straßen eines wohlhabenden Münchner Vororts, als der Bauunternehmer Max Claudius auf dem Heimweg in seiner Villenzufahrt von einem maskierten Täter erschossen wird. Die Dunkelheit verschluckt den Mörder, während der leblose Körper des Unternehmers im kalten Licht der Außenbeleuchtung zurückbleibt. Die Kommissare Batic und Leitmayr werden zum Tatort gerufen und beginnen ihre Ermittlungen in einem Fall, der wie eine Zwiebel Schicht für Schicht abgetragen werden muss.

Franz Leitmayr, der erfahrene Kommissar, ist ein Mann mit Prinzipien, der manchmal an seinen eigenen Moralvorstellungen zu zerbrechen droht. Als er später im Fall die Gelegenheit hat, auf den flüchtenden Verdächtigen zu schießen, zögert er den entscheidenden Bruchteil einer Sekunde – eine Entscheidung, die ihn im Verlauf der Ermittlungen immer wieder einholen wird. Sein Kollege Ivo Batic hingegen verfolgt die Spuren mit analytischer Schärfe und lässt sich weniger von Emotionen leiten. Gemeinsam folgen sie der Spur des Geldes, die wie ein roter Faden durch den Fall führt.

Die Ermittler tauchen ein in ein verworrenes Netz aus wirtschaftlichen Interessen, persönlichen Tragödien und fatalen Zufällen. Da ist Veronika Claudius, die nach dem Tod ihres Bruders die Geschäfte der „Claudius AG“ übernimmt und nach außen entschlossen in die Zukunft blickt, während sie den Kommissaren ein belastendes Video übergibt: Es zeigt den Landwirt Benedikt Moosbach, wie er Max Claudius während einer Aktionärsversammlung des Betrugs bezichtigt und sogar körperlich angreift. Moosbach hat bei Aktiengeschäften mit der Claudius AG seinen ererbten Hof verloren und fühlt sich betrogen, nachdem das Land kurz nach dem Verkauf als lukratives Bauland ausgeschrieben wurde.

Der Moosbachhof, einst ein stolzes Familienanwesen, liegt nun verlassen im kalten Herbstlicht. Als die Kommissare dort nach Beweisen suchen, finden sie in einer umgestürzten Mülltonne einen Störsender und eine Sturmmaske – Utensilien, die beim Mord verwendet wurden. Die Tatwaffe allerdings bleibt verschwunden. Was die Ermittler nicht wissen: Das Geschwisterpaar Michael und Lisa Hirlinger hat die Waffe auf dem Heimweg vom Kinobesuch zufällig gefunden. Während Lisa Bedenken hat, nimmt der arbeitslose Michael die Pistole an sich – eine Entscheidung, die wie eine Lawine eine Kette verhängnisvoller Ereignisse auslöst.

Als Batic und Leitmayr Moosbach festnehmen wollen, gelingt diesem die Flucht. Die Ermittlungen gleichen nun einem Puzzle, bei dem die entscheidenden Teile fehlen, und der Fall nimmt eine dramatische Wendung, als die Kommissare plötzlich zu einem Banküberfall mit Geiselnahme gerufen werden. Im Bankhaus Malberg – ausgerechnet der Hausbank der Claudius AG – hat sich ein maskierter Täter verschanzt. Unter den Geiseln befindet sich die 16-jährige Lisa Hirlinger. Alle sind überzeugt, dass Moosbach der Täter sein muss, der versucht, einen Teil seines verlorenen Geldes zurückzuholen.

In dieser explosiven Situation trifft Leitmayr eine mutige Entscheidung: Er tauscht sich gegen eine Geisel ein und steht dem vermeintlichen Moosbach gegenüber. Die Szene in der Bank ist wie ein Druckkochtopf, in dem die Spannungen jeden Moment explodieren könnten. Draußen hat das SEK den finalen Rettungsschuss bereits freigegeben, während drinnen Leitmayr versucht, den Täter zur Aufgabe zu überreden. Die Uhr tickt gnadenlos, und der Kommissar erkennt, dass nichts so ist, wie es scheint…

Hinter den Kulissen

Der Tatort „Im Visier“ ist der 548. Film der Reihe und der 36. Fall des Ermittlerteams um die Kommissare Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Ivo Batic (Miroslav Nemec) sowie deren Kollegen Carlo Menzinger. Die vom Bayerischen Rundfunk produzierte Folge wurde von Regisseur Peter Fratzscher inszeniert, für den es nicht der erste „Tatort“ war. Das Drehbuch stammte von Sabine Bühring, die mit dieser Geschichte ihr Drehbuchdebüt feierte.

In den Hauptrollen brillieren neben den etablierten Kommissaren Wachtveitl und Nemec auch Carin C. Tietze als Veronika Claudius, die Schwester des Mordopfers. Die Dreharbeiten fanden an verschiedenen Locations in und um München statt, wobei besonders die Kontraste zwischen den luxuriösen Villenvierteln der Stadt und den ländlichen Gebieten am Stadtrand in Szene gesetzt wurden.

Bei seiner Erstausstrahlung am 23. November 2003 erreichte der Tatort „Im Visier“ hervorragende Einschaltquoten: 9,36 Millionen Zuschauer verfolgten die spannende Handlung, was einem Marktanteil von 26,3 Prozent für Das Erste entsprach. Die Kritiken lobten besonders das temporeiche Drehbuch und die geschickte Verknüpfung der drei parallelen Handlungsstränge.

Für eine interessante Kontroverse sorgte der Film nach seiner Ausstrahlung: Der Sprecher des Münchner Polizeipräsidiums, Peter Reichl, kritisierte öffentlich die detaillierte Darstellung polizeitaktischer Vorgehensweisen des SEK bei einem Banküberfall mit Geiselnahme. Er befürchtete, dass potenzielle Täter dadurch Einblicke in die Arbeit von Spezialeinheiten erhalten könnten. Diese Kritik zeigt, wie realistisch der „Tatort“ die Polizeiarbeit darstellt – ein Merkmal, das viele Zuschauer an der Reihe besonders schätzen.

Besetzung

Hauptkommissar Ivo Batic – Miroslav Nemec
Hauptkommissar Franz Leitmayr – Udo Wachtveitl
Oberkommissar Carlo Menzinger – Michael Fitz
Veronika Claudius – Carin C. Tietze
Max Claudius – Alfred Kleinheinz
Mila Moosbach – Patrycia Ziolkowska
Lisa Hirlinger – Jessica Richter
Michael Hirlinger – Vinzenz Kiefer
Albert Potter – Anian Zollner
Ben Moosbach – Winfried Frey
Vater Hirlinger – Vitus Zeplichal
u.a.

Stab

Drehbuch – Sabine Bühring, Peter Fratzscher
Regie – Peter Fratzscher
Kamera – Alexander Fischerkoesen
Musik – J.J. Gerndt

Bilder: BR/Marco Orlando Pichler