Kurz und knapp – darum geht’s
Ein grausiger Fund in der Kieler Kanalisation erschüttert die Stadt: Menschliche Überreste – Hüftgelenke, Haare, Zähne und Prothesen – tauchen im Abwassersystem auf und tragen Spuren von Säure. Hauptkommissar Klaus Borowski steht vor einem rätselhaften Fall mit scheinbar vielen Opfern. Mitten in den komplexen Ermittlungen stellt sich überraschend ein katholischer Priester der Polizei und gesteht die Taten. Doch Borowski bleibt skeptisch – warum sollte ein Geistlicher unschuldig lebenslange Haft auf sich nehmen? Als der Kommissar in die feuchte Dunkelheit der Kanalisation hinabsteigt, um der Wahrheit auf den Grund zu gehen, ahnt er nicht, dass ihn in der „Unterwelt“ von Kiel eine erschütternde Begegnung erwartet…
Inhalt der Tatort-Folge „Borowski in der Unterwelt“
„Ich dachte, ich kenn‘ schon alles nach 20 Jahren Wühlerei im Dreck.“ Mit diesen Worten steht Hauptkommissar Klaus Borowski im fahlen Licht einer Taschenlampe inmitten der feuchten, modrigen Kanalisation Kiels. Das Wasser tropft rhythmisch von den schleimigen Wänden, während das Echo seiner Schritte durch die gewölbten Gänge hallt. Selbst dem hartgesottenen Ermittler dreht sich der Magen um angesichts des grausigen Fundes: menschliche Überreste, die im trüben Abwasser treiben – Hüftgelenke, Schädelplatten, sogar ein Finger mit Ehering.
Die Leichenteile weisen Spuren von Säure auf – offenbar wurden die Körper aufgelöst und dann durch die Toilette in die Kanalisation gespült. Über die gefundenen Herzschrittmacher und Prothesen können einige Identitäten festgestellt werden. Borowski zieht die Psychologin Frieda Jung hinzu, um ein Täterprofil zu erstellen. In ihrem Büro mit dem Blick über die Kieler Förde diskutieren sie mögliche Szenarien. Die kühle Professionalität, mit der Jung die Fälle analysiert, irritiert Borowski – eine Spannung, die zwischen den beiden in der stickigen Luft hängt.
Die Situation verschärft sich dramatisch, als die 19-jährige Doreen Winter als vermisst gemeldet wird. Könnte sie das nächste Opfer sein? Borowskis Befürchtungen werden jäh unterbrochen, als sich Priester Albert Benz überraschend bei der Polizei meldet – und die Taten gesteht. „Ich bin es gewesen. Ich habe sie alle getötet“, sagt der Geistliche mit erstaunlicher Ruhe. Doch sein Geständnis wirkt unvollständig, er nennt lediglich Details, die aus der Presse bekannt sind.
Borowski, misstrauisch wie immer, glaubt dem Priester kein Wort. „Mein Knie juckt, und das sagt mir: Der Mann lügt“, erklärt er seiner Kollegin Jung, während sie im Beichtstuhl von Benz‘ Kirche sitzen – ein ungewöhnlicher Ort für ein Ermittlergespräch. Die schweren Holzbänke knarren bei jeder Bewegung, während durch die bunten Kirchenfenster diffuses Licht fällt. Die Suche nach einem Motiv beginnt, aber nicht nach dem Tatmotiv, sondern nach Benz‘ Grund zu lügen. Die Ermittlungen gleichen einem absurden Paradoxon: Ein Kommissar, der einem Geständigen nachweisen will, dass er nicht der Täter ist.
Als Benz behauptet, auch für Doreens Verschwinden verantwortlich zu sein, überschlagen sich die Ereignisse. Der verzweifelte Vater des Mädchens verliert die Fassung und schießt auf den Priester, der schwer verletzt ins Krankenhaus kommt. Kurz darauf stellt sich heraus, dass Doreen nur in Frankreich Urlaub gemacht hat und sich nicht melden konnte.
Der angeschlagene Benz flieht aus dem Krankenhaus. In seiner Kirche entdeckt Borowski Fußspuren, die in die Kanalisation führen – wie Brotkrumen eines modernen Hänsel und Gretel, die den Weg durch ein Labyrinth aus Dunkelheit und fließendem Wasser markieren. Der Kommissar folgt ihnen, tief hinab in die feuchte Unterwelt der Stadt, wo die salzige Meeresluft sich mit dem modrigen Geruch des Abwassers vermischt. Was Borowski dort entdeckt, stellt alle bisherigen Annahmen auf den Kopf und führt zu einer Begegnung, die ihn an die Grenzen seiner Vorstellungskraft bringt…
Hinter den Kulissen
Der NDR-Tatort „Borowski in der Unterwelt“ ist der fünfte Einsatz für den eigenwilligen Ermittler aus Kiel, gespielt von Axel Milberg. Regie führte Claudia Garde, das Drehbuch stammt aus der Feder von Sascha Arango. Das kreative Duo hatte bereits zuvor gemeinsam den Kieler Tatort „Stirb und werde“ (Folge 574) inszeniert.
Eine Besonderheit dieser Folge ist die ungewöhnliche Auflösung: Am Ende des Krimis gibt es keinen Mörder im klassischen Sinne – eine gewagte Abweichung von der üblichen Tatort-Dramaturgie. Die düster-feuchte Atmosphäre der Kanalisation als zentraler Handlungsort verleiht dem Film einen beinahe mythologischen Charakter, der perfekt zum einzelgängerischen Kommissar Borowski passt.
Für die Dreharbeiten erhielt das Produktionsteam Unterstützung vom Technischen Hilfswerk (THW) des Ortsverbands Kiel. Deren Expertise war besonders bei einer technischen Herausforderung gefragt: Für einige Schlüsselszenen musste ein Bunkerabschnitt eigens geflutet und gestaut werden.
Die Erstausstrahlung am 2. Oktober 2005 im Ersten verfolgten 5,40 Millionen Zuschauer, was einem Marktanteil von 15,8 Prozent entsprach. Kritiker lobten besonders die knackigen Dialoge zwischen Borowski und der Psychologin Frieda Jung (Maren Eggert), die von unterschwelligen Komplimenten und subtilem Wortwitz geprägt sind. Auch das Duell zwischen Milberg und Uwe Bohm als Priester Benz fand große Anerkennung – zwei Charakterdarsteller auf Augenhöhe in einem außergewöhnlichen Katz-und-Maus-Spiel.
Besetzung
Klaus Borowski – Axel Milberg
Frieda Jung – Maren Eggert
Roland Schladitz – Thomas Kügel
Kriminaltechniker – Jan Peter Heyne
Pfarrer Benz – Uwe Bohm
Gerichtsmediziner – Samuel Finzi
Alim Zainalow – Mehdi Moinzadeh
Stab
Regie – Claudia Garde
Kamera – Martin Farkas
Buch – Sascha Arango
Bilder: NDR/Marion von der Mehden
Sehr guter Tatort. Wirklich sehr sehr spannend!
Wer schreibt eigentlich diese Inhaltsangaben? Die klingen wie Schulaufsätze aus der 5. Klasse!
Habe ihn leider erst Heute zum ersten male sehen können.
Katastrophaler Tatort.
Abstruse Story,schlecht umgesetzt.
Warum versuchen eine gut laufende Serie zu verbessern?
Hat noch nie geklappt.
Never change a running System.
oder.
Schuster bleib bei deinen Leisten.
Der war einfach nur schlecht.
Ich weiß nicht wo ich anfangen,wo aufhören soll.
das einzig gute war das er auchmal zu Ende ging.
OLLI
Wer denkt sich so eine „Räuberpistole“ aus? Einäugiges Monster, das in der Kanalisation lebt, aber fit ist wie ein Turnschuh.
Was kommt als nächstes? Irgendwas mit Marsmännchen???
Grottenschlecht, warum lehnt der gute Herr Milberg solche Drehbücher nicht ab?
Knallharter Thriller und Gesellschaftsdrama, der Tatort mit der Nummer 608, der der Realität näher ist als der Absurdität. Dieses hat sich ja wieder einmal mit dato bewahrheitet. Der Kieler Hauptkommissar Borowski und die Polizeipsychologin Jung jagen einen imaginären Massenmörder durch die Kieler Kanalisation und der sich selbst Beschuldigte beharrt auf Anerkennung seiner Schuld. Der ist ja auch Priester und doof, kommt dem wahren (Nicht-) Schuldigen damit erheblich nahe. Menschen die in der Kanalisation leben gibt es leider. In Deutschland, in Europa, auf der ganzen Welt. Manche vegetieren buchstäblich und manche sind fit wie ein „Turnschuh“. Mal ein etwas anderer Tatort-Kriminalfilm aus dem Jahr 2005, mysteriös, auch spannend und interessant. Sollte man durchaus einmal gesehen haben.
Two great characters facing each other: der Kommissar and der Pfarrer. But in the end the man who didn’t do it is killed by the man who’s daughter in unharmed.
Lob an Uwe Bohm für seine tolle Darstellung als Pfarrer Bösewicht. Aber sonst wirkt das ganze eher abstrakt und grotesk. Borowski wirkt so jung hier. Naja der Fall ist ja auch schon 15-16 Jahre alt. Ich gebe diesem eine mittelmäßige Bewertung. Die Dialoge zwischen Borowski und Jung sind köstlich.
Heute erstmalig gesichtet und mein Fazit:
Unfassbar großartiges und stellenweise fast bis ins Unerträgliche spannendes Psycho Duell (großartig: Uwe Bohm) und Gesellschaftskritik in einem.
Aber was ist bloß mit Zainalow los? Es maßt sich so an, als wolle man sich von einem relativ überflüssigen und austauschbaren Charakter verabschieden…
Dennoch für mich bisher einer der besten Borowskis und einer der besten Tatorte überhaupt.
Borowski und der Pfarrer stehen „allein“ unter der Brücke am Fluss und Borowski sagt „Niemand schaut zu.“ Tatsächlich steht aber eine Person direkt hinter dem Pfarrer für circa 1sek bis zum Schnitt.
@ MadMonkey vom 19.03.2021
Das muss der dienstliche Schatten von Hauptkommissar Borowski gewesen sein, denn lebensmüde ist „die“ Leiter nicht.
@ MadMonkey von 29.8.20: „Borowski wirkt so jung hier. … Die Dialoge zwischen Borowski und Jung sind köstlich.“
Ja, das sehe ich auch so. Aus meiner Sicht der beste Dialog war Borowski zu Jung: „Sie verschlossene Muschel“, Jung: „Auster mit Perle“, Borowski: „Wo finde ich die Perle?“, Jung:“Da müssen Sie ganz tief tauchen!“.
Bekanntlich hat Borowski nicht tief genug getaucht, um sich die Perle längerfristig zu sichern. Schade eigentlich!
Ansonsten war diese TO-Folge eher Trash.
Borowski halt. Immer etwas anders aber spannend und mit dem unvergesslichen Uwe Bohm. Dieser Tatort hat auch nach 17 Jahren nichts von seinem Flair verloren.
Der Film war zwar spannend genug anzuschauen, aber als dann die Schlussmusik ertönte, kamen mir doch Zweifel, ob wir alles zu sehen bekommen hatten, was ursprünglich im Drehbuch stand.
– Da bspw. der Pfarrer mehrmals so munter auf das Bild eines Jungen (?) in seiner Spindtür tippte, dachte ich beim ersten Erscheinen des Kanalisationsbewohners an eine Verbindung. Etwa, dass der Wassermensch der Bruder des Priesters sei, dessen Verunstaltung der in grauer Vergangenheit durch einen Unfall verursacht hatte und deshalb nun die Schuld für die Taten des verwirrten Bruders auf sich nahm. Irrtum. Aber werden damit die Szenen am Spind und die Verunstaltung nicht überflüssig, weil eh nie erklärt?
– Wenn der Wassermensch nur einsammelte, was durch die Kanalisation rauschte und quasi in seiner guten Stube angeschwemmt wurde, also er niemanden ermordet hatte, wieso löste er die Leichen bzw. Körperteile dann in Säure auf, löffelte sie in Fässer und deponierte die tief unten?
– Was die Frage aufwirft: wie organisierte er sich überhaupt diese erheblichen Mengen an Säure nebst der vielen Fässer? Mit einem Gesicht wie seinem wäre er doch sicher mal jemandem beim entsprechenden Großeinkauf im Gedächtnis geblieben, oder?
– Und schließlich: Wovon lebte der Kanalisationsbewohner? Ging er einmal die Woche in den Supermarkt, Essbares und Wasser shoppen? Strom/Gas zum kochen kamen woher genau?
Falls jemand Antworten hat – gern!