Tatort Folge 613: Tod auf der Walz

Kurz und knapp – darum geht’s

Der junge Handwerksgeselle Mario Leitgeb wird tot unter der Großhesseloher Brücke bei München gefunden, während er sich eigentlich auf seiner traditionellen dreijährigen Wanderschaft – der Walz – befinden sollte. Die Münchner Kommissare Batic und Leitmayr müssen in eine ihnen völlig fremde Welt eintauchen: die der „tippelnden“ Handwerksgesellen mit ihrer eigenen Sprache, strengen Riten und jahrhundertealten Traditionen. Als sich die Ermittlungen auf die junge Handwerksgesellin Franzi Brandl konzentrieren, die im Dorf als „verfluchte Hexe“ gilt, wird plötzlich auch Marios bester Freund Gerry brutal ermordet – und die Kommissare geraten selbst zwischen die Fronten einer tragischen Geschichte voller Eifersucht, Aberglaube und verdrängter Vergangenheit.

Inhalt der Tatort-Folge „Tod auf der Walz“

Begleitet von melancholischen Mundharmonika-Klängen verabschiedet sich der junge Zimmermann Mario Leitgeb von seiner besorgten Mutter und verlässt sein Heimatdorf Wurmannsreuth, um seine dreijährige Wanderschaft anzutreten. Der Morgennebel liegt noch wie ein schützender Schleier über den bayerischen Wiesen, als er mit seinem älteren Kollegen Gerry Neuner aufbricht – voller Hoffnung auf Abenteuer und Freiheit. Doch statt unter freiem Sternenhimmel endet seine Reise jäh unter einer kalten Eisenbahnbrücke in München.

Für die Kommissare Ivo Batic und Franz Leitmayr beginnt ein Fall, der sie weit aus ihrer urbanen Komfortzone herausführt. Während der in München geborene Kroate Batic dem bayerischen Landleben ohnehin skeptisch gegenübersteht, muss selbst der einheimische Leitmayr passen, wenn es um die eigenartige Sprache der Handwerksgesellen geht: „Ken, Kunde, Ken“ zur Begrüßung, „Schietendick“ für Betrunkene und ein „Hustenburger“ für eine Zigarette – die Kommissare stehen wie vor einer Mauer aus unverständlichen Wörtern. „Da hast du dein Bayern: Helles Bier und finsterer Aberglaube“, kommentiert Batic trocken, als sie erfahren, dass die attraktive Wandergesellin Franzi Brandl im Dorf als verhexte Unglücksbringerin gilt.

Das Trümmerfeld aus Verdächtigen gleicht einem undurchschaubaren Labyrinth: Da ist der zwielichtige Bauunternehmer Pirner, dem Mario kurz vor seinem Tod 11.000 Euro gestohlen hat; der herzliche Herbergsvater Kolo „Vadder“ Koidl, dessen väterliche Fürsorge für seine Schützlinge seltsam obsessiv wirkt; und nicht zuletzt Gerry Neuner, Marios bester Freund, der ihm die Geliebte ausgespannt hat. Die Ermittlungen führen die Kommissare in urige Wirtshäuser, wo das Bier in Strömen fließt und hinter jedem freundlichen Gesicht ein Geheimnis zu lauern scheint.

Als sich Leitmayr beim „Nagelwettbewerb“ gegen Batic durchsetzt und sich verkleidet unter die „Tippelnden Brüder Hoffnungsschacht“ mischt, öffnet sich langsam eine Tür in diese verschworene Gemeinschaft. Die anfänglich abweisenden Gesellen tauen auf, besonders die geheimnisumwitterte Franzi Brandl fasst Vertrauen zu dem vermeintlichen Neuling. Doch als ein zweiter Mord geschieht und Franzis blutiges Messer neben dem Opfer gefunden wird, verdichtet sich das Netz aus Verdächtigungen. Plötzlich taucht eine Gestalt aus Franzis Vergangenheit auf – ein Mann, den alle für tot hielten. Die Fahndung nach dem Mörder gleicht nun nicht mehr der Suche nach einer Nadel im Heuhaufen, sondern eher einem Versteckspiel im Nebel, wo jeder Schritt in die falsche Richtung führen kann.

Hinter den Kulissen

Der Fernsehfilm „Tod auf der Walz“ ist der 41. Fall für das Münchner Ermittlerduo Ivo Batic und Franz Leitmayr und wurde vom Bayerischen Rundfunk produziert. Die Dreharbeiten fanden vom 4. April bis zum 6. Mai 2005 in München und Umgebung statt. Als malerische Kulissen dienten die Ortschaften Münsing, Gilching, die Eglinger Ortsteile Sachsenhausen und Ergertshausen sowie die idyllische Pupplinger Au. Für die Produktion zeichnete die Avista Film München GmbH verantwortlich, während die authentische Zunftbekleidung der Darsteller von Fritz Höhne aus Bielefeld bereitgestellt wurde.

In den Hauptrollen brillieren wie gewohnt Miroslav Nemec als Ivo Batic und Udo Wachtveitl als Franz Leitmayr, unterstützt von Michael Fitz als Carlo Menzinger. Beeindruckende Gastauftritte liefern unter anderem der vielseitige Elmar Wepper als Herbergsvater Kolo Koidl, Lisa Maria Potthoff als geheimnisvolle Franzi Brandl und Maximilian Brückner als Geselle Gerry Neuner – ein Jahr, bevor Brückner selbst zum „Tatort“-Kommissar avancierte und bis 2012 im Saarbrücker „Tatort“ ermittelte.

Die Erstausstrahlung am 6. November 2005 im Ersten Programm der ARD verfolgten beachtliche 8,92 Millionen Zuschauer, was einem Marktanteil von 24,1 Prozent entsprach. Autor Markus Fenner ließ sich bei der Entwicklung des Drehbuchs vom Walzbuch seines eigenen Großvaters inspirieren und wollte schon lange einen Film über „diese autarke, nach außen abweisende Spezialwelt mit ihren bis ins Mittelalter zurückreichenden Wurzeln“ machen. Der Regisseur Martin Enlen schuf mit seiner atmosphärischen Inszenierung einen „Tatort“-Heimatfilm, der durch das ungewöhnliche Milieu, die traumschönen Kameragemälde von Philipp Timme und die dichte Handlung nachhaltig im Gedächtnis bleibt.

Interessanterweise trug der Film während der Produktionsphase zunächst die Arbeitstitel „Geschlossene Gesellschaft“ sowie „Tödliche Walz“, bevor er seinen endgültigen Namen erhielt. Nach der Ausstrahlung wurde besonders Lisa Maria Potthoffs eindringliche Darstellung der vermeintlich verfluchten Franzi Brandl von Kritikern hoch gelobt – eine Rolle, die zwischen Sympathieträgerin und Hauptverdächtiger oszilliert und die Spannung des Krimis maßgeblich trägt.

Videos zur Produktion

ARD Plus Trailer

Besetzung

Kriminalhauptkommissar Ivo Batic – Miroslav Nemec
Kriminaloberkommissar Carlo Menzinger – Michael Fitz
Kriminalhauptkommissar Franz Leitmayr – Udo Wachtveitl
„Vadder“ Kolo Koydl – Elmar Wepper
Pirner, Bauunternehmer – Anton Rattinger
Gerry Neuner – Maximilian Brückner
Hanni Leitgeb, Marios Mam – Johanna Bittenbinder
Mario Leitgeb – Tristano Casanova
Popp, Altgeselle – Michael Tregor
Onkel Karl – Philipp Sonntag
Beppo – Christoph Franken
Heinzi – Tim Seyfi
Gerstl – Wilfried Labmeier
Kellnerin – Barbara Bauer
Andrezej – Jurij Rosstalnyj
Pointner – Erich Hallhuber sen.
Polizeiärztin – Sonja Beck
Karin – Antonie Boegner
Pfarrer – Klaus Haderer
Gründl – Ralph Willmann
Charly Rapp – Dirk Borchardt
Franzi Brandl – Lisa Maria Potthoff
Fahrer – Ernst Cohen
u.a.

Stab

Drehbuch – Markus Fenner
Regie – Martin Enlen
Kamera – Philipp Timme
Ton – Frank Hoyer
Musik – Dieter Schleip
Sounddesign – Herbert Glaser
Szenenbild – Su Proebster
Maske – Tatjana Krauskopf, Kerstin Wittler
Location-Scout – Heike Schweiger
Standfotos – Rolf von der Heydt
Schnitt – Ulla Möllinger
Casting – Daniela Tolkien
Casting / Komparserie – Real Life Casting/Simona Conring
Aufnahmeleitung – Anja Samy
Set-Aufnahmeleitung – Raimund Fink
Produktionsleitung – Kerstin Feuerer
Herstellungsleitung BR – Maike Beba
Produzenten – Alena Rimbach und Herbert Rimbach

Bilder: BR/Avista Film /Rolf von der Heydt

14 Kommentare

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  1. vor 14 Jahren

    Einer der besten Tatorte, die ich jemals gesehen habe. Der Film geht mir nicht mehr aus dem Kopf und ich würde mir den gerne noch einmal ansehen. Mir gefielen vor allem die Hauptdarstellerin, sowie Elmar Wepper. Die Kulisse ist klasse, fantastische Aufnahmen, welche Stimmungen gut transportieren konnten.
    Top-Film!

  2. vor 14 Jahren

    Hoffentlich nicht zu spät, aber heute Abend um 21:45 läuft er auf Hessen 3, auch als Livestream…

  3. vor 14 Jahren

    Kann mir jemand verraten, wer der Mörder war?

    Bin eingeschlafen… :-(

  4. vor 14 Jahren

    Udo Walz

    und falls du das nicht glaubst schau dir dann einfach den Tatort an

  5. vor 13 Jahren

    Werd nicht frech, du Strolch!

  6. vor 11 Jahren

    Hab den Film leider nicht gesehen, doch über die Handlung gelesen, und nun seh ich hier die Bilder und muß mich doch stark wundern, warum die Gesellin eine schwarze Krawatte trägt. Das ist schlicht unmöglich, da sie dafür Mitglied in einer Gesellenvereinigung sein müßte, bei der ausschließlich Männer zugelassen werden. Außerdem las ich, daß sie Freireisende sei, und als solche hat sie schon mal gar keine Krawatte.

  7. vor 9 Jahren

    Der Tatort Nummer 613 mit den Hauptkommissaren Batic und Leitmayr aus München. Sie sind auf der Walz. In meiner Jugendzeit habe ich die Burschen öfter gesehen, manchmal mit ganz tollen Ketten und Anhängern an den dicken Cord-Westen. Ab und an hatte einer einen dicken Stock dabei. Meine Mutter zog mich immer zurück, meinte, die wären wie Zigeuner und mit Vorsicht zu beachten. Ich verstand das alles nicht, fand sie gemütlich mit den schwarzen Hüten. Dieser Tatort zeigt aber, daß die auch anders können. Aber ob mit Krawatte, Gesellen- oder Burschenschaft, männlich oder weiblich, Brief, Wanderkarte oder was auch immer, ich finde die immer noch spannend. Die bayerischen Hütchenspieler, Batic und Leitmayer, knackten die aber. Bajuwarisch.

  8. vor 9 Jahren

    Eine atmende leiche…….
    Ansonsten ein guter Tatort ?

  9. vor 9 Jahren

    Naja, von der Anlage her eher so eine Art Miss-Marple-Knobelfall. Wer auf betuliches Kombinieren steht, wird seine Freude haben. Mich hat das Ganze nicht wirklich auf die Reise mitgenommen. Nicht den Kopf und nicht das Herz, obwohl die Besetzung der Wandergesellin ja ganz offensichtlich auf letzteres hinzielte. Für mich auch ein Beispiel dafür, dass eine in der Schlussviertelstunde völlig überraschend aus dem Hut gezogene Auflösung nicht unbedingt das Gelbe vom Ei sein muss. Dennoch als Unterhaltungsfilmchen gut genießbar. Und wer solche Überraschungseier mag, für den war’s sicher ganz prima. Von mir 3 Sterne als Stimmenthaltung. Bin einfach nicht die Zielgruppe für sowas.

  10. vor 9 Jahren

    Ein Einblick in die eigene Welt der Wandergesellen, von welcher ich bisher so gut wie null Ahnung hatte. Der Fall selbst war irgendwie nicht so mein Ding, etwas abstrus (Fluch, Aberglaube). Zwei Sympathiepunkte für Batic und Leitmayr.

  11. vor 4 Jahren

    Wunderbar. Ein sozusagen „traditioneller“ Münchner, wie er sein soll, leicht ins Verschroben-Abseitige spielend, mit dem einen oder anderen spintisierendem Element, originell in jedem Fall. Dazu ein Ermittler-Trio – den Carlo vermisse ich noch heute -, das keinen großen Schnickschnack braucht, um profiliert zu sein. Ein wenig was, zugegeben, aus dem Schmalztopf auch noch dazu, starke Schauspieler, hie und da ein paar absurde Details und ein Einschlag von komischem Volkstheater… schon ist die Münchner Gschicht rund. Sehr gerne gesehen, vier Sterne glatt.

  12. vor 2 Jahren

    Top Tatort mit einem wirklich toll spielenden Elmar Wepper und gewohnter Spitzenqualität aus München

  13. vor 12 Monaten

    Ich habe den Tatort gerade in der Wiederholung im Bayerischen Fernsehen gesehen. Ich habe jedoch bis zum Schluss nicht verstanden, warum der Wirt, den Elmar Wepper hervorragend gespielt hat, sowohl den Freund von den Mario, den Freund von der Franzi ermordet hat und zum Ende auch noch die Franzi in den Tod schicken wollte. Kann mich jemand aufklären? Vielen Dank!

  14. vor 12 Monaten

    @Odo St.:
    Der Wirt – Kolo Kojdl – gab Franzi die Schuld am Schicksal seines Sohnes – Charly Rapp – der früher (unter einem anderen Namen) der Gatte von Franzi war und nach einem Sturz seines Autos in einen Fluss für tot erklärt worden war.
    Die beiden von ihm selbst begangenen Morde wollte er Franzi unterschieben, damit diese sich umbringen solle (weil sie aus ihrer Sicht – aufgrund eines Fluchs – allen Menschen, die sie liebt, Unglück bringe).

    Man sieht schon: sehr weit hergeholte Story, in einem ‚aus der Zeit gefallenen‘ Milieu … 😯

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