Kurz und knapp – darum geht’s
Ein brutaler Mord erschüttert die traditionsreiche Stuttgarter Markthalle: Ein Gemüsehändler liegt erstochen in seinem Stand, neben ihm kauert sein geistig behinderter Sohn Geza mit dem Tatmesser in der Hand. Während Kommissar Ernst Bienzle versucht, im komplizierten Geflecht der Marktleute den wahren Täter zu finden, nimmt er den nun elternlosen Jungen kurzerhand bei sich auf. Als sich herausstellt, dass der ermordete Händler nicht nur mit Gemüse, sondern auch mit gestohlenen Juwelen handelte, gerät Bienzle in ein Netz aus Lügen, Eifersucht und verdrängten Gefühlen…
Inhalt der Tatort-Folge „Bienzle und der Tod in der Markthalle“
Fahles Morgenlicht fällt durch die hohen Fenster der denkmalgeschützten Stuttgarter Markthalle, als ein Wachmann zwischen frischem Gemüse und duftenden Backwaren eine grausige Entdeckung macht. Joseph Janicek, einer der Händler, liegt in einer Blutlache, daneben sein 19-jähriger Sohn Geza, der mit leerem Blick die Tatwaffe umklammert. „Ich bin schuld“, flüstert der Junge immer wieder, während die Polizei eintrifft.
Kommissar Ernst Bienzle, mit seiner knorrigen Art so verwurzelt in Stuttgart wie die alten Platanen vor dem Rathaus, betrachtet die Szene mit geübtem Blick. Der Tatort spricht zu ihm wie ein aufgeschlagenes Buch – etwas stimmt hier nicht. Bienzles Instinkt, geschärft durch zweiundzwanzig Jahre Mordkommission, lässt ihn zweifeln, ob der geistig zurückgebliebene Geza, der seinen Vater abgöttisch verehrt hat, tatsächlich zum Mörder werden konnte.
„Der Wachmann hat jemanden weglaufen sehen“, erklärt Bienzle seinem Kollegen, während sie durch die nun von Polizeiabsperrungen durchzogene Markthalle gehen, in der das geschäftige Treiben des Morgens einer gespenstischen Stille gewichen ist. Die bunten Auslagen und das Stimmengewirr der Händler, sonst das Herzstück dieses Ortes, wirken an diesem Morgen wie eine makabre Kulisse für ein Verbrechen.
Die Ermittlungen führen Bienzle tief ins Marktleben. Siegfried Körner, der Angestellte des Toten, war wegen Körperverletzung vorbestraft und wollte unbedingt einen eigenen Stand. „Ich habe jahrelang für diesen Mann geschuftet“, rechtfertigt er seinen Ehrgeiz gegenüber Bienzle mit verbitterter Stimme. Dann ist da noch der Markthallenleiter, dessen ehemalige Lebensgefährtin Milena Mechtel nun mit dem Opfer liiert war. Ein Gespinst aus Eifersucht und unerfüllten Hoffnungen umgibt diese Beziehung.
Während die Fahndung nach dem Mörder einem Labyrinth gleicht, in dem jeder Weg in eine Sackgasse zu führen scheint, übernimmt Bienzle fast unbewusst Verantwortung für den vaterlosen Geza. Seine Wohnung, sonst ein Refugium schwäbischer Ordnung, wird plötzlich zum Schauplatz ungewohnten Familienlebens. Hannelore, Bienzles Lebensgefährtin, beobachtet diese Entwicklung mit wachsender Skepsis. „Wir können doch nicht einfach…“, setzt sie an, doch Bienzle unterbricht sie mit einem Blick, der keinen Widerspruch duldet.
Dann eröffnet sich eine neue Spur: Im Keller der Markthalle stoßen die Ermittler auf einen versteckten Safe. „Der Janicek hat nicht nur mit Gemüse gehandelt“, murmelt Bienzle, als klar wird, dass der Tote ein Vermögen durch den Verkauf gestohlener Juwelen angehäuft hat. Die Fahndung bekommt eine neue Dimension – geht es um ein Verbrechen aus Habgier? Oder steckt ein persönliches Motiv hinter der Bluttat?
In der Zwischenzeit entfaltet sich in Bienzles Wohnung ein rührendes Zusammenspiel zwischen dem wortkargen Kommissar und seinem unfreiwilligen Schützling. Geza, gefangen in seiner kindlichen Wahrnehmung, sieht in Bienzle eine Vaterfigur, klammert sich an ihn mit der Verzweiflung eines Ertrinkenden. Doch als Milena Mechtel aus ihrem Kurzurlaub zurückkehrt und Bienzle erfährt, dass sie ein Kind vom Opfer erwartet, fügen sich plötzlich Puzzleteile zusammen, die ein erschütterndes Bild ergeben könnten…
Hinter den Kulissen
Die Tatort-Folge „Bienzle und der Tod in der Markthalle“ ist der 22. Fall für den Stuttgarter Kommissar Ernst Bienzle, verkörpert von Dietz-Werner Steck. Die vom Südwestrundfunk produzierte Episode wurde unter der Regie von Thomas Makosch nach einem Drehbuch von Felix Huby verwirklicht. Die Dreharbeiten fanden vom 20. September bis zum 24. Oktober 2005 in Stuttgart und Baden-Baden statt, wobei die historische Markthalle in Stuttgart eine zentrale Rolle als authentischer Drehort einnahm.
Als 633. Episode der Tatort-Reihe wurde der Film am 28. Mai 2006 im Ersten Deutschen Fernsehen ausgestrahlt und erreichte 6,50 Millionen Zuschauer, was einem Marktanteil von 18,7 Prozent entsprach.
Besonders hervorgehoben wurde in Rezensionen die schauspielerische Leistung von Arndt Schwering-Sohnrey in der Rolle des geistig behinderten Geza, der bereits in dem Film „Familie und andere Glücksfälle“ (2001) eine ähnliche Figur überzeugend dargestellt hatte. Kritiker lobten die einfühlsame und gleichzeitig unsentimentale Darstellung der Beziehung zwischen dem knorrigen Kommissar und seinem unfreiwilligen Schützling.
Die Folge markierte einen der letzten Fälle für den Stuttgarter Ermittler Bienzle, der bald darauf aus der Tatort-Reihe ausschied. Nach der Ausstrahlung entwickelte sich eine Diskussion darüber, wie realitätsnah die Darstellung des Umgangs mit Menschen mit geistiger Behinderung im Krimiformat sein kann und sollte – ein Thema, das damals im deutschen Fernsehen noch selten behandelt wurde.
Der Tatort mit der Nummer 633 aus Stuttgart mit Hauptkommissar Bienzle, der von der Mordkommission, als alleiniger verantwortungstragender Beamter. Und das soll auch so bleiben, in diesem, ja, haarsträubenden Tatort-Fernsehfilm über verletzte Gefühle, Hehlerei, Großsucht, Rache und Mord, in welchem ein geistig weniger begabter Junge verstrickt zu sein scheint und von Bienzle väterlich umsorgt wird, was dessen Freundin, die Hannelore, gar nicht gerne sieht. Plötzlich zeigt der liebenswerte Bengel sein wahres Ich und Bienzle fliegt — zur nächsten Folge, zum nächsten Fall. Ein langweiliger Tatort aus dem Jahr 2006 mit Menschen, die die Gemüter von Nilpferden zu haben schienen. Wer den einmal schaut ist auch nicht schlauer.
Guter Bienzle mit einer sehr guten Story. Gesa ganz stark dargestellt von Arndt Schwering-Sohnrey. Spannende Folge 633 aus der Stuttgarter Markthalle. Gut ?