Kurz und knapp – darum geht’s
Im noblen Leipzig soll ein prestigeträchtiger Handelsvertrag zwischen dem tschechischen Musiker Milan Materna und dem deutschen Unternehmer Jochen Krause unterzeichnet werden. Doch der plötzliche Auftritt von Milans Vater Pavel verhindert den Deal – kurz darauf wird Milan mit seiner eigenen Auszeichnungsstatue erschlagen in seinem Hotelzimmer gefunden. Die Kommissare Ehrlicher und Kain verfolgen eine erste heiße Spur nach Prag, als Milans Freundin Eva Honkova überstürzt das Hotel verlässt und mit dem Nachtzug in die tschechische Hauptstadt flieht. Als die Ermittler zwischen gefälschten Unterschriften, billigen Massentrompeten aus Asien und familiären Disharmonien zu recherchieren beginnen, geraten sie unversehens zwischen die Fronten eines lange schwelenden Konflikts im Hause Materna…
Inhalt der Tatort-Folge „Heiße Grüße aus Prag“
Grelles Scheinwerferlicht durchflutet den Konferenzraum des Leipziger Luxushotels, während Kameraleute und Journalisten dem angekündigten Presseereignis entgegenfiebern. Draußen hängt der Julihimmel schwer und gewitterdrohend über der Stadt, doch drinnen strahlt Milan Materna, Erbe des traditionsreichen Prager Trompetenhauses, siegessicher in die Kameras. Mit dem deutschen Geschäftsmann Jochen Krause will er eine exklusive Instrumentenlinie auf den Markt bringen – der handgeschriebene Vertrag liegt unterschriftsbereit auf dem polierten Tisch.
Kommissar Bruno Ehrlicher, ein Mann der alten Schule, mit Mantel und zerknittertem Gesicht, streicht sich nachdenklich übers Kinn, während er die Hotellobby betrachtet, die nun zum Tatort geworden ist. Seine Augen, die schon so viel gesehen haben, ruhen auf der schweren Metallstatue – einst ein Musikpreis, jetzt eine Mordwaffe. Sein jüngerer Kollege Kain, immer etwas ungeduldiger, hält einen Notizblock in den Händen und versucht, aus den widersprüchlichen Zeugenaussagen schlau zu werden.
„Der Name Materna steht für Handwerkskunst, nicht für billige Massenware aus Taiwan!“, hallt die Stimme von Pavel Materna durch die Erinnerungen der Zeugen. Sein unerwartetes Erscheinen hatte den medienwirksamen Vertragsabschluss gesprengt und seinen Sohn Milan öffentlich bloßgestellt. „Ich kenne meinen Sohn nicht wieder“, hatte der alte Materna bitter gesagt, bevor er mit seinem loyalen Werkstattleiter Klaus Mai das Hotel verließ.
Die Befragung der Hotelangestellten gleicht einem Puzzlespiel mit fehlenden Teilen. „Sie rannte praktisch aus dem Zimmer, mit Tränen in den Augen“, berichtet ein Zimmermädchen über Eva Honkova, Milans temperamentvolle Freundin. Die Fahndung nach ihr führt die Ermittler über die Landesgrenze bis in die goldene Stadt Prag, wo die Moldau träge unter der Karlsbrücke hindurchfließt und Jahrhunderte alter Zwiespalt zwischen Deutschen und Tschechen in den Gemäuern zu schlummern scheint.
In Prag stößt Ehrlicher auf Major Cerny, einen tschechischen Kollegen, der die Dinge anders angeht und nebenbei einem Serienmörder auf der Spur ist. Im schwarzen Theater Prags, wo im Schwarzlicht nur die weißen Kostüme der Darsteller zu schweben scheinen, findet Ehrlicher schließlich Eva Honkova. „Ja, ich habe die Statue nach ihm geworfen“, gesteht sie mit tränenverschmiertem Make-up, „aber getötet habe ich ihn nicht!“
Unterdessen entdeckt Kain in Leipzig eine versteckte Lagerhalle voller billiger Trompeten aus asiatischer Produktion, die mit dem Materna-Siegel versehen werden sollten. Der geschäftstüchtige Krause präsentiert einen Vertrag mit Milans angeblicher Unterschrift, doch die Fährte wird immer verworrener, als würde jemand absichtlich falsche Spuren legen.
Als Ehrlicher und Kain in Prag zusammenkommen, wird das wahrhafte Ausmaß der Familienkonflikte bei den Maternas deutlich. Der alte Pavel wollte seinen begabten, aber unseriösen Sohn nie als Nachfolger, sondern zog seinen treuen Werkstattleiter vor. Die glänzenden Trompeten in der Werkstatt werfen ihr Licht wie stumme Zeugen auf die familiären Abgründe, während die Ermittler dem wahren Mörder immer näher kommen…
Hinter den Kulissen
Der Tatort „Heiße Grüße aus Prag“ (Folge 503) wurde unter der Regie der erfahrenen Tatort-Regisseurin Sylvia Hoffmann gedreht, die bereits die Tatort Folgen „Eulenburg„, „Mauer des Schweigens“ inszeniert hatte. Das Drehbuch stammte aus der Feder von Horst Freud, der bereits zuvor Skripte für den sächsischen Tatort verfasst hatte.
Gedreht wurde der Film sowohl in Leipzig als auch in der tschechischen Hauptstadt Prag, was dem Krimi eine besondere internationale Note verleiht. Die Produktion des MDR nutzte authentische Schauplätze wie das „Schwarze Theater“ in Prag und die majestätische Kulisse der Karlsbrücke über der Moldau.
In den Hauptrollen waren Peter Sodann als Kommissar Bruno Ehrlicher und Bernd Michael Lade als Kain zu sehen – für die beiden war es bereits der achte Fall, den sie von Leipzig aus ermittelten. In Gastrollen traten unter anderem Michaela Merten als verdächtige Freundin Eva Honkova und Alexander Radzun als Unternehmer Jochen Krause auf.
Die Erstausstrahlung erfolgte am 7. Juli 2002 in der ARD und erreichte 6,37 Millionen Zuschauer, was einem Marktanteil von 21,70 Prozent entsprach. Bemerkenswert ist auch, dass am Ende des Films Kommissar Ehrlicher das „Lied von der Moldau“ von Bertolt Brecht zitiert – eine literarische Referenz, die den kulturellen Hintergrund der Folge unterstreicht.
Als Kuriosum gilt, dass in diesem Tatort neben dem Hauptfall noch eine Nebenhandlung um einen Serienmörder eingeflochten wurde, dem Major Cerny auf der Spur ist. Zudem nutzt Ehrlicher seinen Aufenthalt in Prag, um nach 35 Jahren einer alten Liebe nachzuspüren – ein seltener Einblick in das Privatleben des sonst so verschlossenen Kommissars.
Ehrlicher ist spitze!!!
Total langweilig und mies synchronisiert.
Der Tatort Nummer 503 aus Leipzig. Die Hauptkommissare Kain und der Ehrlicher ermitteln im Aufgabenbereich der Mordkommission. Der eine in Prag, das ist die ehemalige CSSR mit ihren erwähnenswerten Sehenswürdigkeiten, der andere in Leipzig. Tja, wie immer schlägt ober unter, ist wie beim Schach. Ehrlicher darf nach Prag reisen und schlägt sich tapfer, Kain bleibt in Leipzig und hält die Stellung. Diesen Tatort-Streifen habe ich schon in Erstsendung gesehen, durchaus sehenswert.
Die engen Gassen der Prager Altstadt sind immer wieder sehenswert!
Ehrlicher wirkt in dieser Folge ziemlich gealtert, der Fall selbst ist „old school“ –> für Menschen, denen Tschechien und ihr Lebensstil gefällt (so wie mir gelegentlich), ist der TO durchaus sehenswert (sh. @Dirk). Die TO-Anteile, die in Prag spielen, waren größer, als ich dachte (ich sah diese Folge zum 1. Mal).
Ich kannte diesen Tatort noch nicht, aber er ist mir direkt ans Herz gewachsen. Peter Sodann ist keiner von diesen modernen narzisstischen Kommissaren, er ist nicht ständig mehr mit sich selbst als mit seinen Fällen beschäftigt und strahlt dabei eine Menschlichkeit aus, dass man gerne Freund sein möchte. Der kriminalistische Ausflug nach Prag leistete hier ein Übriges an Atmosphäre. Der Fall war zwar durchschaubar, hatte aber auch seine überraschenden Momente. Für mich bleibt es ein Tatort, der, wie ein anderer Kritiker hier bemerkt hat, oldschool ist, der mir dennoch lebensnäher erscheint als manche „Action-Produktion“ heute.