Tatort Folge 176: Schicki-Micki

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Erscheinungsjahr: 1985
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Kommissar: Lenz

Kurz und knapp – darum geht’s

Im beschaulichen München wird der engagierte Enthüllungsjournalist Mike Zoller tot im Englischen Garten aufgefunden – erschlagen. Kommissar Ludwig Lenz nimmt die Ermittlungen auf und verfolgt zunächst eine Spur zu einer Rockergruppe, mit der Zoller am Abend vor seinem Tod aneinandergeraten war. Doch bald führen die Hinweise in eine ganz andere Richtung: in die noble Schwabinger Gastronomieszene, wo ein mächtiger Unternehmer mit dubiosen Methoden alteingesessene Wirtshäuser verdrängt. Als Lenz zusammen mit Zollers Kollegin Vera Jansen den wahren Motiven des Mordes immer näher kommt, geraten beide selbst in tödliche Gefahr…

Inhalt der Tatort-Folge „Schicki-Micki“

Neonlichter spiegeln sich in den regennassen Straßen Schwabings, als Kommissar Ludwig Lenz in seiner Stammkneipe sitzt – einem der letzten authentischen Lokale in einem Viertel, das sich rasant verändert. Der Abend beginnt harmlos: Lenz, sein Stammtisch und der engagierte Journalist Mike Zoller treffen sich zu einem Interview über die schwindende Kneipenkultur. Doch der Abend kippt, als eine Gruppe pöbelnder Rocker für Unruhe sorgt. „Hier bestimmen jetzt andere, wer bleibt und wer geht“, knurrt einer der Männer in Lederkutten. Lenz und Zoller schreiten ein – ein fataler Moment, der Zoller schließlich das Leben kosten wird.

Der nächste Morgen bringt die grausame Entdeckung. Im fahlen Licht der Herbstsonne liegt Zollers Leiche im Englischen Garten. Für Lenz, den bodenständigen Ermittler mit untrüglichem Instinkt und einer Schwäche für gutes Essen und schöne Frauen, wird dieser Fall zur persönlichen Mission. Er kennt das Opfer, war am Vorabend noch mit ihm zusammen. Die Rockergruppe scheint zunächst der naheliegende Verdächtige. Doch der erfahrene Kommissar spürt, dass mehr hinter diesem Mord steckt – etwas, das tief in den Strukturen der Münchner Geschäftswelt verwurzelt ist.

Die Ermittlungen führen ihn in ein Geflecht aus Macht und Korruption. „In Schwabing geht’s nicht mehr um Kultur, sondern nur noch ums Geld“, erklärt ihm der selbsternannte „Stadtindianer“ Dallinger, ein vertriebener Wirt, der auf der Straße gegen die Gentrifizierung protestiert. Lenz entdeckt, dass hinter den Umwälzungen in der Gastronomie-Szene der Großunternehmer Hörmann und sein Geschäftsführer Stiegler stecken – sie verdrängen systematisch traditionelle Lokale, um Platz für ihre schicken „Schicki-Micki-Läden“ zu schaffen.

Die Fahndung gleicht einem Tanz auf dem Minenfeld. Lenz‘ Vorgesetzte warnen ihn davor, gegen den einflussreichen Hörmann zu ermitteln. Seine Wege kreuzen sich dabei immer wieder mit Vera Jansen, Zollers attraktiver Kollegin, die ebenfalls der Wahrheit auf der Spur ist und mit der ihn bald mehr verbindet als nur der Fall. Gemeinsam entdecken sie in Zollers Nachlass belastende Aufzeichnungen über die illegalen Geschäftspraktiken – und stoßen auf einen Vertrag, der beweist, dass jemand aus der Redaktion von Hörmann bestochen wurde.

Als sie herausfinden, dass Zollers Kollege Richert für Hörmann arbeitet und gegen Geld positive Berichterstattung liefert, überschlagen sich die Ereignisse. In einer atemberaubenden Verfolgungsjagd durch das nächtliche München gerät Vera Jansen in die Hände des Mörders, der verzweifelt versucht, seine Spuren zu verwischen. Lenz muss alle Register seines Könnens ziehen, um ihr Leben zu retten und den Fall zu lösen, der mehr über die Münchner Gesellschaft enthüllt, als vielen lieb ist…

Hinter den Kulissen

Der Tatort „Schicki-Micki“ wurde in den Herbstmonaten September bis Oktober 1985 in München und Umgebung gedreht. Die atmosphärischen Aufnahmen des herbstlichen Schwabings und des nebelverhangenen Englischen Gartens fangen das Zeitkolorit der 80er Jahre perfekt ein. Für Helmut Fischer war es der fünfte Einsatz als Kommissar Ludwig Lenz, nachdem er die Nachfolge von Gustl Bayrhammer als Hauptkommissar Veigl angetreten hatte.

In der Besetzung glänzt neben Fischer vor allem Hannelore Elsner in der Rolle der Journalistin Vera Jansen. Das Drehbuch stammte aus der Feder der Süddeutschen Zeitung-Journalisten Herbert Riehl-Heyse und Ernst Fischer, die ihre eigenen Erfahrungen aus dem Journalismus in die Geschichte einfließen ließen – was dem Film eine besondere Authentizität verleiht und die Mechanismen zwischen Presse und Wirtschaft schonungslos offenlegt.

Die Erstausstrahlung am 29. Dezember 1985 im Ersten Programm der ARD erreichte beeindruckende 20,04 Millionen Zuschauer und einen Marktanteil von 48 Prozent – nahezu jeder zweite Fernsehzuschauer verfolgte damals die Ermittlungen von Kommissar Lenz.

Nach der Ausstrahlung wurde besonders die Darstellung der Gentrifizierungsproblematik diskutiert, ein Thema, das in den 80er Jahren gerade erst begann, die Innenstädte zu verändern. Die Folge gilt bis heute als ein zeitgeschichtliches Dokument des alten Münchens, bevor die Schwabinger Kneipenkultur dem großen Geld weichen musste – eine Entwicklung, die sich in den folgenden Jahrzehnten in vielen deutschen Großstädten fortsetzen sollte.

Videos zur Produktion

ARD Plus Trailer

Besetzung

Willy Harlander (Obermeister Brettschneider)
Henner Quest (Assistent Faltermayer)
Rolf Castell (Kriminalrat Schubert)
Hannelore Elsner (Vera Jansen)
Erich Hallhuber (Bruno Richert)
Felix von Manteuffel (Mike Zoller)
Hans-Reinhard Müller (Franz Hörmann)
Volker Prechtel (Stadtindianer)
Franz Boehm (Peppi Stiegler)
Klaus Guth (Erich von Plottwitz)
Norbert Gastell (Stadtrat Völk)

Stab

Regie – Hans-Reinhard Müller
Buch – Herbert Riehl-Heyse und Ernst Fischer
Kamera – Horst Lermer
Musik – Rudolf Gregor Knabl
Produktion – BR

5 Kommentare

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  1. vor 10 Jahren

    Der Tatort Nummer 176. Ein Film wie ein Vulkan, erloschen 1250 n. chr. Bislang ist dieser Krimi mit dem Tatort-Kommissar Lenz allerdings gänzlich ohne Meinung und dieses seit dem Erscheinen im Jahre 1985 des Herrn. An diesem Film war ja nun wirklich alles fad, wahrscheinlich auch das Bier. Die dargestellte Rockergruppe, Kings, ging ja noch. Die sahen immerhin aus wie eine nachgemachte Sado-Macho-Gruppe in Lederimitat. Die Kampfszenen zwischen den Kontrahenten sahen aus, wie die einer Kindergartengruppe. Auf professionellen Einsatz und einer Beratung durch Stuntmen hatte man wohl aus Kostengründen verzichtet. Und diesen Eindruck hinterließ auch die zusammengescharrte Theatergruppe um den tippelnden Hauptkommissar Lenz. Himmel, damals habe ich den zusammen mit meiner Frau sogar gerne gesehen.

  2. vor 6 Jahren

    In Tatort 176 Lenz is getting more and more interesting. At first he was the man behind his boss Veigl, who made fun of him all the time. Now, as a Hauptkommissar himself, der Ludwig turns out to be a charming but stubborn out-of-the-box thinker. He even shows interest in a woman. We hadn’t seen him like this before.

  3. vor 5 Jahren

    Die Attraktion in diesem mittelprächtigen Tatort ist eindeutig Hannelore Elsner. Was für ein Hingucker. An ihrer Ausstrahlung kann sich so manches heutige Sternchen eine Menge abschneiden.

  4. vor 4 Jahren

    Volker Prechtel als Indianer unvergessen. Für mich ein bayrisch kultiger Spaß. Helmut Fischer war ein Schauspieler zum Lieb haben. Egal ob als Monaco Franze oder als Zärtlicher Chaot. Helmut Fischer als Lenz in einem 4 Sterne Tatort.

  5. vor 1 Jahr

    Ich habe ihn vor 3 Jahren das letzte Mal gesehen. Viele Bekannte und beliebte Gesichter gibt’s zu sehen. Der Film läuft wie Sahne, dazu ein Münchner Helles. Prost. 4 Sterne

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