Detektivwachtmeister Walter Howald ist der zynische, von seinem Privatleben gezeichnete Pionier der Schweizer Tatort-Geschichte, der nur einen einzigen, höchstpersönlichen Fall in Bern zu lösen hatte.
Das Profil: Ein gebrochener Mann im Dienst der Pflicht
Walter Howald
Walter Howald ist ein Ermittler der alten Schule, ein Mann, der sich nach den Trümmern seiner Ehe nur noch in seiner Arbeit und hinter einer undurchdringlichen Mauer aus Zynismus, Zigarre und Alkohol zu definieren scheint. Sein gesamtes Wesen ist von einer tiefen Melancholie und Verbitterung durchzogen, die sich in Teilnahmslosigkeit und cholerischen Ausbrüchen gegenüber seinem Umfeld äußert. Sein einstiger Rückhalt, seine Familie, ist zerbrochen – seine Frau Rebecca lebt mit der gemeinsamen Tochter Katrin bei einem neuen Mann, einem hochrangigen Diplomaten. Diese Wunde ist der Antrieb und der Fluch Howalds zugleich.
Doch hinter der mürrischen Fassade schlummert der unbeirrbare Instinkt eines erfahrenen Fahnders. In Howalds Fall zeigt sich sein kompromissloser Blick für die Wahrheit, wenn er trotz Blockaden der Bundespolizei und widriger Umstände den Fall des Waffenschmuggels verfolgt. Als dann jedoch seine eigene Tochter verschwindet, wird aus dem dienstlichen Auftrag eine zutiefst persönliche Mission. Die Grenzen zwischen dem Polizisten und dem verzweifelten Vater verschwimmen, und Howald muss sich den Abgründen seiner eigenen Vergangenheit stellen.
Reto Carlucci
Als Howalds junger und noch unerfahrener Assistent stellt Reto Carlucci den notwendigen Kontrast und manchmal auch das Ventil für den Grant seines Vorgesetzten dar. Carlucci ist der neugierige, pflichtbewusste Gegenpart, der oft die Naivität mitbringt, die Howald längst abgelegt hat. Er ist derjenige, der die ersten entscheidenden Hinweise entdeckt und sich in einem komplexen Netz aus internationaler Politik und Korruption zurechtfinden muss. Seine Rolle ist es nicht nur, Howald zu assistieren, sondern auch, dem Zuschauer als eine Art Identifikationsfigur zu dienen, die das Verhalten des eigenwilligen Howald einordnet und erträgt.
Die Dynamik: Zwei Welten prallen aufeinander
Die Zusammenarbeit zwischen Howald und Carlucci ist weniger ein eingespieltes Team als vielmehr ein notwendiges, von Hierarchien geprägtes Zweckbündnis. Howald, der knorrige Einzelgänger, begegnet dem Enthusiasmus seines Assistenten mit scheinbarer Gleichgültigkeit und schroffen Kommentaren. Carlucci hingegen muss lernen, mit der Launenhaftigkeit und den düsteren Methoden seines Vorgesetzten umzugehen. Es ist die Dynamik des erfahrenen, ausgebrannten Polizisten, der den idealistischen Nachwuchs in die harte Realität des Berufsalltags einweiht – oder vielmehr: davon abstößt. Ihre Chemie ist angespannt und von Respekt (vielleicht mehr vor der Position als vor der Person) geprägt, aber sie entwickeln eine funktionierende Arbeitsweise, die auf Howalds Instinkt und Carluccis Tatendrang basiert.
Bern als Schauplatz
Bern ist in diesem Tatort nicht nur Kulisse, sondern aktiver Handlungsträger. Die Bundesstadt mit ihren politischen Institutionen und diplomatischen Verwicklungen bildet den perfekten Nährboden für einen Fall, der schnell die Ebene des einfachen Verbrechens verlässt und in die Sphären von Macht und internationaler Korruption vordringt. Die düsteren, nächtlichen Gassen und die scheinbare Behäbigkeit der Stadt kontrastieren mit den aufreibenden, heimlichen Machenschaften, die Howald und Carlucci aufdecken. Der Ort passt perfekt zum Ermittler: Wie Howald selbst verbirgt auch Bern hinter einer Fassade der Ordnung und Gemütlichkeit tiefe, verborgene Abgründe.
Abschluss
Walter Howalds einziger Auftritt hinterlässt einen bleibenden Eindruck als Porträt eines zutiefst menschlichen, gebrochenen Helden. Sein Fall ist so persönlich wie dramatisch und bietet einen rauen, ungeschönten Blick auf die psychischen Kosten des Polizeiberufs. Auch wenn Howald nach diesem einen Fall nicht mehr zurückkehrte, ebnete sein Auftritt den Weg für die erfolgreiche Schweizer Tatort-Tradition.