Detektivwachtmeister Reto Carlucci ist der sturmkopfige und sensible Einzelgänger der Berner Mordkommission, der zwischen Pflichtbewusstsein und innerer Unruhe getrieben wird.
Das Profil: Der Bündner mit zwei Gesichtern
Reto Carlucci
Reto Carlucci, gebürtig aus Graubünden, ist ein Ermittler der Widersprüche. Offiziell gilt er bei der Berner Stadtpolizei als ausgesprochener Dickschädel, der seine Ziele mit einer beeindruckenden Sturheit verfolgt und notfalls „mit dem Kopf durch die Wand“ will. Diese Hartnäckigkeit beweist er, als er sich undercover in die gefährliche Welt der rechtsradikalen Skinheads einschleust, um einen Mord aufzuklären. Hinter der Fassade des kompromisslosen Bullen verbirgt sich jedoch eine sensible, ja sogar zurückhaltende Seite. Er drängt sich nie in den Vordergrund und sucht die Harmonie im Team. Diese Sensibilität wird ihm in dem Fall um die geheimnisvolle Marion zum Verhängnis, als er sich in seine Hauptverdächtige verliebt und in einen zermürbenden Konflikt zwischen Berufsehre und privaten Gefühlen gerät. Getrieben von einer latenten Unruhe, die ihm den Schlaf raubt, lebt er fast für seinen Job, schläft im Büro und erscheint an freien Tagen, wenn ihn ein Fall nicht loslässt. Seine schwarze Lederjacke und sein Motorrad sind nicht nur Accessoires, sondern Symbol seiner unangepassten Art.
Die Dynamik: Einsamer Wolf auf Augenhöhe
Carluccis Ermittlungsstil ist geprägt von einem tiefen Misstrauen gegenüber Autoritäten und der Bereitschaft, alles für die Aufklärung eines Falles zu riskieren. Sein typischer Ansatz sind riskante Alleingänge, besonders wenn er sich dadurch den erfolgreichen Abschluss erhofft. Obwohl er großen Wert auf ein funktionierendes Team legt, handelt er oft aus dem Bauch heraus und setzt sich damit über Absprachen hinweg. Nach dem Tod seines väterlichen Freundes und Kollegen Walter Howald findet er in Markus Gertsch einen neuen Partner, mit dem er erstaunlich gleichberechtigt zusammenarbeitet, trotz der Diensthierarchie. Diese neue Konstellation muss sich in ihrem zweiten gemeinsamen Fall, der Untersuchung des Todes eines Kindermädchens in der Berner High Society, sofort bewähren. Carluccis impulsive Empathie und sein Drang, für die Kleinen zu kämpfen – ob gegen Rassisten oder korrupte Eliten – kollidieren dabei oft mit der nüchternen Realität des Polizeialltags.
Bern als Schauplatz
Bern ist mehr als nur eine malerische Kulisse; die Stadt mit ihrer deutlichen Trennung zwischen der alteingesessenen Oberschicht in ihren Villen und den einfacheren Vierteln ist prägender Gegenspieler für den Bauernsohn aus Graubünden. Die Fälle führen Carlucci immer wieder in die Abgründe, die hinter der föderalen Fassade der Bundesstadt lauern: rassistische Gewalt in Wohnvierteln und skrupellose Machenschaften in patriarchischen Familienunternehmen. Sein Naturell steht im Kontrast zur bernischen Zurückhaltung und den ungeschriebenen Gesetzen der Gesellschaft. Gerade weil er selbst ein Außenseiter in diesen Strukturen ist, kann er sie mit unbequemen Fragen durchbrechen. Seine Herkunft macht ihn immun gegen die Einschüchterungsversuche der Elite, aber auch anfällig für die Fallstricke, die diese Welt für ihn bereithält.
Abschluss
Reto Carlucci ist ein in nur zwei Fällen verewigter, aber unvergesslicher Ermittler, dessen innere Zerrissenheit und kompromissloser Gerechtigkeitssinn ihn zu einem einzigartigen Protagonisten im Tatort-Kosmos machen. Seine Einsätze hinterlassen das Bild eines Mannes, der stets an den Widersprüchen seiner selbst und der Gesellschaft zu knacken hatte.