Das kurzlebige, aber unvergessene Berliner Ermittlerduo Till Ritter und Robert Hellmann steht für einen rauen, schnoddrigen Großstadt-Krimi der späten 90er, geprägt von der unkonventionellen Art des Einzelgängers Ritter und dem pragmatischen Ansatz seines Partners Hellmann.
Das Profil: Zwei Kontraste, ein Team
Till Ritter
Hauptkommissar Till Ritter ist der waschechte Berliner Großstadtcowboy, der seine Stadt wie seine Westentasche kennt. Geprägt von einem brutalen Gewaltverbrechen, das ihn zum Abbruch seines Studiums und zum Eintritt in den Polizeidienst bewegt, ist er ein Ermittler nach dem Motto „Ganz oder gar nicht“. Ritter geht leidenschaftlich gerne Risiken ein – ob im Beruf oder bei seinen spontanen Flirts, die selten in festen Beziehungen enden. Sein ungesunder Lifestyle als starker Raucher mit Vorliebe für Currywurst und Bismarckhering steht in erstaunlichem Kontrast zu seiner physischen Fitness. In Tödliches Labyrinth offenbart sich seine tiefe Verletzlichkeit, als er nach einem tödlichen Schusswaffengebrauch in Notwehr mit dem Gedanken spielt, den Dienst zu quittieren. Sein Markenzeichen ist der Ausruf „Holy Moly!“ in überraschten Momenten, entliehen aus dem Filmklassiker „Ein verrücktes Paar“.
Robert Hellmann
Hauptkommissar Robert Hellmann ist der methodischere und pragmatischere Gegenpart zu Ritter. Als feiner Beobachter mit einem fotografischen Gedächtnis gleicht er die impulsive Art seines Partners oft aus. Hellmann, der aus beruflicher Desillusionierung („Wenn wir kommen, ist immer alles zu spät“) schließlich die Konsequenzen zieht und kündigt, ist ein Mann mit einem großen Bedürfnis nach privatem Glück, das ihm sein Beruf jedoch verwehrt. In Von Bullen und Bären wird seine persönliche Anfälligkeit deutlich, als er als Aktionär der involvierten MARAM AG in einen Interessenkonflikt gerät und sich von der charismatischen Firmenchefin blenden lässt. In seiner Freizeit kocht er leidenschaftlich gerne und ist ein großer Jazz-Liebhaber.
Die Dynamik: Pragmatismus trifft auf Leidenschaft
Die Chemie zwischen Ritter und Hellmann basiert weniger auf tiefster Freundschaft, sondern vielmehr auf einem respektvollen beruflichen Miteinander zweier grundverschiedener Charaktere, die sich ergänzen. Während Ritter intuitiv und mit Berliner Schnauze ermittelt, arbeitet Hellmann analytisch und bedacht. Ihr Running Gag ist das gemeinsame „Um-die-Häuser-Ziehen“ nach Feierabend, dessen Folgen – der sprichwörtliche Kater – am nächsten Morgen mit Hering und Mineralwasser bekämpft werden. In Blüten aus Werder wird diese Dynamik auf die Probe gestellt, als Hellmann Zeuge und Opfer eines brutalen Überfalls wird und Ritter seinen verletzten Kollegen unterstützen muss. Trotz ihrer Unterschiede entwickeln sie eine Form der Loyalität, die es Hellmann am Ende sogar erlaubt, seinen Lebensweg zu ändern.
Berlin als Schauplatz
Berlin der Wende- und Nachwendezeit ist mehr als nur Kulisse; sie ist essenzieller Bestandteil der Fälle und prägt die Ermittler. Die düsteren Hinterhöfe Neuköllns, die grell beleuchteten Bordelle, die verlassenen Industriebrachen und das brodelnde Finanzviertel bilden den perfekten Nährboden für Verbrechen, die so vielfältig sind wie die Stadt selbst. Dieser Ort passt perfekt zu Till Ritter, dem urbanen Cowboy, der sich in diesen Milieus zu Hause fühlt und die Codes der Straße versteht. Die Fälle handeln von den Abgründen hinter der Fassade der aufstrebenden Hauptstadt – von Wirtschaftskriminalität (Von Bullen und Bären) über rassistisch motivierte Verbrechen (Blüten aus Werder) bis hin zu Cyberkriminalität (Tödliches Labyrinth).
Abschluss
Obwohl das Duo Ritter und Hellmann nur sechs Fälle ermittelte, hinterließ es einen bleibenden Eindruck in der Tatort-Landschaft. Ihre Fälle sind ein zeitgeschichtliches Dokument des Berlin der späten 90er Jahre und porträtieren zwei ungewöhnliche Ermittler, deren unterschiedliche Herangehensweisen an die Verbrechensbekämpfung auch heute noch fesseln.