Hauptkommissar Melchior Veigl ist der urbayrische, eigenwillige Chef der Münchner Mordkommission, der sich mehr auf seinen Instinkt und seine Menschenkenntnis verlässt als auf Dienstvorschriften.
Das Profil: Der grantige Ur-Bayer mit Herz und Hund
Melchior Veigl
Melchior Veigl ist ein Ermittler alter Schule, in den 1920er Jahren geboren und tief verwurzelt in der bayerischen Mentalität. Sein grantiges, manchmal stures Auftreten täuscht über einen scharfen Verstand und ein untrügliches Gespür für die Abgründe der menschlichen Seele hinweg. Veigl duzt Obdachlose und Ausländer grundsätzlich und wechselt bei Verhören oft in den bayerischen Dialekt – nicht aus Herablassung, sondern weil er so die Menschen besser einschätzen und erreichen kann. Sein Ermittlungsstil ist bedächtig und akribisch, getrieben von einer tiefen Skepsis gegenüber vorschnellen Urteilen. Privat lebt der verwitwete Kommissar allein mit seinem Dackel Oswald, den er entgegen allen Vorschriften häufig mit ins Präsidium bringt. Der Tod seines Hundes, dokumentiert in Ende der Vorstellung, trifft ihn tief; fortan ziert ein Bild des Vierbeiners seinen Schreibtisch. Veigl hasst seinen Vornamen und Sport gleichermaßen, schätzt aber die Ruhe seines Landgasthofs, der seiner Schwester gehört, die er jedoch nur selten besucht.
Ludwig Lenz
Kriminalhauptmeister Ludwig Lenz ist Veigls langjähriger Assistent und geduldiger Gegenpart. Über Jahre hinweg fungierte er oft als Veigls „Laufbursche“, wie es in der Wikipedia-Quelle heißt, und musste sich dessen gelegentliche Sticheleien und mürrische Art gefallen lassen. Dennoch erkennt der erfahrene Kommissar Lenz‘ Fähigkeiten und schlägt ihn am Ende seiner Dienstzeit als seinen Nachfolger vor. Ihre Dynamik ist von einer unterschwelligen Loyalität geprägt, die sich in Fällen wie Schwarze Einser zeigt, wo die Spannungen zwischen ihnen die Ermittlungsarbeit belasten, aber nie den gemeinsamen Zweck gefährden.
Josef Brettschneider
Kriminalobermeister Josef Brettschneider komplettiert das Trio. Von Veigl nie so recht ernst genommen, erweist sich Brettschneider dennoch als zuverlässiger Kollege, der seinen Beitrag leistet, etwa indem er sich in Wohnheim Westendstraße als Aushilfsarbeiter auf eine Schwarzbaustelle einschleust.
Die Dynamik: Intuition gegen Aktenlage
Veigls Ermittlungsstil ist geprägt von bayerischer Gemütlichkeit und unbeirrbarer Intuition. Sein Motto könnte lauten: „Des wea ma scho no denga“ – das werden wir uns schon noch denken. Er verlässt sich auf sein Bauchgefühl, das ihm sagt, ob ein Verdächtiger lügt oder die Wahrheit sagt. Dieser Ansatz bringt ihn oft in Konflikt mit seinen Vorgesetzten, die ihn an Dienstvorschriften erinnern müssen, und mit seinem Team. Während Lenz und Brettschneider oft die konventionellen Wege gehen, folgt Veigl seiner Nase. Dies zeigt sich besonders in Das zweite Geständnis, wo er einem offensichtlichen Geständnis misstraut und so einen Justizirrtum aufdeckt. Sein Running Gag ist der unerlaubt mitgeführte Dackel Oswald, der ihn sogar bei Festnahmen unterstützt. Veigls größte Stärke ist seine Menschenkenntnis, gewachsen aus seiner tiefen Verbundenheit mit München und seinen Bewohnern. Er durchschaut die Fassaden der Verdächtigen, ob im noblen Theatermilieu (Ende der Vorstellung) oder in der Welt der Gastarbeiter (Wohnheim Westendstraße).
München als Schauplatz
München der 1970er und frühen 80er Jahre ist mehr als nur Kulisse; es ist Veigls Lebensraum und prägt seine Fälle entscheidend. Die Episoden zeigen die Stadt jenseits der Postkartenidyll: düstere Mietskasernen in der Westendstraße, hektische Kaufhäuser im Schlussverkauf, verrauchte Schwabinger Kneipen in Das Mädchen am Klavier und die abgebranten Ruinen einer Schule am Stadtrand. Der soziale Wandel, die Wohnungsnot (Tote brauchen keine Wohnung) und die Integration von Gastarbeitern sind wiederkehrende Themen, die Veigl aus seiner urbayrischen Perspektive heraus angeht. Er ist der Hüter dieses Münchens, kennt seine Geheimnisse und seine Bewohner. Die Stadt mit ihrer Mischung aus Tradition und Moderne, Gemütlichkeit und Großstadtdschungel ist der perfekte Nährboden für seine intuitive, bodenständige Art zu ermitteln. Selbst internationalen Verbrechern, wie in Weißblaue Turnschuhe, begegnet er mit bayerischer Beharrlichkeit.
Abschluss
Melchior Veigl ist eine der prägendsten und authentischsten Figuren der frühen Tatort-Geschichte. Sein von Gustl Bayrhammer unverwechselbar gespielter Kommissar führte die Zuschauer durch ein München im Wandel und löste seine Fälle weniger mit forensischer Brillanz als mit menschlicher Größe, bayerischer Schmäh und einem unbestechlichen Gespür für Gerechtigkeit. Seine Fälle sind Zeitdokumente und bleiben durch die einzigartige Persönlichkeit des Ermittlers unvergessen.