Die bayerische Landeshauptstadt München ist weit mehr als nur eine Kulisse für den Tatort. Sie ist ein vielseitiger Schauplatz, der über die Jahrzehnte hinweg verschiedene Ermittlergenerationen und deren unverwechselbare Fälle beherbergt hat.

Die Ermittler-Generationen

Melchior Veigl

Melchior Veigl, gespielt von Gustl Bayrhammer, war der erste Münchner Kommissar der Krimireihe. Er verkörperte den urbayerischen Ermittler, der seine Fälle weniger durch forensische Brillanz löste, sondern durch menschliche Größe, bayerische Beharrlichkeit und ein unbestechliches Gespür für Gerechtigkeit. Als „Hüter“ seiner Stadt kannte er die Geheimnisse und Bewohner Münchens. Seine Fälle sind Zeitdokumente, die den sozialen Wandel der 1970er- und frühen 80er-Jahre aufgriffen, von der Wohnungsnot in Tote brauchen keine Wohnung bis zur Integration von Gastarbeitern in Wohnheim Westendstraße.

Ludwig Lenz

In den 80er-Jahren betrat mit Ludwig Lenz (gespielt von Helmut Fischer) ein neuer, unkonventioneller Ermittler die Bühne. Bekannt wurde er als „ewiger Assistent“ von Hauptkommissar Veigl und als „Isar-Inspektor“, der es durch seine unkonventionelle Art oft schaffte, sich in die Rolle des Verdächtigen hineinzuversetzen. Obwohl er in Veigls Schatten stand, ermittelte er als Solist in fünf eigenen Fällen. Sein bekanntester Fall ist wahrscheinlich Schweigegeld, in dem er bei einem Überfall als Geisel genommen wird.

Sigmund Riedmüller

Als Nachfolger von Lenz übernahm Hauptkommissar Sigmund „Sigi“ Riedmüller (gespielt von Eisi Gulp) das Zepter im Münchner Tatort. Er war ein ruhiger, nachdenklicher Charakter, der nicht nur Fälle löste, sondern auch nach den Motiven und dem psychologischen Hintergrund von Verbrechen suchte. In nur einer einzigen Tatort-Folge, Riedmüller, Vorname Sigi, löste er seinen Fall, indem er die psychologischen Abgründe seiner Protagonisten erforschte.

Kressin

Auch Kommissar Kressin hatte einen kurzen Auftritt in der bayrischen Landeshauptstadt. In der Folge Tote brauchen keine Wohnung, reiste der unkonventionelle Kriminalbeamte aus Köln an, um zusammen mit seinem Kollegen Veigl einen Fall zu lösen. In Ein Richter sieht rot tauchte er erneut in München auf, um einen gefährlichen Kriminellen zu jagen.

Beck

Hauptkommissar Beck (gespielt von Ernst Jacobi) ist eine weitgehend unbekannte Figur in der Münchner Tatort-Geschichte, da er nur in der Folge Der Tote in der Luftpumpe auftrat. Als eigenbrötlerischer Ermittler, der von den Kollegen isoliert ist, löst er seinen Fall mit unkonventionellen Methoden.

Batic und Leitmayr

Die Ära von Ivo Batic und Franz Leitmayr begann 1991 und hat das Münchner Ermittlerteam zu einer Institution gemacht. Sie verkörpern einen Ermittlungsstil, der auf Erfahrung, Menschlichkeit und tiefem Verständnis für menschliche Abgründe basiert. Ihre Fälle beleuchten moderne gesellschaftliche Themen, die oft im Spannungsfeld zwischen der traditionsbewussten Vergangenheit und dem pulsierenden Großstadtdschungel stehen. So ermittelten sie etwa in „Schau mich an“ in den Abgründen des Internets, wo ein brutaler Mörder seine Taten live filmte und verbreitete. Ihr Fall „Königinnen“ tauchte tief in die schillernde Welt der bayerischen Produktköniginnen ein und legte ein Netzwerk aus Machtmissbrauch und Schweigen frei. Im Fall „Zugzwang“ ermittelten sie im Umfeld eines Schachgroßmeister-Turniers, als die Assistentin einer Spielerin zu Tode stürzt.

Der Ort als Ermittler

München der 1970er und frühen 80er Jahre ist mehr als nur Kulisse; es ist Veigls Lebensraum und prägt seine Fälle entscheidend. Die Episoden zeigen die Stadt jenseits der Postkartenidylle: düstere Mietskasernen, hektische Kaufhäuser und verrauchte Kneipen. Der soziale Wandel, die Wohnungsnot und die Integration von Gastarbeitern sind wiederkehrende Themen, die Veigl aus seiner urbayrischen Perspektive heraus angeht. Er ist der Hüter dieses Münchens, kennt seine Geheimnisse und seine Bewohner. Auch für Batic und Leitmayr dient die Stadt mit ihrer Mischung aus Tradition und Moderne, Gemütlichkeit und Großstadtdschungel als perfekter Nährboden für die vielfältigen Kriminalfälle.

Die Entwicklung des Tatort München

Die Geschichten und der Ton der Folgen haben sich in München im Laufe der Jahre stark entwickelt. Während Veigls Fälle oft von einem bodenständigen, sozialen Realismus geprägt waren, haben sich Batic und Leitmayr komplexeren, oft psychologisch tiefgründigen Themen zugewandt. Dennoch verbindet alle Münchner Tatort-Folgen die einzigartige Mischung aus urbayerischem Charme, tiefem Verständnis für die Menschen und der Auseinandersetzung mit der Dualität der Stadt – ihrer hellen, schillernden Seite und den dunklen Abgründen, die sich oft direkt dahinter verbergen.